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Die Farben der Wirklichkeit

Die Farben der Wirklichkeit

Titel: Die Farben der Wirklichkeit
Autoren: Körner
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Frau und das Mädchen mit stillem, vergnügtem Lächeln beobachteten. Am meisten freute sie, daß der Baum all denen Mut zum Leben machte, die ihn wahrnahmen und bewunderten.
    Diesen Menschen blickte der Baum noch lange nach — oft bis er sie gar nicht mehr sehen konnte. Und manchmal begann er dann, so daß es sogar einige Menschen spüren konnten, tief in seinem Herzen glücklich zu lachen.
     



Roland Kübler
    Die große Wegkreuzung
     
    S eit unendlichen Zeiten zieht die Erde ihre Bahn um die Sonne, empfängt Wärme und Licht. Und der Mond umkreist die Erde, spendet seine silbernen Strahlen, hebt und senkt die Meere.
    Hoch oben in den Bergen wuchs ein Kind auf. Spielte sich in klarer Luft und auf sattgrünen Wiesen zur jungen Frau. Packte eines Tages ihr kleines Bündel und sagte zu Vater und Mutter, daß sie gehen wolle, um das Meer zu sehen. Denn während ihrer ganzen Jugend hatte sie sich nichts sehnlicher gewünscht, als einmal im Leben ihren Körper in das schäumende Meerwasser legen und auf den Lippen den salzig frischen Atem des Meeres spüren zu können.
    Die junge Frau ging den vertrauten Weg hinab ins Tal. Aber sie hielt nicht in jenem kleinen Dorf, in dem sie immer ihre Milch verkauft hatte. Sie hielt auch nicht bei der kleinen Sennerhütte, wo sie als Kind jedesmal einige Süßigkeiten und eine kalte, schaumig-gerührte Buttermilch bekommen hatte. Sie ging weiter. Weiter als sie je gegangen war an der Hand ihres Vaters. Sie ging, weil sie ein Ziel hatte. Sie wollte ihren Körper im schäumenden Meer baden und den salzig frischen Atem dieser endlosen Weite auf den Lippen spüren. Und so begleitete sie die kleinen Bergbäche, die aufgeregt über die Steine sprangen, suchte sich ihren Weg vorbei an wiederkäuenden Kühen hinunter ins Tal. Viele Menschen traf sie auf ihrem langen Weg. Oft wurde sie eingeladen, doch ein wenig auszuruhen und manchmal wurde ihr auch abgeraten, weiter zu gehen. Der Weg zum Meer sei weit und beschwerlich, wurde ihr gesagt. Aber sie ließ sich nicht beirren. Sie nahm die Gastlichkeit dankbar an und ging weiter den Weg, den sie für sich gewählt hatte, weiter auf dem Weg, der sie zum Meer führen sollte.
    Eines Tages, sie war schon sehr müde, kam sie an eine große Wegkreuzung. Der Weg, dem sie bisher gefolgt war, gabelte sich vor einem großen Gebirge in vier Pfade, von denen zwei links und zwei rechts um die Berge herumzuführen schienen. Die junge Frau wußte nicht weiter und setzte sich mitten auf die Kreuzung, um zu rasten, Brot zu essen und Wein zu trinken. So saß sie lange Zeit auf der Erde und konnte sich für keinen der vier Wege entscheiden. Jeder schien ihr ungewiß.
    Eines Tages kamen Fremde an die Kreuzung und fragten die junge Frau, was sie denn hier mache.
    „Ich bin unterwegs ans Meer“, gab sie Auskunft, „aber mein Weg endet hier. Nun weiß ich nicht, welche Richtung ich wählen soll.“
    „Dann komm doch mit uns“, sagten die Fremden, „wir sind unterwegs in eine Stadt, die nur einige Stunden von hier entfernt ist.“
    Aber die junge Frau wollte ans Meer, im warmen Sand sitzen, sich von der wilden Kraft der Wellen umschäumen lassen und den salzig frischen Atem des Meeres auf den Lippen spüren.
    Sie bedankte sich bei den Fremden für das Angebot und blieb weiter auf ihrer Wegkreuzung sitzen. Wieder saß sie lange Zeit allein und konnte sich für keinen der Wege entscheiden.
    Viele Tage später kam ein einsamer Wanderer und setzte sich zu ihr. Fange Zeit saß er bei ihr und erzählte, was er alles erlebt hatte auf seiner Wanderschaft, wo er schon überall gewesen war, und was er alles erfahren hatte. Er aß mit der jungen Frau Brot und trank mit ihr Wein. Oft saßen sie noch zusammen, um die Sonne hinter den hohen Bergen versinken zu sehen. Und irgendwann fragte er sie, ob sie nicht mit ihm kommen wolle. Er sei unterwegs zu einem Wald ganz in der Nähe, um dort zu jagen. Aber die Frau auf der Wegkreuzung sagte auch ihm, daß sie nicht in einen Wald, sondern ans Meer wolle.
    Die Wochen vergingen, und mit ihnen wechselten die Jahreszeiten. Die krau saß auf dem Platz zwischen den Wegen und sah den Wolken nach, die sich übers Gebirge jagten und bunte Blüten der Phantasie an den Himmel malten.
    Eines morgens wurde sie von Fremden geweckt, die unterwegs zu Bauern waren. Sie fragten, ob sie nicht mitkommen wolle, um bei der Ernte zu helfen. Und weil die krau schon so lange untätig dort gesessen hatte, entschied sie sich, dieses Mal mit den Fremden zu
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