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Die Erde

Die Erde

Titel: Die Erde
Autoren: Emile Zola
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hielt oder die sich in den naturphilosophischen Rahmen einfügten. Dem leitmotivisch verwendeten Bild von der stiebenden blonden Saat kommt dabei in doppelter Hinsicht symbolische Klammerbedeutung zu. Blond ist bei Zola das Farbsymbol für den sexuellen Bereich, und das Bild der Säer selbst gehört ähnlich wie das Keimmotiv in Germinal in seine naturphilosophische Symbolik. Mit dieser Bezugsetzung versuchte Zola, zumindest von der technisch gestalterischen Seite her, auch diese Szenen mit dem Ganzen in einen engeren Zusammenhang zu bringen.
    Schließlich ist Zolas Erde ähnlich wie Der Totschläger zweifellos auch in einem Dritten ein Meisterwerk: in der psychologischen Durcharbeitung der Vordergrundshandlung, vor allem in Vater Fouans Tragödie, im Verhältnis der beiden Schwestern zueinander, in Françoises uneingestandener Leidenschaft für Geierkopf und in ihrer Beziehung zu Jean.
    Man hat den alten Fouan oft mit Shakespeares König Lear verglichen, und in Bezug auf die tiefe Erfassung menschlichen Leidens ist Zola Shakespeares Meisterschaft sehr nahe gekommen. Wenn es nach der Gervaise aus dem Totschläger und nach der Maheude aus Germinal noch eines Beweises bedurft hätte, daß Zola es wie kein zweiter verstand, sich in das Denken und Handeln einfacher Menschen aus dem Volk einzufühlen, so wäre er mit der Gestalt des alten Bauern erbracht worden.
    Zola hatte bei der Ausarbeitung dieses Romans die höchsten Anforderungen an sich selbst gestellt. Die »ganze Geschichte des Bauern« hatte er schreiben wollen, mit seiner menschlichen Tragik und seinem Leid, seiner sozialen und politischen Problematik, seiner Vergangenheit, seiner Gegenwart und seiner Zukunft. Ein komplizierter, vielschichtiger, fast unüberschaubarer Komplex, ein außergewöhnlicher Anspruch, eine schier unlösbare Aufgabe. Um sie zu bewältigen, hatte Zola all seine Kraft einsetzen müssen. Noch nie waren sein gallischer Witz und sein Humor, seine feine Ironie und seine beißende Satire so vielfältig wirksam geworden, noch nie seine Menschenschilderung in dieser Allseitigkeit zutage getreten.
    Noch nie auch hatte er in solchem Umfang Erde und Tiere, ja die ganze Natur in sein Werk einbezogen. Hie und da waren zwar schon in den anderen Bänden, wie z. B. in der Sünde des Abbé Mouret, Bäume und Blumen in das Leben der Menschen verwoben worden, hatten Tiere, wie die Grubenpferde in Germinal, mit den Kohlekumpeln ihr Schicksal geteilt. Aber die gute alte Coliche, Bangbüxens Gänseschar und der betrunkene Esel Gédéon mit seinen Späßen und Possen werden fast zu selbständigen Gestalten.
    Diese unbestreitbaren Vorzüge des Romans überwiegen letztlich auch seine zweifelsohne vorhandenen Schwächen. Denn mit dem Roman Die Erde hatte Zola wirklich als erster – und wiederum war es ein »Erstes«, das hier geschaffen wurde – das französische Dorf in all seinen Aspekten in die nationale Literatur Frankreichs eingebracht.
     
    ebook - Erstellung Februar 2010 - TUX
     
    Ende
     
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