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Die Familie ohne Namen

Die Familie ohne Namen

Titel: Die Familie ohne Namen
Autoren: Jules Verne
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den Abgrund der berühmten Fälle.
    Auch jetzt sprangen noch fünf oder sechs Unglückliche, sinnlos vor Verzweiflung, in den rauschenden Strom, doch nur Wenigen gelang es, nach schwerstem Kampfe mit treibenden Eisschollen, das rettende Land zu erreichen.
    Inzwischen schoß die »Caroline« gleich einem verderbenbringenden Brander zwischen den Ufern dahin. Die Feuersbrunst verbreitete sich schon nach dem Hinterdeck. Ihrer Sinne kaum mächtig, stand Clary allein noch aufrecht und rief…
    Johann hörte sie endlich; er öffnete die Augen, richtete sich ein wenig auf und sah sie fragend an.
    Beim Schein der lodernden Flammen sah man das Bild des Ufers rasch vorüberziehen.
    Johann erkannte das junge Mädchen an seiner Seite.
    »Clary!« murmelte er kaum hörbar.
    Hätte er die Kräfte noch besessen, er würde sie in die Arme genommen, sich mit ihr in den Strom gestürzt und versucht haben, sie zu retten… Jetzt konnte er sich aber selbst nicht mehr erhalten und fiel auf das Verdeck zurück. Das dumpfe Rauschen der Wasserfälle war in der Entfernung von kaum einer halben Meile deutlich hörbar.
    Das war der Tod für sie und für ihn, wie für die anderen Opfer, welche die »Caroline« den Niagara hinunter trug.
    »Johann, sagte da Clary, wir sterben, doch wir sterben vereint!… Johann, ich liebe Dich.. Ich wäre so stolz gewesen, Deinen Namen zu tragen!… Gott hat es nicht gewollt!…«
    Johann hatte noch die Kraft, Clarys Hand zu drücken. Dann stammelten seine Lippen noch die letzten Worte seiner Mutter:
    »Sühne!… Sühne!«
    Das Fahrzeug schoß jetzt mit rasender Schnelligkeit dahin und flog fast um Goat-Island (die Ziegeninsel), welche den amerikanischen von dem canadischen Falle scheidet, und endlich – in der Mitte des Hufeisens, wo der Fall sich einen grünlich schillernden Abgrund ausgehöhlt hat – neigte sich die »Caroline« über diesen und verschwand im Wogenschaume des »Donnerers der Wasser«.
Vierzehntes Capitel.
Die letzten Zuckungen des Aufstandes.
    Die von den Engländern unter Verletzung des Völker-wie des Menschenrechtes begangene greuliche Schandthat fand in der Alten wie in der Neuen Welt einen ungeheuren Widerhall. Von den Behörden in Niagara-Falls wurde eine Untersuchung darüber eingeleitet. Mac Leod war von Einzelnen derjenigen, welchen es gelungen war, der Abschlachtung und dem Feuertode zu entgehen, erkannt worden; übrigens zögerte dieser Verruchte gar nicht, sich offen zu rühmen, daß er es gewesen sei, der »die Geschichte gegen die verdammten Yankees so prächtig durchgeführt habe«.
    Und doch lief die traurige Angelegenheit nur auf eine an England gerichtete Indemnitätsforderung hinaus, als Mac Leod im November 1840 in den Straßen von New-York verhaftet worden war.
    Fox, der Vertreter Englands, verlangte dessen Auslieferung; die Bundesregierung verweigerte dieselbe. In der Pairskammer wie im Hause der Gemeinen wurde das Ministerium angegangen, Mac Leod in Freiheit setzen zu lassen, da dieser nur gemäß den Befehlen der Königin gehandelt habe. Der Congreß antwortete auf dieses Verlangen mit einer Erklärung, welche die Rechte des Staates New-York einfach bestätigte. Diese Erklärung wurde als wirklicher
casus belli
aufgefaßt und das Vereinigte Königreich traf diesbezügliche Maßregeln.
    Seinerseits bewilligte das Bundesparlament, indem es den Mordbrenner unter Anklage des überlegten Mordes vor die Assisen verwies, die nöthigen Geldmittel, und ohne Zweifel wäre der Krieg entbrannt, hätte nicht Mac Leod einen, übrigens kaum annehmbaren Alibi-Beweis beigebracht, der den Engländern wie den Amerikanern Gelegenheit bot, die schmachvolle Affaire zu vertuschen, worauf man den Schurken straflos laufen ließ.
    So wurden die Opfer jenes entsetzlichen Ueberfalles der »Caroline« gerächt.
    Nach der Niederlage der Aufständischen auf der Insel Navy erhielt Lord Gosford die Mittheilung, daß die Reformer auf eine weitere Empörung gegen die englische Regierungsgewalt verzichteten. Uebrigens waren deren hervorragendste Anführer theils versprengt, theils in den Gefängnissen von Montreal und Quebec eingekerkert, und Johann ohne Namen existirte nicht mehr.
    Nichtsdestoweniger kam es im Jahre 1838 noch zu vereinzelten Erhebungen an verschiedenen Punkten der canadischen Provinzen.
    Im Monat März geschah der erste derartige Versuch, hervorgerufen durch Robert Nelson, den Bruder des Mannes, der bei St. Denis befehligte, aber schon bei diesem ersten Auftreten einen Mißerfolg zu
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