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Die Elfen

Die Elfen

Titel: Die Elfen
Autoren: Bernhard Hennen , James Sullivan
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dieser Kälte den Tod bedeuten konnte.
    Mandred sah verzweifelt auf seine Füße hinab. Erfroren und ohne jedes Gefühl, würden sie ihn nicht mehr warnen, wenn Geröll unter ihnen wegrutschte. Sie waren Verräter an ihm geworden, waren zum Feind übergelaufen, der verhindern wollte, dass er das Warnfeuer entzündete.
    Der Jarl lachte auf. Doch es lag kein Frohsinn in dem Gelächter. Seine Füße waren übergelaufen. Welch ein Unsinn! Er wurde langsam verrückt. Die Füße waren einfach nur totes Fleisch, so, wie schon bald der ganze Mann totes Fleisch sein würde. Wütend trat er gegen den großen Felsbrocken. Nichts! Als wären die Füße nicht da. Er konnte aber noch gehen! Das war nur eine Frage des Willens. Doch er musste sehr genau aufpassen, wohin er trat.
    Voller Sorge blickte er zurück. Der Manneber war auf das Schneefeld hinausgetreten. Er schien keine Eile zu haben. Wusste er, dass es nur diesen einen Weg zur Klippe hinauf gab? Mandred konnte ihm jetzt nicht mehr entkommen. Doch das hatte er ja auch nicht vorgehabt. Wenn er nur das Feuer entzünden könnte, dann wäre alles andere egal!
    Ein Geräusch ließ ihn aufschrecken. Die Bestie stieß ein tiefes Knurren aus. Mandred hatte das Gefühl, dass ihm der Manneber geradewegs in die Augen sah. Natürlich war das auf diese Entfernung unmöglich, und doch . Etwas streifte sein Herz wie ein kalter Luftzug.
    Der Jarl beschleunigte seine Schritte. Er musste seinen Vorsprung halten! Um das Feuer zu entfachen, würde er ein wenig Zeit brauchen. Sein Atem ging pfeifend. Wenn er ausatmete, war da ein leises Klirren, wie von Eiszapfen, die in hohen Tannenwipfeln aneinander schlugen, nur zarter. Der Kuss der Eisfee! Ein Märchen, das man den Kindern erzählte, fiel ihm ein. Es hieß, die Eisfee sei unsichtbar und wandere in Nächten, in denen es so kalt war, dass selbst das Licht der Sterne gefror, durch das Fjordland. Näherte sie sich, dann verschwand der dampfende Atem, und ein leises Klirren lag in der Luft. Kam sie so nahe, dass ihre Lippen das Antlitz eines Wanderers berührten, dann brachte ihr Kuss den Tod. War das der Grund, warum der Manneber sich nicht näher heranwagte?
    Wieder blickte Mandred zurück. Der Bestie schien es keine Mühe zu bereiten, sich durch den tiefen Schnee zu bewegen. Eigentlich hätte sie ihn viel schneller einholen müssen. Warum spielte sie mit ihm wie eine Katze mit der Maus?
    Mandred rutschte aus; sein Kopf schlug schwer gegen einen Felsbrocken, doch er fühlte keinen Schmerz. Mit den Fäustlingen fuhr er sich über die Stirn. Dunkles Blut troff von dem Leder. Ihm war schwindelig. Das hätte nicht passieren dürfen! Gehetzt blickte er zurück. Der Manneber war stehen geblieben, hatte den Kopf weit in den Nacken gelehnt und blickte zu ihm auf.
    Mandred schaffte es nicht mehr auf die Beine. Was war er nur für ein Narr. Zurückzublicken und dabei weiterzugehen!
    Mit aller Kraft versuchte er hochzukommen. Aber die halb erfrorenen Beine verweigerten ihm den Dienst. Er hätte einen großen Felsbrocken gebraucht, um sich emporzuziehen. Jetzt musste er kriechen. So eine Demütigung! Er, Mandred Torgridson, der berühmteste Kämpfer am Fjord, kroch vor seinem Feind davon! Sieben Männer hatte Mandred allein auf dem Kriegszug König Horsas im Zweikampf besiegt. Für jeden überwundenen Feind hatte er sich stolz einen Zopf geflochten. Und nun kroch er davon.
    Dies war eine andere Art Kampf, ermahnte er sich. Gegen dieses Ungeheuer konnte man nicht mit Waffen ankommen. Er hatte doch gesehen, wie Asmunds Pfeil von ihm abgeprallt war und wie seine Axt keine Wunde geschlagen hatte. Nein, dieser Kampf hatte andere Gesetze. Er würde siegen, wenn er es schaffte, das Feuer zu entfachen.
    Verzweifelt robbte Mandred auf den Ellenbogen voran. Langsam wich auch die Kraft aus seinen Armen. Aber der Gipfel war nicht mehr weit. Der Krieger blickte zu den stehenden Steinen auf; sie waren von hellen Schneemützen gekrönt, die sich gegen den grün schimmernden Himmel abzeichneten. Gleich hinter dem Steinkreis waren die Scheite für das Signalfeuer aufgeschichtet.
    Die Augen zusammengekniffen, kroch er weiter. Seine Gedanken galten nur noch seiner Frau. Er musste sie retten! Seine Kraft durfte nicht versiegen! Weiter, immer weiter!
    Blinzelnd öffnete er die Augen. Der Schnee war fort. Er lag auf blankem Felsen. Vor ihm erhob sich einer der Pfeiler des Steinkreises. Er zog sich an dem Stein hoch und kam schwankend zum Stehen. Weit würden ihn seine Beine
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