Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Elementare von Calderon

Die Elementare von Calderon

Titel: Die Elementare von Calderon
Autoren: Jim Butcher
Vom Netzwerk:
gemächlich dahinzustapfen, doch jeder seiner Schritte war so lang wie mehrere eines Menschen. Das große Tier mit seinen klauenartigen Füßen war ein regelrechter Meilenfresser, und unterwegs riss es Büsche aus, fraß Blätter von den Bäumen und sorgte dafür, dass seine Speckschicht noch dicker wurde. Wenn es nach dem buckeligen Garganten gegangen wäre, so würde er durch das dichte Unterholz ziehen und fressen, aber Fidelias führte ihn mit sicherer, ruhiger Hand, lenkte ihn die Straße entlang und lief in raschem Schritt nebenher.
    Ungefähr eine Meile weiter waren sie dem rebellischen Lager dann so nah, dass sie mit Wachposten rechnen mussten. Sie rief sich ihre Rolle ins Gedächtnis - eine gelangweilte Sklavin, die nach tagelanger Reise müde und schläfrig war -, aber mehr konnte sie nicht tun, um ihre Nervosität im Zaum zu halten und die Verspannungen in ihrem Nacken zu lindern. Und falls es sich bei der Legion nur um ein Gerücht handelte und sich ihre so sorgfältig geplante Erkundungsmission als teure Zeitverschwendung herausstellte? Würde der Erste Fürst sie dann mit Verachtung strafen? Und die anderen Kursoren? Es wäre ein armseliger Einstieg, wenn sie, die frisch von der Akademie kam, sofort einen solch kapitalen Bock schoss.
    Die Beklemmung nahm zu, legte sich wie Eisenbänder über Schultern und Rücken, und die Anspannung und die grelle Sonne verursachten ihr heftige Kopfschmerzen. Waren sie an der falschen Stelle abgebogen? Die alte Straße, der sie folgten, wirkte zu
ausgefahren für einen verlassenen Waldweg, trotzdem hatte sie sich vielleicht geirrt. Hätten sie nicht inzwischen längst den Rauch der Lagerfeuer sehen oder Lärm hören müssen, wenn sie tatsächlich so nahe waren, wie sie vermutete?
    Amara wollte sich gerade zu Fidelias hinabbeugen und ihn um Rat bitten, als keine zehn Schritte vor ihnen, wie aus dem Nichts, aus dem Schatten eines Baumes ein Mann in dunkler Tunika erschien, mit dunkler Hose und glänzender Rüstung, Brustpanzer und Helm. Er stand ohne Vorwarnung mitten auf der Straße, ohne dass eine Bewegung erkennbar gewesen wäre - ganz sicher mit Hilfe von Elementaren, und ganz gewiss verfügte er über ordentliche Holzkräfte. Der Mann war riesig, fast sieben Fuß groß, und trug eine schwere Klinge an der Hüfte. Er hob eine Hand, die in einem Handschuh steckte, und sagte gelangweilt und abweisend: »Halt!«
    Fidelias schnalzte dem Gargantenbullen zu und brachte das Tier nach einigen Schritten zum Stehen. Der Wagen quietschte und ächzte unter dem Gewicht des Erzes.
    »Guten Morgen, Herr«, rief Fidelias mit nervöser Stimme und versuchte, unterwürfig und fröhlich zugleich zu wirken. Der Kursor nahm den Hut vom Kopf und umklammerte ihn mit zitternden Händen. »Wie geht es dir an diesem wunderbaren Herbstmorgen?«
    »Du hast den falschen Weg erwischt«, sagte der dunkle Riese. Er sprach schwerfällig, fast verschlafen, legte jedoch die Hand auf den Griff seiner Waffe. »In dieser Gegend hat man nicht viel für Reisende übrig. Kehr um.«
    »Ja, Herr. Gewiss, Herr«, antwortete Fidelias. »Ich bin nur ein einfacher Händler, der hofft, für seine Ware einen Markt zu finden. Mir steht der Sinn nicht nach Ärger, guter Herr, das lohnt sich nicht für dieses hervorragende, wenn auch mir zur Unzeit in die Hände gefallene« - Fidelias verdrehte die Augen gen Himmel und zog einen Fuß durch den Staub auf dem Weg - »Eisen.« Er
bedachte den Riesen mit einem verschlagenen Lächeln. »Aber wie du wünschst, guter Herr. Ich werde wenden.«
    Der dunkle Mann trat vor. »Augenblick, Händler.«
    Fidelias sah ihn an. »Herr?«, fragte er. »Hast du vielleicht Interesse an einem Geschäft?«
    Der dunkle Mann zuckte mit den Schultern. Er stand ein, zwei Schritte vor Fidelias und fragte: »Wie viel Erz?«
    »Fast eine Tonne, guter Herr. Wie du siehst, ist mein armer Gargant vollkommen erschöpft von der Last.«
    Der Mann grunzte, beäugte das Tier und schaute dann hinauf zu Amara. »Wer ist das?«
    »Meine Sklavin, guter Herr«, antwortete Fidelias. In kriecherisch schmeichelndem Ton fügte er hinzu: »Sie steht zum Verkauf, wenn sie dir gefällt, Herr. Kann hart arbeiten, gut weben und kochen - und einem Mann unvergessliche Nächte bereiten. Zwei Löwen sind gewiss nicht zu viel verlangt für sie.«
    Sein Gegenüber schnaubte. »Deine harte Arbeiterin sitzt auf dem Gargant, während du gehen musst, Händler. Es wäre klüger, du würdest allein reisen.« Er rümpfte die Nase.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher