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Die Entfuehrung der Wochentage

Die Entfuehrung der Wochentage

Titel: Die Entfuehrung der Wochentage
Autoren: Lena Kleine
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sich ihren Händen, mit einem harten Ruck wurden ihre Arme nach hinten gezogen. Ein Klicken erscholl und Sofia spürte kaltes Metall um ihre Handgelenke schnappen. Jetzt war sie gefangen!
    Sie weinte.
    Endlich stieg der Kerl von ihr herunter. Bis jetzt hatte er kein einziges Wort gesprochen und die Stille, die sich in dem Inneren des Wagens ausbreitete war unerträglich und wurde nur durch ihr eigenes Schluchzen unterbrochen.
    Sofia krümmte sich auf dem harten Boden zusammen. Sie hatte Angst. Schreckliche Angst. Niemand, der sich mit Marelando angelegt hatte, war je wieder aufgetaucht und jetzt blühte ihr das gleiche Schicksal.
    Nun, wo sie gefesselt und wehrlos gemacht worden war, schien sie keine Gefahr oder Bedeutung mehr darzustellen, denn man ließ sie auf dem Boden liegen. Keiner, der sie misshandelte oder bedrohte. Aber warum sollten die Männer sich auch die Hände schmutzig machen? Sie würden an einen ungestörten Ort fahren und dort würde man sie dann beseitigen. Bei dem grauenvollen Gedanken stiegen ihr wieder mehr Tränen in die Augen und befeuchteten ihre Haut unter der Maske.
    Wenn sie wenigsten etwas sehen könnte. Eine erneute Weinattacke ließ ihren Körper unkontrolliert zucken und sie schnappte nach Luft. Der Knebel erzeugte Erstickungsgefühle.
    Sie zuckte heftig zusammen, als eine große Hand auf ihre Schulter landete und sie unsanft schüttelte.
    »Mach hier nicht so ein Theater. Sei still oder es setzt was!«
    Sie erstarrte. Sie kannte die Stimme. Es war Leon gewesen, der sie so barsch angefahren hatte. Er war also auch im Wagen. Eher aus Überraschung als aus Gehorsam heraus, hörte sie für einen kurzen Moment wirklich auf, zu weinen.
    Aber ihre Emotionen waren stärker und obsiegten über sie. Die Tränen flossen weiter und sie konnte ein leises Schluchzen nicht unterdrücken, aber keiner bestrafte sie, wie sie anfänglich befürchtete. Leons Drohung hallte unangenehm in ihren Ohren wider, während sie versuchte, nur noch leise zu wimmern.
    Die Fahrt zog sich für ihr Zeitempfinden sehr lange hin. Erst ging es zügig – über eine Autobahn? -, danach kurvig und holprig weiter.
    Sofia wurde durchgerüttelt und ihr Körper rutschte auf der Ladefläche hin und her. Der dicke Wintermantel verhinderte fiese Abschürfungen, die sie wohl ansonsten davongetragen hätte. Aber diese Blessuren waren im Moment ihr kleinstes Problem.
    Sie lauschte. Der Motor ratterte gleichmäßig. Sie konnte nichts hören, was ihr Orientierung verschaffen könnte. Kein Wasser, keine Züge. Nichts, nur das Surren des Motors.
    Ihre Hände schmerzten und sie drehte ihren Oberkörper vorsichtig von der Bauch- auf die Seitenlage. Jetzt war der Zug auf ihre Gelenke nicht mehr ganz so unerträglich.
    Sie zerrte probeweise an den Handschellen, aber man hatte sie so fest angelegt, dass es illusorisch war, daraus zu entkommen. Sei denn in ihr schlummerte ein unentdecktes Entfesselungstalent. Menschen sollten ja in Extremlagen zu allem fähig sein.
    Sie biss die Zähne zusammen und startete einen weiteren Befreiungsversuch, aber außer, dass ihre Daumen empfindlich gequetscht wurden, passierte nichts. Es steckte also kein Houdini in ihr. Sie seufzte innerlich auf und unterdrückte weitere Tränen, da ihre Haut unter der Maske schon genug aufgeweicht war und brannte.
    Dann hielt der Wagen an. Ihr Herz machte einen gequälten Sprung und ihre Nackenhärchen stellten sich auf, als ein eisiger Lufthauch ihren Körper streifte.
    Sie wurde – von Leon ? – auf die Beine gezerrt und von der Ladefläche gehoben. Sie konnte den Schnee fühlen, der ihr über die Fußknöchel reichte. Es roch nach Hartz und Fichtennadeln.
    Ihr Kehlkopf zog sich zusammen. Sie konnte sich vorstellen, warum man sie in ein verlassenes Wäldchen gebracht hatte. Der Griff um ihren Oberarm wurde stärker, als sie sie daran riss. Aber nichts geschah weiter. Kein stieß sie auf den Boden, so wie sie es erwartet hatten. Im Gegenteil sie hörte den Motor des Wagens aufheulen und mit quietschenden Reifen davon brausen.
    Blind und stumm stand sie neben ihrem Entführer. Ob noch andere Gestalten anwesend waren, vermochte sie nicht zu sagen. Sie hörte nur die leisen Atemzüge des Kerls, der sie festhielt.
    Plötzlich tauchten neue Geräusche auf. Sie hörte, wie ein Wagen anrollte. War das Auto zurückgekehrt?
    Türen schlugen auf und eine Hand drückte sich in ihren Rücken und zwang sie vorwärts. Erschrocken sog Sofia die Luft ein, als sie gegen eine Kante
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