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Die Festung der Perle

Die Festung der Perle

Titel: Die Festung der Perle
Autoren: Michael Moorcock
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die Mauern zwischen den Reichen zerteilen konnte. Andere schwören bei ihrem Leben, daß dieses Schwert ein lebendiges Wesen sei. Es gibt eine Theorie, nach der es das einzige Mitglied einer Rasse sei, das in unserer Dimension lebt, doch nach Wunsch Millionen von Brüdern herbeirufen kann. Hörst du es sprechen, junger Herr? Wird diese Stimme die Käufer auf deinem Markt entzücken und verzaubern?« Ein Ton kam über die bleichen Lippen; es war kein Lachen, aber ihm wohnte ein verzweifelter Humor inne.
    Schnell lief Anigh wieder nach draußen. Er räusperte sich. »Du hast das Ding mit einem Namen angesprochen.«
    »Ich nannte es »Sturmbringer«, aber die Menschen der Jungen Königreiche haben noch einen anderen Namen - für das Schwert und auch für mich: »Seelendieb«. Die Klinge hat viele Seelen aufgesogen.«
    »Du bist ein Traumdieb!« Anighs Augen hafteten auf dem Schwert. »Warum bist du bei niemandem angestellt?«
    »Diesen Ausdruck kenne ich nicht. Aber ich wüßte auch nicht, wer einen »Traumdieb« anstellen würde.« Elric sah den Jungen fragend an.
    Doch der ließ das Schwert nicht aus den Augen. »Würde es auch meine Seele trinken, Herr?«
    »Wenn ich es will, ja! Um meine Kräfte für eine Zeitlang wiederzuerlangen, müßte ich nur Sturmbringer dich töten lassen, vielleicht noch ein paar andere. Dann würde die Klinge ihre Energie auf mich übertragen. Danach fände ich bestimmt ein schnelles Pferd und könnte wegreiten - vielleicht nach Kwam.«
    Die Stimme des schwarzen Schwertes wurde melodischer, als billige sie dies Vorhaben.
    »Oh Gamek Idianit!« Anigh stand da, als wolle er jeden Augenblick fliehen. »Das ist wie die Geschichte von den Mauern Massaboons. Die, die unsere Isolation verursachten, sollen solche Schwerter geführt haben. Aye, die Anführer hatten genau solche Schwerter! Das sagten die Lehrer in der Schule, wo ich war. Was haben sie bloß noch alles erzählt?« Anigh fürchte die Stirn und dachte angestrengt nach. Er bot ein Musterbeispiel für alle, die auf den moralischen Nutzen des Schulbesuchs hinweisen wollen.
    Elric tat es jetzt leid, dem Jungen solche Angst eingejagt zu haben. »Es liegt nicht in meiner Natur, Anigh, mein Leben auf Kosten anderer zu fristen, die mir nichts zu Leide getan haben. Genau das ist der Grund, warum ich mich jetzt in dieser mißlichen Lage befinde. Du hast mir das Leben gerettet, mein Junge. Dich würde ich nie töten.«
    »Oh, Hochwohlgeboren, Ihr seid gefahrlich!« In seiner Panik bediente sich Anigh einer Sprache, die noch älter als das Melnibonsche war. Da Elric aber auch zahlreiche Sprachen studiert hatte, verstand er die Worte.
    »Wo hast du diese Sprache gelernt, dies Opish?« fragte der Albino.
    Trotz seiner Angst war der Junge überrascht. »Hier in Quarzhasaat ist es die Gaunersprache. Die Geheimsprache der Diebe. Aber ich nehme an, in Nadsokor ist es recht verbreitet, oder?«
    »Aye, allerdings. In Nadsokor schon.« Elric war mit dieser Erklärung äußerst zufrieden. Er streckte die Hand aus, um den Jungen zu beruhigen.
    Bei der Bewegung riß Anigh den Kopf hoch und stieß einen Schreckenslaut aus. Offensichtlich hielt er nicht viel von Elrics Art, ihm Vertrauen einzuflößen. Blitzschnell lief er aus dem Raum. Elric hörte seine bloßen Sohlen auf dem Steinpflaster des langen Korridors klatschen und danach auf den Stufen, die zur engen Gasse führten.
    Elric war sicher, daß Anigh ihn endgültig verlassen hatte. Traurigkeit überfiel ihn. Ihn bedrückte jetzt auch schwer, daß er nie wieder nach Melniboné zurückkehren würde, um seine geliebte Cymoril wiederzusehen und sein Verprechen einzulösen, sie zu heiraten. Er war sich darüber klar, daß er stets gezögert hatte, den Rubinthron zu besteigen, und dies auch zukünftig tun würde, obgleich er genau wußte, daß es seine Pflicht war. Hatte er sich vielleicht doch absichtlich in diese Situation gebracht, um sich dieser Verantwortung zu entziehen?
    Der Albino wußte, daß sein Blut durch seine seltsame Krankheit befleckt war. Aber dennoch war es das Blut seiner Vorfahren. Es wäre nicht leicht, ihm sein Geburtsrecht oder sein Schicksal zu verweigern. Er hatte gehofft, unter seiner Herrschaft Melniboné von den Überbleibseln eines nach innen gerichteten, grausamen und dekadenten Reiches zu befreien und zu einer Nation zu machen, die der Welt Frieden und Gerechtigkeit bringen würde, als ein Beispiel der Aufklärung, das auch anderen nutzen konnte.
    Für die Möglichkeit, zu Cymoril
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