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Die Feinde des Imperators

Die Feinde des Imperators

Titel: Die Feinde des Imperators
Autoren: John Maddox Roberts
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von
Orientalen aufgezwungen?«
    »Nicht alle von
ihnen stammen aus dem Osten«, stellte ich beherzt klar.
»Na gut, einer oder zwei von ihnen tragen Turbane, und einer
nennt sich Polasser aus Kish, aber die meisten sind Griechen.
Alexandria ist eine griechische Stadt, auch wenn sie in
Ägypten liegt.« Ich hielt meine Argumentation für
vernünftig, doch ich hatte vergessen, wie sehr die niederen
Klassen die Griechen verachteten. Die oberen Klassen übrigens
auch. »Der angesehene Sosigenes höchstpersönlich

    »Und wenn er der
verdammte Alexander der Große wäre!«, brüllte
der Vermieter. »Römer können sich ihren Kalender
nicht von Ausländern diktieren lassen!« Die Meute
grummelte zustimmend, für einen Moment vergessend, dass sie
Vermieter eigentlich hasste.
    »Dies ist eine
Verordnung eures Diktators!«, rief ich, allmählich
verzweifelnd.
    »Das ist keine
Tat unseres Caesars!«, brüllte ein Mann, der aussah wie
ein Centurio. »Sie geht auf dieses ausländische Biest
Kleopatra zurück! Sie hat ihn dazu angestiftet! Als
Nächstes annektiert sie Rom noch als einen Teil
Ägyptens!« Dies veranlasste die Meute zu einem wirklich
furchterregenden Aufschrei. Irrationalität hatte die Menge
erfasst, und das bedeutete normalerweise, dass es an der Zeit war,
Reißaus zu nehmen.
    »Ich hätte
es voraussehen müssen«, stellte ich an Hermes gewandt
fest. »Sie geben nie Caesar für irgendetwas die Schuld.
Sie lieben Caesar. Sie schieben es Ausländern in die Schuhe.
Und Kleopatra.«
    »Das solltest du
dir wünschen«, entgegnete Hermes.
    »Was willst du
damit sagen?« Doch die Wahrheit dämmerte mir
bereits.
    »Du bist
derjenige, der vor ihnen steht. Du bist derjenige, der das
Inkrafttreten des neuen Kalenders soeben verkündet hat. Aber
vielleicht ziehen sie ja tatsächlich los, um Kleopatras Haus
zu stürmen, anstatt hier hochzusteigen und uns in Stücke
zu reißen.« Kleopatra war nach Rom gekommen, um der
Stadt einen Besuch abzustatten und ihre Verbindung zu Caesar zu
erneuern - sehr zum Missfallen des römischen Volkes und zum
Verdruss von Caesars Ehefrau Calpurnia.
    »Gute
Idee«, sagte ich. »Geh nach hinten ans Ende der Meute
und verlange lauthals, loszuziehen und Kleopatra
umzubringen.«
    »Womöglich
tun sie es dann tatsächlich«, wandte er ein.
    »Dann steht
ihnen ein langer Marsch bevor. Sie macht eine Heilwasserkur in
Cumae. Caesar hat es mir persönlich erzählt.« Dies
tat sie zu Caesars großer Erleichterung. In Alexandria hatte
er ihr leidenschaftlich den Hof gemacht, doch in Rom, wo sie von allen
bloß als seine ägyptische Konkubine betrachtet wurde,
brachte sie ihn in Verlegenheit.
    »Sie werden ihr
Haus in Brand setzen, und das Feuer könnte sich über die
ganze Stadt ausbreiten.«
    »Kann schon
sein«, stimmte ich zu. Römer fürchten Feuer mehr
als alles andere, aber wenn sie sich zu einem Mob zusammengerottet
haben, sind sie nur allzu bereit, ohne Rücksicht auf die
unvermeidlichen Konsequenzen irgendetwas in Flammen zu setzen. In
dem allgemeinen Aufruhr, der dem Tod des Clodius folgte, haben sie
einen ansehnlichen Teil des Forums niedergebrannt. »Aber sie
wohnt auf der anderen Seite des Flusses auf dem Janiculum. Wenn sie
dort erst einmal angekommen sind, haben sie längst vergessen,
worüber sie sich aufregen.«
    Also verließ
Hermes die Rostra, bahnte sich einen Weg um die Menge herum, fand
ein paar Müßiggänger, die er bestechen konnte, und
hatte die Aufrührer schnell so weit, dass sie den Vicus Tuscus
in Richtung Forum Boarium entlangzogen und weiter auf die
Aemilianische Brücke über den Fluss.
    »Und wie ist es
ausgegangen?«, fragte Julia mich an jenem Abend während
des Abendessens.
    »Nun ja, niemand
wusste wirklich genau, wo Kleopatra eigentlich residiert. Einige
gingen zum Janiculum, doch andere stürmten ins
Transtiberviertel, und du weißt ja, was die Leute dort davon
halten, wenn irgendwelche Horden aus der Stadt in ihr Viertel
eindringen. Binnen kürzester Zeit brachen im ganzen Viertel
wüste Schlägereien aus, und die Gladiatoren aus dem Ludus
Statilius strömten herbei und ließen sich den Spaß
nicht entgehen. Ich glaube nicht, dass sich zu dem Zeitpunkt noch
irgendjemand daran erinnert hat, dass das ganze Theater dem neuen
Kalender galt. Wenigstens gab es, soweit ich gehört habe,
keine Brände und keine Toten zu beklagen.« Ich tunkte einen
Entenschenkel in eine Schale mit exquisitem Garum.
    »In gewisser
Hinsicht ist es bedauernswert, dass Kleopatra nicht zu
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