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Die Festung der Perle

Die Festung der Perle

Titel: Die Festung der Perle
Autoren: Michael Moorcock
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gegen die bizarren Wassergesetze Quarzhasaats?
    Wieder schaute er hinaus. Ihm war, als sehe er Männer. Kamen die Wachen der Stadt, um seine Räume zu inspizieren? Wollten sie seine Schwitz-Konzession sehen?
    Jetzt schien der stets nahe Wüstenwind durch die Kammer zu streichen. Er führte aufgesammelte Elementarteilchen mit, vielleicht eine Kraft, die seine Seele an ihre letzte Bestimmung tragen sollte. Elric fühlte sich erleichtert. Er lächelte. Eigentlich war er froh, daß der Kampf endlich vorbei war. Vielleicht würde Cymoril bald bei ihm sein?
    Bald? Was bedeutete Zeit in diesem zeitlosen Reich? Vielleicht mußte er auf die Ewigkeit warten, ehe sie wieder vereint wären? Oder nur einen flüchtigen Augenblick? Doch vielleicht würde er sie nie wiedersehen? Lag vor ihm nichts als Leere, ein Nichts? Oder würde seine Seele sich eines anderen Körpers bemächtigen, womöglich eines, der ebenso krank war wie sein jetziger? Würde er dann auch wieder vor den gleichen unlösbaren Zwangslagen stehen, vor den gleichen entsetzlichen moralischen und körperlichen Anforderungen, welche ihn seit seiner Mannbarkeitswerdung gepeinigt hatten?
    Elrics Gedanken entfernten sich immer weiter von jeglicher Logik, wie eine ertrinkende Maus, die vom Ufer ins Meer hinausgetrieben wird und herumwirbelt, ehe Tod ihr Vergessen bringt. Elric lachte und weinte. Er tobte und fiel in Schlaf, als das Leben sich mit den Dämpfen verflüchtigte, die seinem seltsamen, knochenbleichen Fleisch entströmten. Ein unbefangener Beobachter hätte geglaubt, ein krankes Tier, eine Mißgeburt, auf diesem harten Lager zu sehen, das sich im schrecklichen, aber wohlverdienten Todeskampf wand; dieses Wesen aber nie und nimmer für einen Mann gehalten.
    Dunkelheit senkte sich herab. Und mit ihr strahlende Gestalten aus der Vergangenheit des Albinos. Er sah wieder die Magier, die ihn alle Künste der Zauberei gelehrt hatten. Er sah die seltsame Mutter, die er nie gekannt hatte, und seinen noch seltsameren Vater. Die grausamen Freunde aus der Kindheit, mit denen er die ausschweifenden, schrecklichen Vergnügungen Melnibonés immer weniger hatte teilen können. Da waren die geheimen Höhlen und Lichtungen der Dracheninsel, die schlanken Türme und labyrinthartigen Paläste seines nicht-menschlichen Volkes, dessen Vorfahren nur zum Teil dieser Welt angehörten, die als wunderschöne Ungeheuer aufgestiegen waren, um zu erobern und zu herrschen. Ihre tiefe Müdigkeit, die in Selbstzweifel und morbide Fantastereien überging, konnte er erst jetzt richtig nachfühlen. Elric schrie auf, denn jetzt sah er in seiner Vorstellung Cymoril. Ihr Körper war so hinfällig wie seiner, und mit ihm vergnügte sich auf abscheulichste Weise Yyrkoon, der vor Lust dabei höhnisch kicherte. Da wollte Elric wieder leben, nach Melniboné zurückkehren, um die Frau zu retten, die er so tief liebte, daß er sich oft weigerte, sich die Intensität seiner Leidenschaft einzugestehen. Aber jetzt fehlten ihm die Kräfte.
    Das wußte er, als die Visionen verblaßten und er nur den blauen Himmel durchs Fenster erblickte. Bald würde er tot sein. Dann gab es niemanden, der die Frau retten würde, der er die Ehe geschworen hatte.
    Am nächsten Morgen war das Fieber vergangen. Elric war klar, daß ihn jetzt nur noch ein oder zwei Stunden vom Ende trennten. Er öffnete die verschleierten Augen, um den weichen, goldenen Sonnenstrahl zu sehen, der nicht mehr so gleißend wie gestern hereindrang, sondern sich an den glitzernden Wänden des Palastes brach, der neben seiner bescheidenen Unterkunft stand.
    Plötzlich spürte er etwas Kühles auf den aufgesprungenen Lippen. Er drehte den Kopf beiseite und wollte nach seinem Schwert greifen, da er befürchtete, jemand hielte ihm eine Klinge vors Gesicht, um ihm die Kehle zu durchschneiden.
    »Sturmbringer …«
    Seine Stimme war schwach. Er konnte die Hand nicht mehr heben, ganz davon zu schweigen, die murmelnde Klinge zu packen. Elric hustete. Flüssigkeit tropfte in seinen Mund. Es war nicht das faulige Zeug, das er mit dem Smaragd gekauft hatte, sondern es war frisch und sauber. Er trank und versuchte seine Umgebung klar zu sehen. Vor seinen Augen war eine silberne Phiole, eine weiche Hand, ein Ärmel aus kostbarem, goldenem Brokat und ein fröhliches Gesicht, das er nicht kannte. Wieder mußte er husten. Die Flüssigkeit war kein normales Wasser. Hatte der Junge einen mitfühlenden Apotheker gefunden? Der Trank entsprach seinen eigenen Destillaten,
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