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Die Farbe der Gier

Die Farbe der Gier

Titel: Die Farbe der Gier
Autoren: Die Farbe der Gier
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astronomischen Zinssatz von 16 Prozent berechnete, und Anna merkte schnell, dass die Kombination aus Schulden, Naivität und einem Mangel an finanziellem Fachwissen der Dünger war, auf dem Fenston Finance gedieh.
    Die Bank zehrte von der Unfähigkeit ihrer Kunden, ihre Schulden zu bezahlen.
    Anna machte größere Schritte, als sie am Carousel-Gebäude vorbeikam, und sah auf die Uhr – zwölf Sekunden hinter der Bestzeit. Sie runzelte die Stirn. Wenigstens hatte niemand sie überholt. Ihre Gedanken kehrten zu der Wentworth-Sammlung zurück und zu der Empfehlung, die sie an diesem Morgen Fenston gegenüber aussprechen würde. Anna hatte beschlossen, ihre Stelle zu kündigen, falls der Vorsitzende ihrem Rat nicht folgen würde – trotz des Umstandes, dass sie weniger als ein Jahr für die Firma gearbeitet hatte, und trotz des schmerzvollen Wissens, dass sie immer noch nicht hoffen durfte, von Christie’s eingestellt zu werden.
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    In den letzten zwölf Monaten hatte sie gelernt, mit Fenstons Eitelkeit zu leben und sogar die gelegentlichen Wutausbrüche zu tolerieren, wenn es einmal nicht nach seinem Kopf ging, aber sie konnte es unmöglich gutheißen, dass er eine Kundin in die Irre führte, besonders nicht eine so naive wie Victoria Wentworth.
    Fenston Finance nach so kurzer Zeit zu verlassen, mochte sich auf ihrem Lebenslauf nicht besonders gut ausnehmen, aber eine laufende Untersuchung wegen Betrugs würde weitaus schlimmer aussehen.
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    »WANN ERFAHREN WIR, ob sie tot ist?«, fragte Leapman und nippte an seinem Kaffee.
    »Ich erwarte noch heute Morgen die Bestätigung«, erwiderte Fenston.
    »Gut, denn ich muss mich mit ihrem Anwalt in Verbindung setzen, um ihn daran zu erinnern …«, er schwieg kurz, »… dass im Falle verdächtiger Umstände, die zum Tod führten …«, er schwieg erneut, »… Erfüllungsort und Gerichtsstand für den Vertrag New York ist.«
    »Seltsam, dass keiner von denen jemals diesen Passus des Vertrages beanstandet hat.«
    »Warum sollten sie?«, entgegnete Leapman. »Schließlich konnten sie ja nicht wissen, dass sie sterben würden.«
    »Gibt es Grund zu der Annahme, dass die Polizei uns damit in Verbindung bringen wird?«
    »Nein«, erwiderte Leapman. »Sie persönlich haben sich nie mit Victoria Wentworth getroffen, Sie haben den
    Originalvertrag nicht unterschrieben, Sie haben nicht einmal das Gemälde gesehen.«
    »Das hat niemand, abgesehen von der Familie Wentworth und Anna Petrescu«, rief ihm Fenston in Erinnerung. »Ich muss aber wissen, wie viel Zeit verstreichen sollte, bevor ich ohne Bedenken …«
    »Schwer zu sagen, aber es kann Jahre dauern, bis die Polizei zugibt, dass sie keinen Verdächtigen hat. Vor allem in einem derart hochkarätigen Fall.«
    »Zwei Jahre reichen völlig aus«, erklärte Fenston. »Bis dahin sind die Zinsen für das Darlehen so weit aufgelaufen, dass ich 27
    den van Gogh behalten und den Rest der Sammlung verkaufen kann, ohne Einbußen an meiner ursprünglichen Investition.«
    »Dann ist es ja gut, dass ich den Bericht der Petrescu gerade noch rechtzeitig gelesen habe«, meinte Leapman. »Weitere 48
    Stunden und wir hätten den van Gogh verloren.«
    »Stimmt«, sagte Fenston. »Aber jetzt müssen wir uns einen Weg überlegen, wie wir die Petrescu loswerden können.«
    Leapman lächelte schmallippig. »Das ist nicht weiter schwer.
    Wir bedienen uns einer ihrer Schwächen.«
    »Als da wäre?«, fragte Fenston.
    »Ihre Ehrlichkeit.«

    Arabella saß allein im Salon, unfähig, die Geschehnisse um sich herum aufzunehmen. Eine Tasse Earl Grey auf dem Tisch neben ihr war bereits erkaltet, doch sie bemerkte es nicht. Das lauteste Geräusch im Zimmer war das Ticken der Uhr auf dem Kaminsims. Für Arabella war die Zeit stehen geblieben.
    Mehrere Streifenwagen und ein Krankenwagen parkten draußen auf dem Kies. Uniformierte gingen ihren Geschäften nach, kamen und gingen, ohne sie zu belästigen.
    Plötzlich klopfte es leise an die Tür. Arabella sah auf und entdeckte einen alten Freund auf der Schwelle. Als der Chief Superintendent den Raum betrat, nahm er die Mütze ab, die auf seinem silbergrauen Schopf thronte. Stephen Renton sprach sein Beileid aus, das von Herzen kam; er hatte Victoria viele Jahre gekannt. Arabella erhob sich vom Sofa, mit aschfahlem Gesicht, die Augen rot vom Weinen. Der groß gewachsene Mann beugte sich vor und küsste sie sanft auf beide Wangen, dann wartete er, bis sie sich wieder gesetzt hatte, bevor er sich in dem
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