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Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Titel: Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
Autoren: Diana Gabaldon
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verständnislos. Seine Schwägerin war eine freundliche, hübsche Frau, die äußerst selbstbewusst mit seinem schwierigen Bruder umging, doch was …
    »Meine Geheimwaffe«, sagte Hal, der immer noch lächelte – egal, was ihn so amüsierte. »Ihr Vater war Raphael Wattiswade.«
    »Ich habe noch nie von Raphael Wattiswade gehört.«
    »Das solltest du auch nicht«, beruhigte ihn sein Bruder, »und auch niemand sonst. Wattiswade hat mit Bücherraritäten gehandelt und ist regelmäßig unter dem Namen Andrew Rennie auf den Kontinent gereist – und zurück. Zusätzlich hat er mit Informationen gehandelt. Er war ein gefragter Spion … der keine Söhne hatte.«
    Grey warf seinem Bruder einen Blick zu.
    »Sag mir«, flehte er, »dass ihr Vater Minnie nicht als Spionin eingesetzt hat.«
    »Genau das hat er, der alte Widerling«, erwiderte Hal knapp. »Ich habe sie eines Abends während eines Empfangs dabei erwischt, wie sie die verschlossene Schreibtischschublade in meinem Studierzimmer aufgebrochen hat. So bin ich ihr begegnet.«
    Grey machte sich nicht die Mühe zu fragen, was sich in der Schublade befunden hatte. Er lächelte seinerseits, nahm die Sherrykaraffe vom Teetablett und zog den Stopfen heraus.
    »Ich nehme an, du hast sie nicht auf der Stelle verhaften und dem Magistrat vorführen lassen?«
    Hal ergriff ein Sherryglas und hielt es ihm hin.
    »Nein. Ich habe sie am Kamin verführt.«
    Grey rutschte die Karaffe aus den Fingern, und es war reine Glückssache, dass er sie auffing, ohne allzu viel zu verschütten.
    »Ach, wirklich?«, brachte er heraus.
    »Gib mir das, Rutschfinger.« Hal nahm ihm die Karaffe ab und schenkte sich vorsichtig ein, den Blick fest auf die bernsteinfarbene Flüssigkeit geheftet. »Und ja, das habe ich.«
    Grey, dessen Gedanken sich überstürzten, fragte sich, ob Minnie noch Jungfrau gewesen war, und er beschloss im selben Moment, nicht zu fragen.
    »Dann habe ich sie in eine Droschke gesetzt, habe mir ihre Adresse mitteilen lassen und gesagt, ich würde mich am nächsten Morgen nach ihrem Wohlbefinden erkundigen«, sagte Hal beiläufig und reichte John ein Glas. »Hier. Halt es diesmal fest. Du siehst aus, als hättest du es nötig.«
    So war es auch, und er leerte den Sherry – der nicht schlecht war – in wenigen Zügen.
    »Sie hat dir … doch nicht ihre richtige Adresse gegeben, oder?«, fragte er und räusperte sich, während er sich bemühte, den Blick nicht auf den Kamin zu richten, vor dem seit ewigen Zeiten derselbe Läufer lag, ein abgenutzter kleiner Teppich, in den das Familienwappen eingewebt war. Er war mit Brandflecken übersät, und sein Rand war angesengt. Soweit er wusste, hatte Hals erste Frau Esmé ihrem Mann den Teppich zur Hochzeit geschenkt.
    Hal lachte.
    »Natürlich nicht. Und dem Kutscher ebenso nicht – sie hat ihn überredet, sie vor Kettrick’s Eel-Pye House abzusetzen, und hat sich dann durch die Gasse davongemacht und ist verschwunden. Ich habe fast sechs Monate gebraucht, um sie zu finden.«
    Auch Hal leerte seinen Sherry ohne Umschweife, dann nahm er das fragliche Blatt Papier noch einmal vom Schreibtisch.
    »Lass mich ihr das zeigen. Sie hatte zwar in letzter Zeit nicht viel Übung, doch vielleicht kann sie uns wenigstens sagen, ob es verschlüsselt ist.«
    Grey blieb mit der Karaffe und dem Kaminläufer allein. Er schenkte sich ein weiteres Glas ein und ging zurück zum Balkon. Der Garten war jetzt still; der Himmel hatte sich zugezogen, und die Jungen waren zum Essen ins Haus gegangen – er konnte sie oben im Kinderzimmer rumoren hören. Dottie und ihr Kindermädchen schliefen tief und fest im Gras neben dem Fischteich, und das Kindermädchen hielt Dotties Kleidchen immer noch fest umklammert.
    Schwer zu sagen, ob ihn Hals Geschichte schockiert hatte oder nicht. Hal schrieb sich seine Regeln selbst; dessen war sich John schon lange bewusst. Und falls er vorübergehend die Oberhand über Minerva Wattiswade besessen haben sollte, so hatte er diese längst verloren – das wusste Hal genau.
    Er blickte zur Zimmerdecke hinauf, die unter einem lauten Krachen erbebte, als ein Stuhl umstürzte und sich gleich darauf schrille Stimmen erhoben. Wie alt war sein Neffe Benjamin? Sein Blick fiel auf den Kaminläufer. Er war auf einem Feldzug gewesen, als Benjamin zur Welt kam, doch seine Mutter hatte ihm geschrieben, um ihn von dem Ereignis zu berichten – er erinnerte sich, dass er den Brief in einem Zelt gelesen hatte, während der Regen über ihm auf
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