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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung
Autoren: Alexander Kent
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mehr, als Bolitho gedacht hätte. Aber es nützte nichts. Die Schiffsmannschaft akzeptierte Bethune mit einer Gutmütigkeit, die sie auch einem Kind entgegengebracht hätte. Sein Los wurde nicht erleichtert durch die Ernennung eines neuen Fähnrichs, der Heywards Platz einnahm.
    Roger Augustus Fowler, sechzehn Jahre alt und mit den schmollenden Gesichtszügen eines verärgerten Ferkels, hatte es bald verstanden, eher zu Bethunes Elend beizutragen als dieses zu erleichtern.
    Fowlers Ankunft aus England hatte die Kluft zwischen Bolitho und Colquhoun noch vertieft. Der Junge war der Sohn des besten Freundes des Admirals, und daher war seine Überstellung auf dieses oder ein anderes Schiff fast ein königlicher Befehl. Der Nachkomme einer einflußreichen Persönlichkeit konnte für einen jungen und vielbeschäftigten Kapitän ein Hindernis sein, andererseits konnte er ihm aber auch Türen öffnen, die ihm auf dem Dienstwege verschlossen geblieben wären.
    Colquhoun hatte offenbar bei der Ankunft des Jungen seine Chancen für letzteres gesehen und war außerordentlich wütend, als er erfuhr, daß der Admiral die Sparrow seiner Fregatte Bacchante vorgezogen hatte. Fowler war seit acht Monaten an Bord und nicht beliebt. Es war etwas Undefinierbares. In Gegenwart seiner Vorgesetzten war er gehorsam und aufmerksam, konnte jedoch scharf und sarkastisch sein gegenüber Seeleuten, die mehr als doppelt so alt waren wie er. Er hatte eine bestimmte Art, sein Gesicht zu verschließen, wobei seine blassen Augen und vorstehenden Lippen wie eine Maske wirkten. Wenn er jemals einen Kommandorang erreichte, würde er ein tyrannischer Vorgesetzter werden.
    Es klopfte, und Bolitho drängte seine Überlegungen in den Hintergrund.
    Tyrell hinkte in die Kajüte und setzte sich an den Tisch.
    Unter dem offenen Hemd war seine Haut fast mahagonifarben gebräunt, und sein Haar war in den vergangenen Sommern etwas heller geworden. Er schob die Berechnungen über die Seekarte, und sie betrachteten gemeinsam die ungefähre Position der Sparrow.
    Im Süden lagen die nächsten Ausläufer der Bahamas, das Gebiet der unzähligen Riffe und Klippen, der trügerischen Sandbänke und der Inselchen.
    Ungefähr achtzig Meilen westlich lag die Küste von Florida und im Osten der Hauptschiffahrtsweg für Schiffe, die von den Westindischen Inseln nach New York und zurück fuhren. Es war ein Gewirr von Inseln und engen Kanälen, obwohl es für das ungeübte Auge einer Landratte so aussehen konnte, als ob die See ruhig daläge, nur hier und da unterbrochen von friedlichen, purpurroten Landklumpen, in leichten Dunst gehüllt. Dem Seemann aber zeigte die Karte weit mehr und dennoch weniger, als er wissen mußte, um wirkliche Sicherheit zu kennen. Eine kleine weiße Schaumkrone konnte auf ein verstecktes Riff hindeuten, der dunklere Fleck auf der Wasseroberfläche mochte eine Ansammlung von Wasserpflanzen auf einer unter der Oberfläche lauernden Felsspitze sein, deren scharfe Steine den Kiel wegreißen konnten wie die Schale von einer Orange.
    Schließlich sagte Tyrell: »Ich schätze, wir haben den verdammten Kerl verloren.«
    »Vielleicht.« Bolitho öffnete eine Schublade und entnahm ihr zwei lange Tonpfeifen. Er reichte eine davon Tyrell, griff nach dem Tabaksbeutel und fragte dann: »Ist die Fawn immer noch in Sicht?«
    Tyrell grinste. »Aber sicher. Ungefähr drei Meilen ostwärts.« Er stopfte den Tabak in seiner Pfeife fest und fügte hinzu: »Unser Ausguck glaubt, Brecher in Südwest zu sehen. Wenn das stimmt, müßte es die Mantilla-Untiefe sein.«
    Bolitho zündete an der herunterhängenden Laterne seine Pfeife an und ging dann ruhelos zu den Fenstern. In der Nähe der Fensterbank fühlte er, wie die Frischluft von draußen ihm kühlend über Gesicht und Brust strich. Wenn der Wind die Segel wieder zum Leben erweckte, war es wünschenswert, daß er wie vorher aus Südosten kam. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, um noch näher an diese tödlichen Untiefen getrieben zu werden. Sie mußten aber nahe genug daranbleiben, um mindestens drei Fahrrinnen beobachten zu können, während die Fawn weiter östlich patrouillierte. Seit sechs Wochen schon hatten sie mit der anderen Korvette nach einem großen Blockadebrecher gesucht. Das französische Schiff war von Martinique aus mit nördlichem Kurs gemeldet worden, wahrscheinlich wollte es zur feindlichen Marinebasis nach Newport auf Rhode Island. Eine solche Information von Spionen oder anderen, die es nur auf
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