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Die Farbe der Gier

Die Farbe der Gier

Titel: Die Farbe der Gier
Autoren: Die Farbe der Gier
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um 8 Uhr 30 einen Termin in der Wall Street«, teilte Fenston seinem Chauffeur mit, als der ihm den Wagenschlag öffnete. »Holen Sie mich um 8 Uhr 15 ab.« Der Chauffeur nickte. Fenston marschierte in Richtung Lobby. Obwohl es in dem Gebäude 99 Aufzüge gab, führte nur ein einziger davon direkt ins Restaurant im 107. Stockwerk.
    Kaum trat Fenston eine Minute später aus dem Aufzug, entdeckte der Maître seinen Stammgast, nickte leicht mit dem Kopf und führte Fenston zu einem Tisch in der Ecke mit Blick auf die Freiheitsstatue. Als Fenston einmal hatte feststellen müssen, dass sein üblicher Tisch anderweitig vergeben worden war, hatte er sich umgedreht und war schnurstracks wieder im Aufzug verschwunden. Seit jenem Tag blieb der Ecktisch jeden Morgen leer – nur für den Fall.
    Fenston überraschte es keineswegs, dass Karl Leapman bereits auf ihn wartete. Leapman war in den zehn Jahren, die er nun schon für Fenston Finance arbeitete, niemals zu spät gekommen.
    Fenston fragte sich, wie lange Leapman schon dort saß, damit der Vorsitzende nicht womöglich vor ihm eintraf. Fenston sah zu dem Mann herab, der bewiesen hatte, dass es keine Kloake gab, die er für seinen Herrn nicht durchschwimmen würde. Aber Fenston war auch als Einziger bereit gewesen, Leapman nach seiner Entlassung aus dem Knast eine Stelle anzubieten. Aus der Anwaltschaft ausgeschlossene Rechtsanwälte mit einer Gefängnisstrafe wegen Veruntreuung erwarten normalerweise nicht, Vorstandsmitglied zu werden.
    Noch bevor Fenston sich gesetzt hatte, fing er schon an zu reden.
    14
    »Jetzt, da wir im Besitz des van Gogh sind, müssen wir nur noch eines klären: Wie werden wir Anna Petrescu los, ohne dass sie misstrauisch wird?«
    Leapman schlug die vor ihm liegende Akte auf und lächelte.
    15
    3
    AN DIESEM MORGEN war nichts wie geplant gelaufen.
    Andrews hatte die Köchin angewiesen, das Frühstückstablett ihrer Ladyschaft sofort nach der Abholung des Gemäldes hinaufzutragen. Die Köchin hatte jedoch einen Migräneanfall bekommen, darum war ihrer Nummer zwei – keinem sehr zuverlässigen Mädchen – die Verantwortung für das Frühstück ihrer Ladyschaft zugefallen. Der Laster der Sicherheitsfirma war 40 Minuten zu spät aufgetaucht, mit einem unverschämten jungen Fahrer, der nicht eher abfahren wollte, bevor man ihm nicht Kaffee und Kekse angeboten hatte. Die Köchin hätte einen solchen Unsinn niemals geduldet, aber ihre Nummer zwei gab klein bei. Eine halbe Stunde später fand Andrews die beiden plaudernd am Küchentisch vor.
    Andrews war sehr erleichtert, dass ihre Ladyschaft sich nicht gerührt hatte, bevor der Fahrer sich endlich auf den Weg machte. Er prüfte das Tablett, faltete die Serviette neu und verließ die Küche, um seiner Herrin das Frühstück zu bringen.
    Andrews hielt das Tablett auf der Handfläche der einen Hand, während er mit der anderen leise an die Schlafzimmertür klopfte und diese daraufhin öffnete. Als er ihre Ladyschaft in der Blutlache auf dem Boden liegen sah, schnappte er nach Luft, ließ das Tablett fallen und eilte zur Leiche.
    Obwohl klar war, dass Lady Victoria schon seit mehreren Stunden tot sein musste, zog Andrews es nicht in Betracht, die Polizei zu rufen, bevor er nicht den nächsten Anwärter auf das Wentworth-Erbe von der Tragödie in Kenntnis gesetzt hatte.
    Rasch verließ er das Schlafzimmer und verschloss die Tür. Zum ersten Mal in seinem Leben rannte er die Treppe hinunter.
    16
    Arabella Wentworth bediente gerade einen Kunden, als Andrews anrief.
    Sie legte den Hörer auf. Dann entschuldigte sie sich bei ihrem Kunden und erklärte, dass sie unverzüglich aufbrechen müsse.
    Sie drehte das OFFEN-Schild auf die GESCHLOSSEN-Seite und verriegelte die Tür zu ihrem kleinen Antiquitätenladen in der High Street nur wenige Augenblicke, nachdem Andrews das Wort Notfall ausgesprochen hatte, ein Ausdruck, den er in den vergangenen 49 Jahren in ihrem Beisein noch nie in den Mund genommen hatte.
    15 Minuten später brachte Arabella ihren Mini auf dem Kies vor Wentworth Hall zum Stehen. Andrews wartete bereits auf der obersten Eingangsstufe auf sie.
    »Es tut mir überaus Leid, Mylady«, sagte er nur, bevor er seine neue Herrin ins Haus und die breite Marmortreppe hinaufführte.
    Als Andrews dabei am Geländer Halt suchte, wusste Arabella, dass ihre Schwester tot war.
    Arabella hatte sich oft gefragt, wie sie in einer Krise reagieren würde. Zu ihrer Erleichterung stellte sie fest, dass ihr zwar extrem übel
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