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Die Farben der Finsternis (German Edition)

Die Farben der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Farben der Finsternis (German Edition)
Autoren: Sarah Pinborough
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ist noch früh, aber hat sich schon jemand zu den Anschlägen bekannt? Und wo zum Teufel ist Fletcher? Sollte er nicht hier sein?«
    »Er ist auf dem Weg«, erwiderte Lucius Dawson, derInnenminister. »Allerdings denke ich, Sie sollten ihn zum Centre for National Security zurückschicken. Von hier aus können weder er noch seine Leute viel unternehmen, außer mit uns fernzusehen. Er sollte am anderen Ende der Leitung stehen.«
    Die Premierministerin nickte zustimmend.
    Nach einer langen Pause sagte sie: »Wir sollten lieber eine Erklärung vorbereiten und uns der Presse stellen.«
    »Tony Barker ist schon dran. In einer Viertelstunde wird er was für Sie haben.«
    Da es mittlerweile etwas zu tun gab, summte es in dem Raum vor Aktivität, aber Abigail fühlte sich wieder von dem Bildschirm angezogen, wo das Schreien, Stöhnen und Sterben weiterging.
    »Ma’am«, sagte sie leise. »Was ist mit dem Abendessen?«
    »Das soll stattfinden. Es mag sich bei den Friedensgesprächen um eine Farce hinter verschlossenen Türen handeln, aber es kommt überhaupt nicht infrage, dass diese Bastarde verhindern, dass wir zumindest einen heilsamen Versuch starten.«
    Das überraschte Abigail nicht. Alison McDonnell ließ sich nicht so leicht ins Bockshorn jagen. Ihre Gegner führten das abfällig auf ihre sexuellen Vorlieben zurück und behaupteten, sie wäre mehr Mann als Frau, aber über solche Kommentare konnte die Premierministerin nur lächeln. Auch das verstand Abigail gut. Männer kapierten das einfach nicht: Starke Frauen waren erschreckend. Das wusste sie, weil sie sich selbst kannte und die Kälte, die sie im Kern ausmachte. Wenn ihre Aufgabe es erforderte, würde sie ein Kind erschießen, und sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie auch nur eine Sekunde zögern würde.
    »Ich kümmere mich noch mal um die Organisation«, sagte sie und trat vom Schreibtisch zurück.
    »Gut«, sagte die Premierministerin, aber sie hörte nicht richtig zu. Ihr Blick wanderte wieder zum Bildschirm.
    Abigail warf einen letzten Blick darauf, bevor sie die drückende geschäftige Hitze des Raums verließ. Was sie dort sah, berührte sie nicht.

2
    Abigail Porter ließ den Blick durch den Raum schweifen, während die Premierministerin und die Außenminister von Tschetschenien und Russland abwechselnd in das Blitzlichtgewitter der Kameras lächelten und nickten und erklärten, wie zufrieden sie mit den Friedensgesprächen waren. Auch ohne zuzuhören, wusste sie, was sie sagen würden: Obwohl noch keine abschließenden Vereinbarungen getroffen wurden, sind wir zuversichtlich, dass die einzelnen Parteien darauf hinarbeiten, die Sicherheit freundschaftlicherer Beziehungen zwischen diesen beiden stolzen Nationen zu gewährleisten – oder vergleichbaren Schwachsinn. Ähnliche Reden hatte sie auch schon auf Reisen in den Nahen Osten und China gehört, über all diese selbstmörderischen kleinen Länder, die sich der Selbstzerstörung verschrieben hatten, solange sie nur andere mit in den Abgrund reißen konnten.
    Nach den Bombenanschlägen dieses Nachmittags war der Raum bloß halb voll, da nur einige wenige ausgewählte Journalisten zu der kurzen Pressekonferenz nach dem Abendessen zugelassen waren. Die Sicherheitsmaßnahmen am Eingang waren überaus streng gewesen. Als Barker, der Pressesprecher von Number 10, zum Mikrofon griff, verdrückten sich die drei Politiker in ein Nebenzimmer. Abigail folgte ihnen unauffällig. Sie war nicht für die Sicherheit aller zuständig, sondern nur für die behäbige, ernsthafte Frau, die gewählt worden war, um das Land zu führen.
    In dem ruhigen Büro ließen die Osteuropäer das Lächeln fallen, als wäre sein Gewicht unerträglich geworden. Die Premierministerin goss beiden Männern einen Brandy ein und bediente sich selbst. Einen Augenblick lang schwiegen sie alle.
    »Es tut mir leid, dass Ihr Besuch nicht unter freundlicheren Begleitumständen zu Ende gehen kann«, sagte Alison McDonnell, nachdem sie ihren Brandy geschwenkt, daran gerochen und schließlich genippt hatte, »aber nach den heutigen Ereignissen habe ich Wichtigeres im Sinn als die Verständigungsprobleme Ihrer beiden Länder.«
    Für Abigail war es offensichtlich, dass ihre Chefin erschöpft war. Ihr normalerweise makelloses Make-up zeigte unvorteilhafte Risse in ihrem ausgelaugten Gesicht.
    »Ich möchte Ihnen nochmals versichern«, setzte der Russe mit knurrig wirkendem Akzent an, »dass diese fürchterlichen Vorfälle in keinerlei
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