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Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)

Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)

Titel: Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)
Autoren: Stefanie Mohr
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Der
Mischwald war an dieser Stelle dicht gewachsen, sodass das Licht schummrig
wurde, obwohl über den Wipfeln die Sonne von einem tiefblauen Himmel lachte.
Hackenholt schaltete das Licht seines Autos ein. Endlich, auch wenn es objektiv
nur wenige Minuten gewesen sein konnten, endete der Teerweg, und der
Hauptkommissar erreichte eine Schneise im Wald, in der die
Hochspannungsleitungen zum Umspannwerk in Rehhof verliefen, dann ging es wieder
in den Wald. Hackenholt war schon an zwei Wegkreuzungen vorbeigekommen, bevor
er an der nächsten den lang erwarteten Streifenwagen und die Fahrzeuge der
Spurensicherung erblickte. Er parkte und stieg aus. Hatte er erwartet, die
beiden im Streifenwagen sitzenden uniformierten Kollegen würden es ihm
gleichtun, wurde er enttäuscht. Der Beifahrer ließ lediglich das Fenster
hinunter und wies Hackenholt nach einer äußerst knappen Begrüßung an, immer
geradeaus in das Dickicht zu gehen. Nach rund hundert Metern würde er an den
Ort kommen, an dem der Spaziergänger die Leiche gefunden hatte.
    »Und wer kümmert sich um den
Mann?«, fragte Hackenholt irritiert. Das lethargische Verhalten des Kollegen
ärgerte ihn.
    Der junge Streifenbeamte zuckte
nur mit den Schultern. »Ich nehme an, die von der Spurensicherung.«
    »Ich meine nicht den Toten,
sondern den Spaziergänger! Wer kümmert sich um den? Das ist wohl kaum Aufgabe
der Spurensicherung!«, fauchte Hackenholt. »Vielleicht hätten Sie jetzt endlich
die Güte auszusteigen, Herr Kollege, und mich zum Fundort zu bringen. Und Sie«,
wandte er sich an den im Fahrersitz lümmelnden zweiten Beamten, »kümmern sich
schleunigst um den Zeugen, den Sie bislang so sträflich vernachlässigt haben!«
    Unbewusst war er dazu
übergegangen, die Kollegen zu siezen. Nun trat er einen Schritt vom Auto zurück
und sah die beiden auffordernd an, weshalb ihm auch nicht der vielsagende Blick
entging, den sie sich gegenseitig zuwarfen, wobei der Jüngere entnervt die
Augen verdrehte. Hackenholt beschloss, es dieses Mal nicht auf sich beruhen zu
lassen, sondern eine offizielle Beschwerde zu schreiben. Immer wieder gab es
mit den Kollegen von der PI Ost
Probleme. Stand die PI West im
Ruf, äußerst gewissenhaft und exakt zu arbeiten, stand die PI Ost im genau gegenteiligen. Nein, das
stimmte so nun auch wieder nicht. Er durfte nicht anfangen zu verallgemeinern.
Es gab nur ein paar einzelne Beamte, die immer wieder Sand ins Getriebe
streuten und damit ihre gesamte Dienststelle, wenn nicht sogar den
Polizeiapparat als solchen, in Misskredit brachten. Ein paar wenige, die die
ganze gute Arbeit und die Bemühungen aller anderen Kollegen mit einem Schlag
zunichtemachten, da sich das menschliche Gehirn in der Regel lieber an Pannen
erinnert als an die Fälle, in denen alles glattgelaufen ist.
    Hackenholt ließ den Kollegen den
Vortritt. Obwohl sich mittlerweile vom häufigen Hin- und Herlaufen so etwas wie
ein schmaler Trampelpfad gebildet hatte, war das Gestrüpp am Waldboden dicht.
Die Streifenbeamten hatten ihre dicken Lederhandschuhe angezogen, um sich vor
Kratzern an den Händen zu schützen. Immer wieder verfingen sich die spitzen
Dornen von wild wuchernden Brombeerranken in den Hosenbeinen der Männer. Ein
paarmal mussten sie auch über umgestürzte Baumstämme steigen, die noch vom
letzten Sturm herumlagen. Hackenholt fragte sich, was wohl ein Obdachloser in
dieser unwirtlichen Gegend gesucht haben mochte. Er hing dem Gedanken noch
nach, als sie plötzlich eine kleine Lichtung betraten, auf der auf einem
umgestürzten Baumstamm ein grauhaariger Mann saß, das hagere Gesicht Richtung
Sonne gewandt. Zu seinen Füßen lag ein angeleinter Schäferhund, der aufsprang,
als sich die Beamten näherten.
    »Sie sind von der
Mordkommission?«, fragte der Rentner sichtlich verwirrt, nachdem der ältere der
beiden Uniformierten Hackenholt vorgestellt hatte. »Ja, ist der Mann denn
ermordet worden?« Unwillkürlich drehte er sich um und sah in die Richtung, in
der hinter einigen Baumstämmen die Kollegen von der Spurensicherung in ihren
weißen Overalls zu erkennen waren.
    »Nein, nein«, wiegelte
Hackenholt schnell ab, »unsere Dienststelle heißt eigentlich Tote und Vermisste. Nur im Volksmund werden wir
Mordkommission genannt.« Den bohrenden Blick ignorierend, den ihm der
Streifenpolizist zuwarf, fuhr der Kriminalist fort: »Wären Sie jetzt so nett,
die Kollegen zu ihrem Fahrzeug zu begleiten? Sie würden gerne Ihre Aussage zu
Protokoll nehmen. Und ich
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