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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme
Autoren: Sabine Ebert
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wie ihn auch die Gestandenen unter den Rittern nur selten zu sehen bekamen, voller Wendungen, Drehungen und raffinierter Manöver. Immer wieder schrien ein paar Frauen auf, weil sie glaubten, gleich würde einer der Kämpfer einen tödlichen Hieb abbekommen, während die Männer anerkennende Bemerkungen austauschten und die beiden anfeuerten.
    In rasantem Tempo folgten die wuchtigen Hiebe und wurden mit den Schilden abgefangen, glitten Klingen bis an die Parierstangen hinab, bis die Kämpfer sie durch blitzschnelle Manöver voneinander lösten. Alle paar Augenblicke brachte einer der beiden Männer den Kontrahenten durch eine einzige Bewegung in eine Lage, die ihn bei einem ernsthaften Kampf das Leben gekostet hätte, und ebenso schnell löste sich der andere durch eine gekonnte Reaktion aus der Falle und brachte den Gegner in Bedrängnis.
    Endlich traten die einander ebenbürtigen Kämpfer auseinander, verneigten sich und steckten die Schwerter in die Scheiden. Sofort brandete Beifall unter den Zuschauern auf. Nach den vielen Jahren am Hofe war Markgraf Dietrich zynisch genug, zu überlegen, ob nicht auch der Applaus bestellt war.
    »Ich danke Euch«, sagte er, begleitete Christian wieder zu seiner Frau und küsste Marthe die Hand. »Hier bringe ich Euch Euern Gemahl zurück – unversehrt«, sagte er. »Wobei ich viel glücklicher bin, selbst unversehrt zu sein.«
    »Auf jeden Fall dürfte der Zweck erfüllt sein«, meinte Marthe und wies mit einer kaum sichtbaren Kopfbewegung auf die lebhaft diskutierende Menschenmenge, die den Kampf mitverfolgt hatte.
    Dietrich tat, als ob er dem keinerlei Beachtung beimaß, kehrte den Zuschauern den Rücken zu und ging gemeinsam mit Christian und Marthe in die Residenz des Magdeburger Erzbischofs Wichmann.
     
    Nachdem Dietrich sich verabschiedet hatte, um seine Brüder zu suchen, zog Marthe ihren Mann am Arm zurück.
    »Können wir nicht beim Mahl fernbleiben?«, bat sie.
    Christian ahnte, was in ihr vorging.
    »Für heute habe ich genug Aufsehen erregt«, stimmte er deshalb zu. »Wir versäumen das Essen und lassen uns später etwas bringen.«
    Ohne ein weiteres Wort führte er sie in den kleinen Kräutergarten hinter der Küche, zu einer Bank aus Weidengeflecht. Sie setzten sich, und Christian zog sie an sich. An ihren Mann gelehnt, schloss Marthe für einen Moment die Augen und gab sich ganz der Berührung und der Erinnerung an die vergangene Nacht hin.
    Dann sah sie ihn mit schwerem Blick an. »Selbst wenn der Kaiser den Prozess gegen den Löwen eröffnet – wir können immer noch nicht auf Frieden hoffen, oder?«
    Wie viele Tote hatten die Kämpfe zwischen Heinrich und seinen Gegnern in den zurückliegenden Jahren gekostet! Unzählige Dörfer waren niedergebrannt, Felder verwüstet, Klöster geplündert, Kirchen zerstört, ja, ganze Landstriche verwüstet worden. Die Menschen sehnten sich nach Frieden … und zitterten vor dem nächsten Angriff entfesselter Horden.
    Christian küsste sie sanft auf die Schläfe. Solche Zärtlichkeit hätte niemand von ihm vermutet, der ihn nicht näher kannte.
    Nur Marthe und seine besten Freunde wussten, dass er sich den heimlichen Ruf als »schwarzer Reiter« bewusst zugelegt hatte, um seine Frau zu schützen.
    Doch in dieser Sache wollte und konnte er sie nicht belügen. Zumal sie die Antwort kannte und jetzt nur in der widersinnigen Hoffnung, der Krieg bliebe ihnen erspart, gefragt hatte.
    »Bis der Kaiser ein Urteil sprechen kann, vergehen noch Monate. Selbst wenn er die Acht verhängt, tritt sie erst nach Jahr und Tag in Kraft. Und dann muss er den Urteilsspruch auch durchsetzen. Glaubst du, der Löwe gibt seine Burgen und Ländereien freiwillig her?«
    Während Marthe nach seinen Händen griff, wie um Halt zu suchen, fuhr er mit bitterer Stimme fort: »Dann fängt der Krieg erst richtig an. Sie warten doch schon alle begierig darauf und haben längst ihre Vorbereitungen getroffen. Diesmal wird auch Otto Truppen aufbieten. Wir müssen uns Gedanken machen, wen von unseren Leuten ich mitnehme, wenn zur Heerfahrt gerufen wird.«
     
    Markgraf Dietrich fand seine Brüder erwartungsgemäß in einem der prunkvollen Säle in der Residenz des Erzbischofs. Zusammen mit anderen Gästen von Rang lauschten sie einem Spielmann, der mit samtweicher und trotzdem voller Stimme zur Laute eine Liebesballade vortrug. Wichmann von Seeburg war vielen weltlichen Freuden zugetan und galt auch als ein Förderer der Spielleute.
    Dietrich kannte den
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