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Die dunkle Göttin

Die dunkle Göttin

Titel: Die dunkle Göttin
Autoren: Wolfgang David; Thon Weber
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verwirrend geflochtenen schwarzen Haares und dem wundervollen Diadem auf ihrem Haupt strahlte sie etwas aus, das jedes Lebewesen abgestoßen und geängstigt hätte. Etwas, das von geschändeten Krypten und der Macht der Verderbnis wisperte. Als sie den Kopf drehte und den Neuankömmling musterte, sah er das hellgrüne, widerliche Leuchten in ihren Augen, glänzend wie poliertes Eis. Ihre Pupillen schienen darin wie schwarze Totenschädel zu schwimmen. Sie musterte den Reiter mit einer kalten, unbeseelten Gleichgültigkeit – und er hob den Kopf. Seine Augen leuchteten etwas schwächer als die ihren, und er blähte die Nasenflügel auf, als er den Hauch des Todes begierig in sich aufsog. Es stank nach vermodertem, verfaultem Fleisch, das
aus einem Grab auferstanden sein mochte. Der Geruch hüllte ihn ein wie ein Parfum der Verderbnis.
    Doch sie war nicht allein mit diesen wolfsähnlichen Kreaturen. Vier andere Menschen – jedenfalls schienen sie so menschlich wie der Reiter – standen zwischen diesen Kreaturen. Und hinter ihr zeichnete sich eine Herde von anderen Gestalten ab, die undeutlich waberten. Selbst mit seinem unfassbar scharfen Sehvermögen vermochte der Reiter sie nicht genau zu erkennen. Es könnten Pferde sein, riesige Pferde, die mit hängenden Köpfen und zerzausten Mähnen dastanden wie eine Armee aus Sklaven.
    » Endlich bist du da, Jerghar« , sagte sie. Gehorsam neigte er den Kopf. Das Strahlen seiner Augen dämpfte sich noch weiter, als es sich ihrer überlegenen Macht beugte.
    »Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte, Milady«, bemerkte er unterwürfig.
    »Das weiß Ich … und nur deshalb und weil du gerade noch rechtzeitig gekommen bist, darfst du Mir trotz deiner Langsamkeit weiter dienen.«
    Jerghar verbeugte sich noch tiefer und antwortete nicht. Doch er spürte, wie sich der Pulsschlag seines Körpers erhöhte.
    »Ich existiere, um zu gehorchen, Milady«, erwiderte er schließlich.
    » Genau das tust du«, stimmte sie ihm zu. »Um zu gehorchen und zu füttern … oder verfüttert zu werden. Nun komm, geselle dich zu deinen Brüdern und Schwestern.«
    Jerghar gehorchte und ging durch die Reihen der Shardohns wie ein Mann, der durch einen hüfttiefen Sumpf watet. Die Kreaturen machten ihm lautlos Platz und starrten ihn mit diesen glühenden Augen an, deren Blicke voller Hass, Furcht und Gier waren. Er ging an ihnen vorbei und trat zu den anderen Sklaven, die einst Menschen gewesen waren und hier nun um seine Herrin herumstanden.
    » Die Falle ist zwar zugeschnappt «, erklärte sie ihnen, »doch
sie hat nicht Tellian erwischt, sondern diesen verfluchten Hradani Bahzell und seine Gefährten.«
    Eine Empfindung durchrieselte ihre untoten Sklaven. An einem anderen Ort und zu einer anderen Zeit hätte man es vielleicht Unbehagen genannt, aber nur ein Narr hätte es gewagt, ein solches Gefühl in Gegenwart dieser Herrin zu zeigen.
    » Das war zwar nicht das, was Wir Uns erwünscht haben, aber es wird Unseren Zwecken dennoch dienlich sein «, fuhr sie fort. »Brandarks Tod ist mehr wert als der von Tellian, und Bahzells Tod wiegt weit schwerer als die Vernichtung des gesamten Königreiches der Sothôii.«
    Jerghar versteifte sich. Er wusste zwar, dass seine Herrin und ihre Verbündeten entschlossen waren, Bahzell, Brandark und Tellian zu vernichten, doch war ihm nicht klar, aus welchem Grund. Ebenso wenig verstand er, warum der Tod eines einzelnen Hradani, selbst wenn es sich dabei um den Sohn von Prinz Bahnak von Hurgrum handelte, und der darüber hinaus auch ein Paladin des Tomanâk war, so entscheidend für den Triumph der Dunklen sein konnte.
    »Mir ist klar, dass euch die Aussicht, es mit einem Paladin Meines niemals zur Genüge verfluchten Onkels aufzunehmen, Furcht einflößt«, fuhr sie fort. Jerghar staunte, denn es entsprach nicht Ihrer Art, sich mit etwas so Unbedeutendem wie ihren Ängsten oder Hoffnungen aufzuhalten. »Das ist auch recht und billig, denn von all Unseren Feinden ist er – nach Orr – der Mächtigste, und der bei weitem Gnadenloseste. Doch seine Überheblichkeit wird seinen Paladinen zum Untergang gereichen, so wie sie auch dereinst seinen eigenen herbeiführen mag. Er sendet sie allein oder zu zweit aus, prahlt mit ihrer ›Stärke‹ und ihrem ›Mut‹. Und hält sich zurück, wie sein kostbarer Pakt es verlangt, beschränkt seine Macht nur auf das Wenige, das er durch sie fließen lassen kann. Das macht vielleicht jeden seiner Paladine mächtiger und gefährlicher als
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