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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad
Autoren: Ulrike Schweikert
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gewachsen waren: die kluge und wissbegierige Alisa von den Vamalia in Hamburg, Luciano de Nosferas aus Rom, der sich von einem dicken, tollpatschigen Jungen zu einem gut aussehenden, geschickten Vampir gemausert hatte, ja, selbst den schönen, arroganten Franz Leopold de Dracas aus Wien, der Ivy in ihrem Jahr in Irland erst den Kopf verdreht und sie dann hatte fallen lassen. Damals war Seymour so wütend gewesen, dass er ihn hätte zerfetzen mögen, doch seit der Dracas sich bei Ivys Befreiung so entschlossen und mutig gezeigt hatte, war er mit ihm versöhnt.
    Dann der vorlaute Tammo de Vamalia, der Jüngste im Bunde, die stets schmuddeligen Pyras und all die anderen. Er vermisste sie alle und er verstand, was Ivy empfinden musste, vielleicht besser als sie es ahnte. Warum nur ließ sie sich nicht von ihm trösten? Warum wies sie ihn von sich? Sie hatte sich verändert. Früher hatte sie stets seine Nähe und seinen Rat gesucht. Was war nur geschehen?
    Er spürte Taras mitfühlenden Blick auf sich ruhen. Seymour war klar, dass sie jedem seiner Gedanken gefolgt war. Er seufzte. Es gab nichts mehr dazu zu sagen.
    » Wo ist Ivy? Ist das Stärken ihrer Kräfte jetzt beendet?«
    Tara ignorierte die Bitterkeit und den Spott in seiner Stimme. Sie nickte nur. » Ja, mehr kann ich für ihre Sicherheit nicht tun. Nun ist es an Ivy, klug zu handeln.«
    » Wo ist sie?«, wiederholte der Werwolf.
    » Du wirst sie in Dunluce finden. Sie ist gestern aufgebrochen.«
    Seymour erhob sich. » Ich bilde mir nicht ein, sie einholen zu können«, sagte er mit einem schiefen Lächeln. » Ich vermute, sie hat sich nicht in ihrer menschlichen Gestalt auf den Weg gemacht?«
    Tara schüttelte den Kopf. » Sie flog mit meinem Falken als Begleiter.«
    Wieder fühlte er einen Stich der Eifersucht. Es wäre an ihm gewesen, an ihrer Seite zu bleiben und sie sicher in den Norden der Insel zu geleiten, wo die Lycana auf Dunluce Castle hoch über den Klippen ihre Zuflucht gefunden hatten.
    » Ich wünsche dir eine sichere Reise, mein Sohn.«
    Seymour wandte sich noch einmal um. » Willst du mich nicht begleiten?«
    Die Druidin schüttelte den Kopf. » Mein Platz ist hier, nicht bei den Vampiren von Dunluce. Wir Druiden haben stets die Einsamkeit gewählt.«
    » Und wo ist mein Platz?«, murmelte Seymour.
    » Du wirst ihn eines Tages finden. Lass dir Zeit«, antwortete die Mutter leise. Es schwang eine solch tiefe Traurigkeit in ihrer Stimme, dass Seymour ein eisiger Schauder über den Rücken rann. Sie sah wieder einmal etwas, das noch halb in den Schleiern der Zukunft verborgen lag, doch er scheute sich, sie danach zu fragen. Nein, vielleicht war es besser, wenn er nichts von dem wusste, was als böse Ahnung im Geist der Druidin aufgeblitzt war.

Der neue Schatten
    Ivy saß im Schneidersitz auf einem flachen Stein. Mondlicht umflutete sie und ließ ihr Haar silbern leuchten. Nichts regte sich um sie. Selbst der Nachtwind war eingeschlafen. Weit breitete sich das nächtliche Moor unter ihr aus. Im Westen konnte sie bis zur Küste sehen, dort, wo das braune, feuchte Gras in schroffes Felsgestein überging, gegen das die Wellen in ihrem immerwährenden Rhythmus schlugen, es unterhöhlten, in Stücke brachen und sich so immer weiter ins Land hineinfraßen. Auf der anderen Seite glitt der Blick in ein weites Tal und hinüber zur nächsten Bergkette, deren Silhouette sich im Osten im noch finsteren Nachthimmel verlor.
    Ivy war allein. Selbst die tastenden Gedanken des Werwolfs waren verstummt und ließen sie wenigstens für ein paar Augenblicke in Ruhe. Vielleicht schlief er. Sie wusste, dass er am Abend auf der Jagd gewesen war. Mit Erfolg. Und nun fühlte er sich satt und müde. Sein Geist ruhte und hatte die stete Suche nach seiner Schwester für eine Weile aufgegeben.
    Ja, sie war vollkommen allein. Endlich. Erleichtert legte Ivy die Unterarme auf ihre Knie, die offenen Handflächen dem Mond zugewandt. Sie schloss die Augen. Ihr Atem stockte. Mit gerade aufgerichtetem Rücken saß sie bewegungslos da. Ihr Geist dagegen war hellwach. Ivy versuchte, ihre Gedanken nicht zu lenken. Sie bemühte sich, all ihre Überlegungen und Schlüsse, die die Erfahrung ihr eingaben, beiseitezuschieben.
    So einfach es war, den Körper zur Ruhe zu bringen, so schwer war es, dasselbe mit dem Geist zu erreichen, ohne in tiefen Schlaf zu fallen. Es war eine Art Trance, die sie lange geübt hatte.
    Ivy wartete. Sie saß einfach mit offenem Geist da und wartete. Sie wusste
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