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Die fabelhaften 12 - Die Berufung: Band 1 (German Edition)

Die fabelhaften 12 - Die Berufung: Band 1 (German Edition)

Titel: Die fabelhaften 12 - Die Berufung: Band 1 (German Edition)
Autoren: Michael Grant
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fragte Stefan, als sei er nicht ganz sicher, ob es nicht gar stimmte.
    »Bei einem blutenden Kind kommen sie schneller als bei einem blutenden Teenager«, erklärte Mack, während er eine Hand aufs Sprechteil legte. »Und jetzt halt den Mund.«
    Es dauerte acht Minuten, bis der Rettungswagen eintraf, und wie sich später herausstellte, war das gerade eben noch rechtzeitig.
    Nachdem sie Stefan mitgenommen hatten, schaffte es Mack ohne weitere Belästigungen von Schlägern nach Hause. Das mag daran gelegen haben, dass er nur noch das Halsbündchen seines T-Shirts trug und seine Hände bis zu den Ellbogen voller Blut waren. Eine solche Art des Auftretens lässt die Leute meist davon absehen, jemanden in irgendeiner Weise zu belästigen.
    Macks Vater war zu Hause, als Mack durch den Seiteneingang hereinkam. Sein Vater blickte in den geöffneten Kühlschrank, als müsste er nur lange genug hineinstarren, um etwas Superköstliches zu finden.
    »He, Großer«, sagte sein Vater.
    »Hallo, Papa«, sagte Mack.
    »Wie war’s in der Schule?«
    »Hm«, sagte Mack. »Wie immer.«
    »Ja. Verstehe«, sagte Macks Vater, ohne aufzusehen.
    Mack eilte die Stufen hinauf, unter die Dusche.

4
    R eden wir nicht davon, dass Stefan einen guten Liter Blut verlor. Und auch nicht davon, dass der Arzt sagte, er hätte auch tot sein können.
    Reden wir nicht davon, wie langsam in Stefans Hirnwindungen sickerte, dass er im Alter von fünfzehn Jahren beinahe gestorben wäre.
    Und wenn wir schon dabei sind, reden wir auch nicht davon, warum Macks Vater nicht bemerkte, dass Mack mehr oder weniger in Blut getaucht war.
    Macks Eltern schenkten ihrem Sohn nicht viel Aufmerksamkeit.
    Das war nicht traurig oder tragisch. Sie waren keine schlechten Eltern. Sie hatten nur irgendwann aufgegeben, Mack verstehen zu wollen.
    Seit er vier war, hatte Mack die verschiedensten Phobien. Seine Mutter hatte viele, viele, viele Male versucht, ihm diese irrationalen Ängste auszureden. Auch sein Vater hatte es versucht. Und manchmal auch beide zugleich. Oder beide zugleich plus Beratungslehrer. Plus Schulleiter. Plus Psychoheini. Zwei Psychoheinis. Zwei Psychoheinis, beide Eltern, Schulleiter und Beratungslehrer. Aber sie hatten nie viel Erfolg gehabt.
    Wenn sie Mack nicht gerade auszureden versuchten, keine Angst vor Dingen zu haben, vor denen man doch nun wirklich keine Angst haben musste, versuchten sie ihm einzureden, Angst vor Dingen zu haben, vor denen man nun wirklich Angst haben sollte.
    Vor Schikanierern zum Beispiel.
    Der Junge tickte nicht ganz richtig. Das war seinen Eltern und allen anderen irgendwann klar gewesen. Der Junge tickte einfach nicht ganz richtig.
    Also hatten Macks Eltern sich mit der Zeit angewöhnt, ihm aus dem Weg zu gehen. Sie ließen ihm seinen Freiraum. Und das gefiel ihm. Meistens.
    Mack nahm an, wenn Stefan wieder in der Schule auftauchte, würde er seine Überlegenheit demonstrieren müssen, indem er ihm eine ernste Abreibung verpasste. Der Vorteil an der Sache war, dass die anderen Schläger in Erwartung des großen Blutbads einen Bogen um Mack machten. Denn es konnte ja möglich sein, dass Stefan es übel nehmen würde, wenn einer der Quäler sich herausnahm, Mack schon mal eine Vorbehandlung zu verpassen. Niemand wollte Stefan sein Vorrecht streitig machen.
    So kam es, dass es für Mack nach dem Mittwochsmassaker (wie der Vorfall anschließend genannt wurde) erst einmal ganz gut lief.
    Stefan kam am Donnerstag und Freitag nicht zur Schule.
    »Vielleicht ist er doch noch abgekratzt«, sagte sich Mack. »Aber das wäre natürlich schlimm. Ja, wirklich schlimm.«
    Aber als der Montag kam, schwand diese Gewissensbisse verursachende Hoffnung schnell.
    Stefan war ganz und gar nicht tot. Er hatte einen dicken Verband um den Arm. Weiße Gaze, mit einem netzartigen Zeug umwickelt. Aber Stefan brauchte keine zwei Arme, um Mack zu meucheln.
    Es war ein beängstigender Augenblick, als Mack an diesem schicksalhaften Montagmorgen aufsah und Stefans mürrisches Gesicht am Ende des Flures zwischen den Schülermassen entdeckte.
    Beängstigend für Mack und das kleine Häufchen, das ihn als guten Freund betrachtete. Alle anderen waren in Hochstimmung. Es war der mit größter Spannung erwartete Augenblick in der Geschichte der Richard Gere Middle School. Es war, als würden ein Knaller-Film, ein neuer Harry Potter und Alben der drei Topbands gleichzeitig rauskommen und die Masse nur noch glücklich und aufgeregt »Das muss ich sehen!«
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