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Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle
Autoren: Bianka Minte-König
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vermutete, erklärte ich es mit dem Backfischalter.
    »Er ist in dich verliebt, und wenn du ihn nicht erhören willst, was ich verstehe, dann sollte man allzu viel Nähe vermeiden, um ihm und dir Kummer zu ersparen.«
    Sie nickte stumm und ging dann zurück in ihr Zimmer, das sie erst am übernächsten Tag wieder verließ, weil sie, trotz meiner vielen Worte bis in Innerste aufgewühlt, tief und heftig um ihr Kaninchen trauerte.

    Zwei Monate lebte Friedrich bereits auf Blankensee, als er mich eines Abends bat ihn zu töten.
    »Mein Leben ist mir und euch nur noch eine Last, Estelle. Ich werde nie mehr sehen können und dennoch lassen mich die Bilder in meinem Inneren nicht zur Ruhe kommen. Überall sehe ich zerfressene Gesichter, zerschlagene Knochen und gesprengte Körper, die ihre Lebenssäfte über die Äcker der Ehre verströmen. Aufspritzende Erde der Krater, welche die Granaten schlagen, die wie Vulkanasche auf die Kameraden niedergeht und sie so schnell erstickt, dass unsere bloßen Hände, die in fliegender Eile nach ihnen graben, nur noch tote Körper bergen. Verkrümmt mit Mündern, die uns stumm entgegenschreien: Warum denn ich? Der Schmerz, der mich inwendig zerreißt, ist so groß, dass er das Glück, deine und Amandas Nähe und Anteilnahme zu spüren, mit seinen schwarzen Schwingen bedeckt und tötet. Es kann nicht für den Rest meines Lebens so weitergehen.«
    Ich versuchte ihm diese grässliche Idee auszureden,führte all die anderen Kriegsopfer an, die sich doch auch wieder in ihrem Leben einrichteten, aber er wollte nicht mehr.
    »Alles würde mein und euer Leiden nur unnötig verlängern«, blieb er bei seiner Meinung, dass es nur noch einen Weg für ihn zu gehen galt, den in den Freitod.
    »Wenn du den Mut nicht hast, Estelle, so muss ich es selber tun. Nur um eins möchte ich dich bitten, geleite mich heute Nacht hinunter an den See, alles andere erledige ich allein.«
    Ich wies sein Ansinnen, obwohl ich ihn verstehen konnte, weit von mir.
    »Friedrich, das kann ich nicht! Du bist mir zu wertvoll, als dass ich auf dich verzichten könnte, und so kann ich dir nicht helfen deinen grässlichen Plan umzusetzen.«
    »Du enttäuschst mich, Estelle. Aber sorge dich nicht, ich werde Helfer finden.«
    Und weil er so fest entschlossen schien, gab es nur eine Möglichkeit, Friedrich zu retten. Ich musste ihn unsterblich machen.
    In der Nacht setzte ich mich an sein Bett und weihte ihn nun doch in mein intimstes Geheimnis ein. Ich erzählte ihm mein ganzes Leben und was ich mit Amadeus in der Stunde von Amandas Geburt getan hatte.
    »Es ist die einzige Möglichkeit, dir deine Gesundheit zurückzugeben, Friedrich, aber es wird dich zu einem Vampir machen, für alle Ewigkeit. Ich will dich nicht verlieren und es hat mich schon lange verlangt, dich zu beißen, doch ich liebte dich zu sehr, um dir mein Schicksal anzutun. Nun bleibt uns keine Wahl, und nachdem ich gezwungen war, Amadeus zum Vampir zu machen und auch Amanda sich zu einer Vampirin zu entwickeln scheint, ist alles anders,und es wäre für uns alle ein großes Glück, dich in unseren Kreis aufnehmen zu dürfen, Friedrich.«
    Ich hatte nicht ohne Grund lange gezögert, denn nicht nur musste ich Friedrich mit der Tatsache konfrontieren, dass ich nicht seine geliebte Schwester Estelle war, sondern bloß ihren Körper benutzte, sie aber in den Karpaten Opfer des Experiments ihres Vaters geworden war, nein, ich musste ihm auch erklären, warum ich, wenn ich schon nicht seine Schwester war, seine Liebe verschmäht und mich Amadeus zugewandt hatte. Genau diese Fragen stellte er mir nun. Wir sprachen lange und es fiel mir nicht leicht, all das zu erklären, was nicht erklärbar war. Warum es mich in der liebenden Umarmung mit ihm unersättlich nach seinem Blut verlangt hatte, während ich dieser Gier in der Liebe zu Amadeus hatte entsagen können.
    »Es ist, was es ist«, sagte ich schließlich leise. »Liebe ist Leben oder Sterben füreinander. Dich hätte meine Liebe getötet, Amadeus ließ sie leben. Darum weiß ich, dass ich mich richtig entschieden habe damals. Meine Liebe zu dir ist eine andere gewesen, nicht die von Mann und Frau, die Leben schafft. Sie war dunkel, verboten und lüstern, egal ob wir wirklich Geschwister waren oder nicht. Ich konnte mich in ihr nicht zügeln und das hätte unweigerlich deinen Tod bedeutet. Und weil ich so wenig wie du erklären kann, warum es so war, müssen wir es wohl akzeptieren.«
    Friedrich schwieg lange und ich
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