Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)

Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)

Titel: Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)
Autoren: Stefanie Mohr
Vom Netzwerk:
möchte mich auch noch kurz mit Ihnen unterhalten,
sobald ich hier fertig bin.«
    Wortlos drehten sich die
Streifenpolizisten um und schritten dem Mann voraus zurück zu den abgestellten
Wagen. Hackenholt seufzte und überquerte die Lichtung, an deren Ende Christine
Mur bereits auf ihn wartete.
    »Reizende Bürschchen, nicht
wahr?«, fragte sie statt einer Begrüßung. Mit zusammengekniffenen Augen blickte
sie den entschwindenden Rücken der Streifenkollegen nach. »Haben den Mann
mitsamt seinem Hund hier neben der Leiche alleine herumstehen lassen, während
sie im Auto gesessen sind und auf uns gewartet haben. Aber denen habe ich es
heimgezahlt.« Ein schiefes Lächeln umspielte ihre Lippen. »Ich habe sie unsere
gesamten Ausrüstungskoffer zum Fundort der Leiche schleppen lassen. Einen nach
dem anderen. Und immer, wenn sie geglaubt haben, fertig zu sein, habe ich sie
mit einem Koffer zurückgeschickt und dafür einen anderen holen lassen.«
    Hackenholt seufzte erneut. Die
Kollegen als Laufburschen zu missbrauchen, war auch nicht gerade die feine
englische Art. Vielleicht würde er sich doch nicht über die Beamten beschweren.
Als ahnte Mur seine Gedanken, machte sie eine wegwerfende Handbewegung. »Ich
frage mich manchmal wirklich, was die heutzutage überhaupt noch auf der
Polizeischule lernen! Aber mal ganz abgesehen davon, man braucht sich nicht zu
wundern, wie wenig sie dazulernen, wenn man sie mit den unwilligsten Kollegen
als Bärenführer losschickt.«
    Hackenholt wurde ihres Monologs
überdrüssig. »Was ist eigentlich Sache?«, fragte er.
    Mur musterte ihn einen Moment lang mürrisch, dann entspannten sich ihre Gesichtszüge wieder. »Du hast ja
recht«, murmelte sie, wandte sich um und ging ein paar Schritte in den Wald.
»Ich bin froh, dass du hergekommen bist«, sagte sie über ihre Schulter.
»Inzwischen habe ich nämlich ein paar Ungereimtheiten festgestellt.«
    Sie ging neben dem Leichnam in
die Hocke. Der Tote lag bäuchlings, der Länge nach ausgestreckt, im Laub des
vergangenen Herbsts, das sich in einer grabenförmigen Senke im Waldboden
angesammelt hatte. Von seinem Gesicht war nur wenig zu erkennen. Was nicht
durch das strähnig herabhängende Haar verdeckt wurde, verbargen die Blätter. An
der ausgestreckt daliegenden Hand erkannte Hackenholt, dass die Waldtiere den
Toten schon geraume Zeit vor dem Spaziergänger entdeckt hatten.
    »Wie lange liegt er schon hier?«
    Mur zuckte mit den Schultern.
»Wir warten noch auf den Gerichtsmediziner. Und bevor du fragst, wer kommt: Natürlich hat Dr. Puellen heute mal wieder Bereitschaft. Allmählich hätte ich
schon gerne gewusst, ob er auch irgendwann mal frei hat. Na ja, vielleicht
verirrt er sich ja im Wald, und wir sehen ihn nie wieder«, murmelte sie
hoffnungsvoll.
    »Christine!« Hackenholt klang
ungeduldig. Zwar wusste er, wie wenig sie den Mediziner mochte, doch was sie
gerade von sich gegeben hatte, ging eindeutig zu weit.
    »Ist ja schon gut.« Sie holte
tief Luft. »Wie du selbst siehst, ist das keine frische Leiche. Wahrscheinlich
liegt er schon ein paar Tage. Vielleicht eine Woche? Keine Ahnung, ich bin kein
Experte. Aber dem Grad der Fäulnis nach zu urteilen, muss der Tod schon vor
einer Weile eingetreten sein. Es haben sich bereits Ödeme gebildet. Und das,
obwohl es nur die letzten drei Tage warm war.« Sie wies mit ihren behandschuhten
Fingern auf die Hand des Toten, auf der eine große Blase zu sehen war. »Komm da
bloß nicht ran, wenn die aufplatzt, stinkt es gewaltig. Wir können wirklich
froh sein, dass er hier im Wald liegt.« Behutsam strich Mur dem Toten ein paar
Haarsträhnen aus dem Gesicht, sodass eine Wunde in Höhe des Haaransatzes
oberhalb der rechten Schläfe sichtbar wurde.
    »Und welche Ungereimtheiten sind
dir aufgefallen?«, fragte Hackenholt.
    »Er hat nichts bei sich. Gar
nichts. Keine Ausweispapiere, kein Geld, keine Zigaretten. Die Taschen von
seinem Jackett sind leer, und das übliche Sammelsurium von Plastiktüten haben
wir auch nirgendwo gefunden.«
    »Könnten sich nicht vielleicht
irgendwelche Tiere über die Tüten hergemacht haben?«
    »Möglich, aber meiner Meinung
nach eher unwahrscheinlich. Ein Sandler besitzt mehr als nur eine Tasche. Ich
glaube nicht, dass in allen etwas Essbares war und sich irgendwelches Getier
darüber hergemacht hat. Außerdem erklärt das nicht, warum er nichts in seinen
Kleidertaschen hat. Zumindest ein paar Centstücke oder ein Streichholzheftchen
hätte ich erwartet. Du
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher