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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin
Autoren: Heinz G. Konsalik
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viele geliebt. Sie ist eine Erotomanin! Sie liebt spontan bis zum Exzeß. Was hat eine Kusine von ihr gesagt? ›Am Vormittag verliebt sie sich in ihren Gymnastiklehrer, am Mittag in ihren Musiklehrer, am Nachmittag in den Friseur und am Abend in ihren Begleiter.‹ Das war schon auf dem College so! In New York und in Lausanne kann man ganze Arien davon singen.«
    »Sie war immer allein mit sich und ihren Problemen und suchte Liebe – so sagt sie es.« Bulder trank aus der Flasche und atmete tief durch. »Der Russe gibt ihr alles: Liebe, väterliche Geborgenheit, Verständnis, das einfache Leben eines Menschen, der nichts als Mensch sein will. Das hat sie bis jetzt vergebens gesucht.«
    »Und dazu muß sie nach Moskau heiraten!« Hermans beugte sich vor. »Was sagte sie zu den Beweisen gegen Lobow?«
    »Sie hält uns die Kennedy-Morde vor und schreit, wir seien alle infame Lügner. CIA ist für sie nicht glaubwürdig.«
    »Du lieber Himmel! Wir können alles belegen!« Hermans sprang auf. »James, hast du ihr klargemacht, worum es geht? Durch Lobow kann der Russe mit einem Schlag einen großen Teil des westlichen Energienachschubs steuern! Es gibt zwei Möglichkeiten, die zu einer Katastrophe werden können. Erstens: Sie schließt Exklusivverträge mit den Russen, entläßt ihre Mannschaften und heuert nur noch sowjetische Seeleute an. Zweitens: Sie kann, dazu hat sie die Macht, die gesamte Flotte an die Russen verkaufen und nur noch die liebende Ehefrau spielen. In beiden Fällen tritt uns der Russe voll in den weichen Unterleib!«
    »Die Familie Penopoulos begreift es!« Bulder steckte sich eine Zigarette an und inhalierte die ersten Züge wie ein Haschprofi. »Aber Lyda sagt nur: ›Alles Lüge. Ich habe mit Boris gesprochen. Er weint am Telefon!‹«
    »Der gute Junge weint! Ein KGB-Hauptmann!« Hermans schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Das Söhnchen versteht sein Handwerk! Er hat den richtigen Hobel angesetzt, im doppelten Sinn! Man muß ihr doch begreiflich machen, daß hier ein perfektes Spiel, mit dem Bett als Bühne, gespielt wird!«
    »Sie wird es nie begreifen, Bob! Zum erstenmal weint ein Mann um sie. Bisher hat immer nur sie um einen Mann geweint. Allein das ist für sie ungeheuerlich!«
    »Nur Theater!«
    »Wie kann sie das glauben? Sie ist betäubt von dieser Liebe. Hast du schon mal einen Menschen im LSD-Rausch gesehen?«
    »Geschenkt, James.« Hermans winkte ab. »Uns interessiert nicht der Hormonspiegel der Erbin, sondern was an Auswirkungen für die ganze westliche Welt durch diese Russenhochzeit entstehen kann. Versuchst du es morgen noch einmal?«
    »Man wird mich nicht mehr zu ihr lassen.« Bulder nahm abermals einen langen Schluck Bourbon. »Die einzige Hoffnung ist die Tante.«
    »Das Sternbild?«
    »Andromeda, genau«, sagte Bulder geduldig. »Lyda hat vorhin mit Moskau telefoniert und zu Lobow gesagt: ›Ich komme bald zurück. Ich liebe dich!‹ Und sie fährt zurück nach Moskau!«
    »Wie ist es mit einer Entmündigung?«
    »Aussichtslos.«
    »Die Ehe wird doch nicht anerkannt.«
    »Der clevere Junge Lobow ist auch bereit, sich in Griechenland nach griechisch-orthodoxem Glauben kirchlich trauen zu lassen. Für eine Milliarde und sechzig Schiffe … da werde selbst ich noch Buddhist!« Bulder schüttelte den Kopf. »Die Sache ist verfahren, Bob! Uns hilft nur weiter, wenn es uns gelingt, Lyda mit Beweisen zu überzeugen. Noch ist Lobow der stille, zurückhaltende, seelenvolle ›kleine Russe‹, der sich mit Kinderaugen wundert, weshalb man von seiner Hochzeit ein solches Aufheben macht. Aber das wird sich ändern, sobald er Lyda fest im Griff hat. Dann wird er handeln, wie es der KGB befiehlt. Dann zieht Moskau den betäubenden Liebestrank zurück. Und dann wird auch Lyda wieder sehen lernen.«
    »Aber zu spät für den Westen.«
    »Das müssen wir eben im Griff behalten.« Bulder nahm den dritten tiefen Schluck. »Die Liebe der Erbin zu ihrem Russen ist monumental. Wenn diese Liebe zusammenbricht, gibt es nur drei Möglichkeiten: Entweder sie tötet Lobow. Oder sie tötet sich selbst. Oder sie wird wahnsinnig. Einen freundlicheren Ausweg gibt es nicht mehr.«
    »Das wird eine griechische Tragödie …«, sagte Hermans. – »Sie ist es bereits, Bob!« Bulder hob die Beine auf den Tisch. Der Bourbon machte ihn froh und leichtgewichtig. »Die Familie Penopoulos hat das Zeug in sich, einen neuen Homer zu unerhörten Gesängen zu inspirieren. Die Odyssee wäre dagegen nur
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