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Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Titel: Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
Autoren: Diana Gabaldon
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viel hatte ihr Geneva anvertraut?
    Immer noch konnte er den Druck ihrer Hand in seinem Rücken spüren, und er wand sich irritiert auf seiner Matratze, bis sich das Stroh durch die Wolldecke bohrte. Verflixtes Weibsbild. Sie hatte ihm einen sehnsüchtigen Blick zugeworfen, als er vor drei Jahren aus dem Gefängnis von Ardsmuir nach Helwater kam, ein jakobitischer Sträfling auf Ehrenwort, doch eine Kammerzofe hatte mit einem Stallknecht nur wenig zu tun, und es war ihm ein Leichtes gewesen, ihre rehäugigen Blicke zu übersehen, wenn sie zu ihm kam, um ihm zu sagen, dass Lady Geneva ihr Pferd wünschte. Der Lady selbst aus dem Weg zu gehen war nicht so leicht gewesen.
    Er verzog im Dunkeln das Gesicht, als er an Geneva dachte. Ihm war im Moment nicht nach Großherzigkeit zumute, aber er bekreuzigte sich und sprach ein kurzes Gebet für ihren Seelenfrieden, wie immer, wenn er an sie denken musste. Er verdankte ihr so viel, der armen Kleinen, ganz gleich, was sie ihm angetan hatte.
    Doch warum zum Teufel spielte Betty jetzt die Vorwitzige? Geneva war seit über zwei Jahren tot, und Betty selbst war kurz nach dem Tod ihrer Herrin im Kindbett nach Helwater zurückgekehrt. Sie hatte in den letzten sechs Monaten kein Wort mit ihm gesprochen; warum ging sie das Risiko ein, mitten in der Nacht in den Stall zu kommen – und was hatte das kleine Biest nur vorgehabt? Die knarzende Leiter hinaufzusteigen und ohne Ankündigung zu ihm ins Bett zu klettern, während Hanks und Crusoe keine zwei Meter entfernt unter ihren Decken lagen und große Ohren machten? Ihn in die Dienstbotenkammer auf dem Dachboden zu schmuggeln?
    Sie hatte wohl kaum unten auf ihn warten wollen; sie hatte ja nicht gewusst, dass er herunterkommen würde. Außerdem … hatte sie gesagt, sie hätte ihn die Leiter hinuntersteigen sehen, war da aber nicht zu ihm gekommen. Warum nicht?
    Die logische Antwort darauf offenbarte sich als Schlag in seine Magengrube. Sie war überhaupt nicht auf der Suche nach ihm gewesen.
    Er saß kerzengerade da, noch bevor er seinen Gedankengang vollendet hatte. Sie hatte sich mit jemand anderem treffen wollen, und dieses Zusammentreffen war durch sein unpassendes Auftauchen unterbrochen worden.
    Ein Eindringling hätte sich weder in einer besetzten Box noch sonstwo verstecken können … außer in der leeren Abfohlbox in der Nähe des Stalltores.
    Und das war der Grund, warum sie mich geweckt hat , dachte er, und seine Hände krallten sich in die Wolldecke. Sie musste mich fortlocken, damit der andere entwischen konnte. Himmel, er ist mit mir in der Box gewesen ! Eine Mischung aus Verlegenheit und Rage ließ seine Haut prickeln. Die Vorstellung, dass … Konnte es möglich sein … Er hätte doch gewiss gespürt, wenn jemand …?
    Nein, das hätte er nicht. Er hatte so verzweifelt nach einem Ort der Zurückgezogenheit gesucht, um für diesen einen Moment der Not mit Claire verbunden zu sein, dass er nicht einmal gemerkt hätte, wenn ein Bär im Schatten der Box gelauert hätte, solange dieser nicht versucht hätte, ihn zu stören.
    Einer der Hähne im Hühnerstall krähte, dicht gefolgt von zwei anderen. Ein schläfriges »oh, Kack« kam von einem Strohlager neben ihm. Lautes Rascheln, als sich jemand hinsetzte, dann begann das Keuchen und Schniefen. Hanks war starker Raucher – wenn er es sich leisten konnte –, und er brauchte morgens eine gute Viertelstunde, bis er atmen konnte.
    Jamie atmete seinerseits tief durch und überlegte. Dann schlug er seine Decke zurück und erhob sich, um einem Tag entgegenzusehen, der interessant zu werden versprach.

2
    Gälisch
    LONDON, ARGUS HOUSE, WOHNSITZ DES HERZOGS HAROLD VON PARDLOE
    Lord John betrachtete das mit einem Bändchen verschnürte Paket auf seinem Knie, als ob es eine Granate wäre. Es hätte auch kaum explosiver sein können, wenn es mit Schwarzpulver gefüllt und mit einer Zündschnur versehen gewesen wäre. Anscheinend verriet die Haltung, mit der er es seinem Bruder reichte, dieses Wissen, denn Hal fixierte ihn mit stechendem Blick und zog eine Augenbraue hoch. Er sagte jedoch nichts, sondern löste das Band und die Verpackung mit einer ungeduldigen Geste und beugte augenblicklich den Kopf über das Bündel dicht beschriebener Papiere, das zum Vorschein kam.
    Grey konnte es nicht ertragen, ihm dabei zuzusehen, wie er Charles Carruthers’ Denunziationen aus dem Jenseits las, denn er erinnerte sich noch gut an jede der vernichtenden Seiten, die Hal jetzt las. Er erhob sich und
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