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Die Feinde des Imperators

Die Feinde des Imperators

Titel: Die Feinde des Imperators
Autoren: John Maddox Roberts
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Fransen besetztes,
schneckenförmig um ihn gewickeltes, babylonisch aussehendes
Gewand trug. Ich war schon in diesem Teil der Welt gewesen und
hatte solche Kleidung nur auf alten Wandreliefs gesehen. Mein Blick
traf sich mit dem von Sosigenes, und er lächelte
breit.
    »Senator
Metellus! Du erweist uns große Ehre. Bist du gekommen, um
deine Studien der Astronomie aufzufrischen?« Er schmeichelte
mir, indem er meine Gespräche, die ich vor etlichen Jahren mit
ihm in Alexandria geführt hatte, als »Studien«
bezeichnete. Ich nahm seine Hände und tauschte die
üblichen Höflichkeitsfloskeln mit ihm aus.
    »Genau genommen
wünscht der Diktator, dass ich bei der Einführung des
neuen Kalenders mit dir zusammenarbeite. Ich muss gestehen, dass
ich mir nicht vorstellen kann, was genau er damit bezweckt. Meine
Kenntnisse in Astronomie sind extrem dürftig, wie du
weißt.«
    Er wandte sich den
anderen zu. »Der Senator zeichnet sich durch seine
Bescheidenheit aus. Ihr werdet feststellen, dass er über einen
aufgeweckten, scharfsinnigen Verstand verfügt, neue Fakten
blitzschnell verarbeitet und ein wahrer Meister darin ist, nach der
induktiven Methode Schlussfolgerungen zu ziehen.« Griechen
haben einen unglaublichen Hang zur Schmeichelei. »Und jetzt,
Senator, gestatte mir, dich mit den Herren bekanntzumachen, mit
denen du zusammenarbeiten
wirst.«         
    Sosigenes'
Gefolgschaft bestand aus einem älteren Mann namens Demades,
der aus Athen stammte, einigen weiteren Griechen, an deren Namen
ich mich nicht mehr erinnere, einem Araber, dessen Namen ich nicht
aussprechen konnte, drei Persern, einem Syrer, einem
dunkelhäutigen Mann mit einem auffallenden gelben Turban, der
sich Gupta nannte und behauptete, aus Indien zu stammen, sowie dem
Mann in babylonischer Kleidung, der sich Polasser aus Kish nannte,
seinem Aussehen und seiner Sprache nach jedoch rein griechischer
Abstammung war. Ich beschloss, mich vor ihm in Acht zu nehmen. Nach
meiner Erfahrung sind Menschen, die eine Vorliebe für die
Kleidung eines exotischen Landes haben, das nicht das ihre ist,
normalerweise irgendwelche religiösen Scharlatane.
    »Ich
glaube«, erklärte ich Sosigenes, »dass meine
eigentliche Aufgabe in Wahrheit gar nicht darin besteht, euch bei
dem Kalender zu helfen, was ich sowieso nicht könnte, sondern
vielmehr darin, das römische Volk zu überzeugen, dass
seine Einführung von Vorteil sein wird. Wie du weißt,
hängen wir sehr an unseren überlieferten
Institutionen.«
    »Das weiß
ich nur zu gut. Also dann, lass mich dir einiges
erklären.« Er nahm meinen Arm und begann, zwischen den
Instrumenten umherzuwandeln. Die anderen folgten uns. Wie sehr
viele griechische Philosophen liebte es Sosigenes, seine
Ausführungen im Gehen darzulegen. Dieser Hang, im Gehen zu
philosophieren, entstammte der Schule der Peripatetiker, hatte sich jedoch
auf zahlreiche der übrigen philosophischen Schulen
ausgeweitet. Neben anderen Vorzügen ersparte diese Vorliebe
die Miete für eine Vorlesungshalle.
    »Im Laufe eurer
gesamten Geschichte habt ihr Römer, genau wie die meisten
Völker der Erde, einen Kalender verwendet, der auf den
Mondphasen beruht.«
    »Natürlich«,
entgegnete ich. »Es ist eine Form der Zeitmessung, die
für jedermann ersichtlich ist, da der Mond zunimmt und abnimmt
und verschwindet und wiederkommt.« 
    »Genau. Wir
könnten es als eine intuitive Methode bezeichnen, das Jahr
einzuteilen, und sie funktioniert auch nach althergebrachter Weise,
allerdings alles andere als perfekt. Eine Mondphase dauert
achtundzwanzig Tage, doch leider lässt sich das Jahr nicht
durch eine gewisse Anzahl von Achtundzwanzig-Tages-Perioden teilen.
Es bleiben immer ein paar Tage übrig, weil ein Jahr
dreihundertfünfundsechzig Tage hat.«
    »Bist du sicher?
Mir war immer klar, dass es in etwa eine Zahl in dieser
Größenordnung ist, aber ich war mir nie ganz sicher, wie
viele Tage es genau sind.«
    »Es ist nicht
einfach, dies zu bestimmen, und es sind sehr viele Studien
betrieben worden, um die Zahl exakt zu ermitteln. Inzwischen
stimmen alle Astronomen darin überein, dass ein Jahr
ungefähr dreihundertfünfundsechzig Tage
hat.«
    »Ungefähr?«,
fragte ich.
    Er blickte zu den
anderen. »Habe ich nicht gesagt, dass der Senator über
eine sehr schnelle Auffassungsgabe verfügt?« Dann sah er
mich wieder an. »Ja, denn ganz gleich, wie viele Experimente
auch gemacht wurden, es stellte sich heraus, dass das Jahr nie
exakt dreihundertfünfundsechzig
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