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Die Einsamkeit des Chamäleons

Die Einsamkeit des Chamäleons

Titel: Die Einsamkeit des Chamäleons
Autoren: Patricia Holland Moritz
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von Euro für wertlose Kopien ausgegeben hatte.
    Mark hatte einen abwertenden Blick auf ein paar vorbei eilende Fotografen geworfen, um sich dann sofort wieder der Rothaarigen zuzuwenden.
    â€ºÃœberschätzen Sie die ganze Sache nicht ein wenig?, fragte er und versuchte dabei, sich seine Aufregung nicht anmerken zu lassen.
    Mit einem Ruck wandte sie sich ihm zu und sah ihm direkt in die Augen. ›Wie bitte?‹
    Mark errötete bei ihrer heftigen Reaktion auf seine gedankenlos dahin gerotzte Frage.
    In einem bestimmten Ton, aber ohne jede Arroganz, wies die Rothaarige ihn zurecht.
    â€ºDas hier ist der größte Kunstfälscherskandal der Nachkriegszeit, sowohl was Umfang und Perfektion, als auch was die Vermarktung von Fälschungen betrifft. Und Sie glauben tatsächlich, das könne man überschätzen?‹
    â€ºDie Gemälde wurden ganz offensichtlich überschätzt.‹
    Mark freute sich selbst ein wenig darüber, wie gekonnt er diese Kurve genommen hatte.
    â€ºJa klar! Weil jeder Idiot ein Bild malen und nur ein Genie es verkaufen kann.‹
    Sie lehnte sich wieder an die Wand und schien weiter zu warten.
    Mark war fasziniert von ihrer unkomplizierten Art. Und nun stellte sie sich auch noch als klug heraus.
    â€ºIst nicht von mir‹, fügte sie hinzu, als habe sie seine Gedanken gelesen.
    â€ºMuss es auch nicht. Die Bilder waren ja auch nicht von Max Pechstein.‹
    An jenem Tag im Gericht war Mark als Zeuge befragt worden. Die Rothaarige schien nur Besucherin zu sein in dem Prozess, der öffentlich geführt wurde, und bei dem Sitzplätze den Wert von Goldstaub hatten. Die Verhandlung war gerade zu Ende gegangen, Mark wollte seinen Chef im Auto mitnehmen und hielt ungeduldig nach ihm Ausschau. Doch eigentlich wollte er alles andere als weg von hier. Er bot sich an, Kaffee zu holen. Die Rothaarige bedankte sich und versprach, auf dem Flur auf ihn zu warten. Er beeilte sich. Wusste, dass jede jetzt vertane Minute für ein behutsames Annähern an die Frau auf dem Flur für immer verloren wäre. Er lief zurück, zwei Kaffeebecher in der Hand, und stellte sich vor.
    â€ºMark. Mit k.‹
    â€ºWie Rebek… k… ka‹, war ihre Antwort.
    Sie stießen mit ihren Kaffeebechern an.
    â€ºWas treibt Sie hierher?‹
    â€ºPure Neugier.‹
    â€ºKunstfälscher ziehen die Massen doch eigentlich weniger an als Mörder.‹
    Rebekka schaute ihn herausfordernd an. ›Sie sind also ein Ermittler in dieser Sache?‹
    Dieser Moment gehörte zu jenen, in denen Mark wirklich stolz war auf seinen Beruf, der ihm in der Anfangsphase doch eher mitleidsvolle Blicke eingebracht hatte. Allerdings fiel ihm auf, dass das Interesse dieser Frau offensichtlich einen anderen Grund als seine Arbeit und ihre gefährlichen Momente hatte. Sie taxierte ihn wie einen potenziellen Angestellten. Vor allem aber schien sie ihn für einen gut aussehenden Mann zu halten und in ihm das zu sehen, was eigentlich unsichtbar und nur bei einer stimmigen Chemie zu erkennen war.
    Vom Ende des Flurs kam Nebel angetrabt, Marks Vorgesetzter, der auf eine Mitfahrgelegenheit hoffte. Mark nahm seinen ganzen Mut zusammen. Er hatte nichts zu verlieren.
    â€ºKann ich Sie wiedersehen? Dann erzähle ich Ihnen mehr von … meiner Arbeit. Wenn Sie das wollen.‹
    Ob sie ihn nun als charmant empfand oder sich nur für ihre eigenen Zwecke an seiner Arbeit interessierte, war ihm völlig egal, da sie in eine Verabredung einwilligte. Zu erwähnen, dass er verheiratet war, wäre albern gewesen. Dann hätte er gleich mit erwähnen müssen, dass er sie wahnsinnig gern ins Bett kriegen würde.
    Es wurde ein wunderbares Date. Sie wirkte weich, sinnlich, absolut anziehend auf ihn. Vom ersten Moment jenes Abends an war ihm klar, dass sie ihn begehrte wie er sie und ihm keine Sekunde länger würde widerstehen können.
    Sie verließen das Bocca di Bacco in der Friedrichstraße, liefen zielstrebig durch die schlendernde Touristenmasse hindurch zu seinem Wagen, den er in der Mohrenstraße geparkt hatte und nun mit einem Knöllchen versehen wiederfand. Den Nachteil, das dann gegenüber seiner Frau erklären zu müssen, ignorierte er in jenem magischen Moment, als er den Papierschnipsel wegwarf und Rebekka die Tür aufhielt. Wie in einer abgeschirmten Kapsel saßen sie eng aneinander gedrückt, Mark drehte nur hin und wieder locker
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