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Die Frau mit dem Muttermal - Roman

Die Frau mit dem Muttermal - Roman

Titel: Die Frau mit dem Muttermal - Roman
Autoren: H kan Nesser
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Höflichkeiten, Austausch von Visitenkarten und Versicherungsgesellschaften, alles dauerte geraume Zeit, und erst nach gut vierzig Minuten konnte er seine unterbrochene Heimfahrt wieder aufnehmen.

    Malik mochte nicht zu spät nach Hause kommen. Zwar hatte seine Frau das Essen selten vor sieben Uhr fertig, aber eine Stunde, lieber noch anderthalb, mit der Zeitung und einem schwachen Whisky im Arbeitszimmer zu sitzen, das ließ er sich nur ungern entgehen.
    Mit den Jahren war das eine Gewohnheit und fast ein Muss geworden. Eine Art Schleuse zwischen Arbeit und Ehefrau mit einem sich immer steigernden Eigenwert.
    An diesem Tag war nicht mehr als eine Viertelstunde drin. Und um in gewissem Grad den Verlust zu kompensieren – sowohl den der geliebten Minuten als auch des Rücklichts –, ließ er die Zeitung liegen und widmete stattdessen seine gesamte Aufmerksamkeit dem Whisky.
    Nun ja, nicht die gesamte. Da war auch noch dieses Telefongespräch. Was konnte das nur bedeuten? The Rise and Fall of Flingel Bunt. Was, zum Teufel, konnte es für einen Sinn haben, anzurufen und einen alten Hit aus den Sechzigern spielen zu lassen? Immer und immer wieder.
    Oder zumindest einmal am Tag, Ilse hatte zweimal abgenommen, er selbst einmal. Es hatte vorgestern angefangen. Er hatte ihr nicht erzählt, dass es gestern Abend auch noch einmal geklingelt hatte … es war unnötig, sie zu beunruhigen. Unnötig, ihr zu erzählen, dass er die Melodie wiedererkannte.
    Frühe Sechziger, wenn er sich recht erinnerte. The Shadows. Vierundsechzig oder fünfundsechzig wahrscheinlich. Was eigentlich scheißegal war. Die Frage war nur, was das Ganze zu bedeuten hatte, wenn es denn überhaupt etwas bedeutete. Und wer dahintersteckte. Vielleicht war es ja nur ein Verrückter, irgend so ein arbeitsloser Schwachkopf, der nichts anderes zu tun hatte, als anständige Menschen anzurufen und ihnen das Leben schwerzumachen.
    Vermutlich war es nichts weiter. Natürlich musste man überlegen, ob man die Polizei einschalten sollte, wenn das so weiterging, aber bis jetzt war es jedenfalls nichts weiter als ein
Anlass zur Irritation. Was an einem Tag wie diesem schlimm genug war.
    A pain in the ass , wie Wolff die Sache bezeichnet hätte. Ein Kratzer im Lack oder ein kaputtes Rücklicht.
    Jetzt rief sie. Das Essen stand auf dem Tisch, kein Zweifel. Er seufzte. Leerte sein Whiskyglas und verließ das Arbeitszimmer.
     
    »Es gibt keinen Grund, sich aufzuregen.«
    »Ich rege mich nicht auf.«
    »Dann ist es ja gut.«
    »Du glaubst immer, ich würde mich aufregen. Das ist deine Vorstellung von Frauen.«
    »Allright. Lass uns von was anderem reden. Die Soße ist nicht schlecht. Was hast du da drin?«
    »Ein bisschen Madeira. Du hast sie schon fünfzigmal gegessen. Ich habe heute länger zugehört.«
    »Ja und?«
    »Bestimmt eine Minute lang. Es kam nichts anderes.«
    »Was hätte denn kommen sollen?«
    »Was hätte kommen sollen? Na, eine Stimme natürlich. Die meisten, die ein Telefon benutzen, pflegen etwas zu sagen.«
    »Es gibt sicher eine ganz natürliche Erklärung.«
    »Ach ja. Und was für eine bitteschön? Warum ruft jemand an und lässt nur Musik spielen?«
    Malik nahm einen großen Schluck Wein und überlegte. »Nun ja«, sagte er. »Ein neuer Radiosender oder so was.«
    »Das ist das Dümmste, was ich je gehört habe.«
    Er seufzte.
    »Bist du dir sicher, dass es beide Male dieselbe Melodie war?«
    Sie zögerte. Rieb sich ein wenig mit dem Zeigefinger über die Schläfe, wie immer, wenn ein Migräneanfall im Anmarsch war. »Ich glaube es jedenfalls. Das erste Mal habe ich schon nach ein paar Sekunden aufgelegt. Das habe ich doch gesagt.«
    »Kümmer dich nicht weiter drum. Sicher handelt es sich nur um einen Irrtum.«
    »Einen Irrtum? Wie kann das ein Irrtum sein?«
    Halt die Schnauze, dachte er. Hör auf herumzunerven, sonst schmeiß ich dir das Glas ins Gesicht!
    »Ich weiß nicht«, sagte er. »Reden wir nicht mehr drüber. Ich hatte heute einen kleinen Unfall.«
    »Einen Unfall?«
    »Nichts Ernsthaftes. Mir ist nur hinten einer draufgefahren.«
    »Mein Gott. Warum hast du nichts davon gesagt?«
    »Es war nur eine Bagatelle. Nichts Erwähnenswertes.«
    »Nichts Erwähnenswertes? Das sagst du immer. Worüber sollen wir eigentlich reden, kannst du mir das erzählen? Es gibt mysteriöse Telefonanrufe, die sollen wir einfach ignorieren. Du stößt mit einem anderen Auto zusammen – und du hältst es nicht einmal für nötig, es deiner Frau zu
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