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Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)

Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)
Autoren: Andrea Gunschera
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Auftrag geben.“
    Henryk wischte sich eine Locke aus der Stirn.  
    „Geld ist übrigens nicht das Thema.“ Verhoeven lächelte. „Ihr ist klar, dass das aufwändig ist. Vor allem, wenn sie Qualität will. Sie erwartet, dass man die Bilder von einem echten Werk nicht unterscheiden kann.“
    Unbehagen verdichtete sich zu leiser Übelkeit. „Ich bin aber kein Kunstfälscher.“
    „Ich würde einen Vorschuss heraushandeln.“ Verhoevens Stimme nahm einen schmeichelnden Ton an. „Sie müssen doch schon mal darüber nachgedacht haben. Wenn ich Geld sage, dann meine ich richtig viel Geld. Sie könnten auf einen Schlag aus diesem Loch raus“, er holte mit dem Arm aus, „und bräuchten nie mehr die Heizung abzustellen.“
    „Wer ist diese Interessentin?“, hörte Henryk sich fragen.
    „Martha Haussen. Der Name sagt Ihnen nichts?“
    Henryk schüttelte den Kopf.
    „Sollte es aber. Wenn Sie sich nicht so hartnäckig von der Welt abkapseln würden, hätten Sie von ihr gehört.“
    Er reagierte nicht auf die kleine Provokation.
    „Sie ist eine private Sammlerin. Das Geld kommt aus ihrer Anwaltskanzlei. Die sind spezialisiert auf europäisches Recht.“
    „Und die Bilder will sie für ihre Sammlung?“
    Verhoeven zündete sich eine neue Zigarette an. „Alles kein Problem. Sie will sie einfach nur an ihre Wände hängen, und ein bisschen damit angeben. Nur für den Privatgebrauch.“
    Henryk starrte an Verhoeven vorbei zur Tür mit der abgeblätterten Lackierung. Es stimmte, was Verhoeven sagte. Er war gut im Fälschen alter Meister. Vor allem mit den flämischen Malern. Im Laufe der Jahre hatte er ein Dutzend Werke kopiert, einige Vermeers, zwei Rembrandt-Porträts, ein paar Stillleben von Brueghel dem Älteren, und dabei seine Technik weiter perfektioniert. Bei den letzten Bildern hatte er begonnen, authentische Materialien einzusetzen. Das Mädchen mit dem roten Hut war mit Dachshaarpinseln gemalt, wie das Original. Henryk hatte sich Farbpigmente und Öle besorgt, wie sie zur Entstehungszeit des Gemäldes Verwendung gefunden hatten. Ein teures Hobby, hatte Lauwaert gesagt, mit einer Spur Bewunderung in der Stimme.
    Henryk schloss für einen Herzschlag die Augen. Er tat das nur für sich selbst. Die Kopien waren nicht verkäuflich. Viel zu glattes Parkett. Zu gefährlich. Die Bilder trugen seine eigene Signatur, nicht die von Rembrandt oder Vermeer. Außerdem sah man ihnen an, dass sie erst in jüngster Zeit gemalt worden waren.
    Das Mädchen mit dem roten Hut allerdings war perfekt. Kurz fragte er sich, in einem Anflug von Stolz, ob Verhoeven die feinen Risse in der Farbschicht bemerkt hatte, die denen des Originals glichen. „Welches Bild soll ich kopieren?“
    „Keine Kopien im herkömmlichen Sinne. Wie ich schon sagte. Sie will einen eigenen Vermeer.“
     „Nein.“ Henryk stieß sich von der Tischkante ab. „Nein, vergessen Sie’s. Oder warten Sie, sie kann es haben, aber dann signiere ich das sicher nicht als Vermeer van Delft.“
    „Das wird aber Teil des Deals sein.“
    „Ich bin nicht verrückt. Ich mache das nicht.“
    „Achtzigtausend Euro, steuerfrei.“
    „Was?“
    „Wir machen das ohne Rechnung.“ Verhoeven stand von seinem Stuhl auf. „Ich kann Ihnen die Leinwände besorgen.“
    „Welche Leinwände?“
    „Originalleinwände, siebzehntes Jahrhundert. Altarbilder aus einer Dorfkapelle, ich weiß schon, wo ich die herkriege. Kommen Sie, das muss Sie doch reizen.“
    „Das ist viel Geld dafür, dass diese Martha Haussen einfach nur ein bisschen angeben will.“
    Der Galerist hob die Hände in einer beschwichtigenden Geste. „Ich habe von teureren Hobbys gehört. Das Geld tut ihr nicht weh. Also freuen wir uns darüber und gönnen ihr die kleine Schrulligkeit.“
    Henryk starrte ihn an. Dieser Auftrag löste so viele Probleme. Verhoeven hatte Recht. Aber Verhoeven war auch nicht derjenige, den sie als Kunstfälscher hochnehmen würden, wenn sich Martha Haussen eines Tages entschied, die Kopien zu veräußern. Und dabei vergaß zu erwähnen, dass es sich um Fälschungen handelte.
    Verhoeven gab den Blick zurück. In seinen Augen lag ein halbes Lächeln.
    „Ich muss darüber schlafen“, sagte Henryk.
    Verhoeven nickte. Sein Lächeln vertiefte sich.
    Henryk erwiderte es nicht. Beklommenheit verengte ihm die Kehle. Dabei wusste er bereits, wie seine Entscheidung ausfallen würde. Er war der Künstler, er führte einen Auftrag aus. Was ging es ihn an, was andere mit dem Werk anstellten? Er
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