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Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle

Titel: Die dunkle Chronik der Vanderborgs - Estelle
Autoren: Bianka Minte-König
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konnte mich so grausam in eine Situation werfen, der ich durch das Erleiden der Folter und die Opferung meines Lebens gerade entkommen zu sein glaubte.
    Hätte ich nicht in den Körper eines unschuldigen Dorfmädchens fahren können? Musste es die Buhlschaft des Landgrafen sein, während sie ihn auf seinem Lager beglückte? Das war teuflisch und zutiefst verzweifelt bäumte ich mich dagegen auf.
    Noch ehe der Graf zum Ziele kam, stieß ich ihn mit schier übermenschlicher Kraft von mir, griff nach einem schweren, neben dem Bett stehenden Leuchter und schlug damit auf seinen verhassten Schädel ein.
    Er war im Rausch, stank nach süßem Wein und am Spieß geröstetem Schwein und sank ohne Gegenwehr, nur mit einem überraschten Ausdruck in den aufgerissenen Augen, auf das mit kostbaren orientalischen Stoffen bedeckte Lager.
    Sein Körper war schwarz behaart wie der des Teufels und sein mächtiger Phallus ragte unbefriedigt auf wie eine zum Wurf bereite Lanze.
    Ich war von Sinnen, als ich einen der Krummsäbel ergriff, die gekreuzt über dem Kamin hingen, und ihn damit entmannte.
    Das Blut schoss einer Fontäne gleich hervor und besudelte mich. Vor Ekel schreiend ließ ich den Säbel fallen, der in meinen Händen nach dem wohlplatzierten Hieb brannte wie glühendes Eisen.
    Gehetzt wandte ich mich zur Flucht, da f iel mein Blick in einen mit Ebenholz gerahmten, raumhohen Spiegel und begegnete einer fremden, rothaarigen, nackten Hexe mit drallen Brüsten und prallen Körperformen, die mich ausschreckgeweiteten grünen Augen anstarrte, ihren Mund aufgerissen in einem nicht enden wollenden Schrei. Hände und Körper waren blutverschmiert, und es dauerte, bis ich begriff, dass ich mich selber sah.
    Eleonore, die Vampirin, verdammt zu einem Dasein im Körper der Buhlschaft des Grafen von Przytulek, bis mein Fluch erfüllt und auch der Letzte seiner Nachfahren durch meine Hand gerichtet war.
    Doch damals begriff ich wohl kaum, was das bedeutete, und ich bezweifle, dass mir auch nur annähernd die Dimensionen meines Fluches bewusst waren.
    Ich lebte still und harmlos, war ein schlichtes Dorfmädchen, christlich und fromm, und wenn man mich schlug, hielt ich die andere Wange hin. Statt Rache lebte ich Vergebung und nun stand ich besudelt mit dem Blut des Grafen von Przytulek an seiner fürstlichen Lagerstatt, die durch mich zur Richtstätte geworden war.
    Verstört kehrte ich meinem schockierenden Spiegelbild den Rücken, als sich hinter mir der Landgraf rührte. Stöhnend und einem Gespenst ähnelnd richtete er sich noch einmal auf. Es war dies der Moment, in dem ich zum ersten Mal den süßen Geschmack der Rache kostete. Alle Panik f iel von mir ab und eine seltsam kalte Ruhe breitete sich in meinem Inneren aus.
    Ich trat zu ihm und betrachtete ohne jeden Ekel und ohne jegliche Rührung, nur mit einem sezierenden Blick und tiefster Zufriedenheit seinen nackten, verstümmelten Leib auf den blutbesudelten Laken.
    Dann sagte ich ihm meinen Namen und wünschte ihm, bevor sein Auge brach, eine gute Fahrt zur Hölle!
    Noch ehe das Leben gänzlich seinen Körper verließ, biss ich ihm mit plötzlich unter lustvollen Schmerzen spitz aus meinem Kiefer wachsenden Reißzähnen in die Schlagader an seinemHals. Getrieben von einer unerklärlichen, mir selber ekelhaften Gier sättigte ich mich an seinem noch frischen Blute, und mit jedem Schluck fühlte ich, wie eine unbekannte Kraft in mich hineinfloss, die nicht nur meinen Körper stärkte, sondern auch meine Seele bereit machte für ein Dasein in Düsternis.
    Ich säuberte wie in Trance mit einem Laken, so gut es eben ging, meinen blutbesudelten Leib, während sich die Mordwerkzeuge in meinem Kiefer wieder zurückzogen. Dann kleidete ich mich in die Gewänder der Buhlschaft und verließ auf heimlichem Wege die Burg. Als ich in die Wälder hinauseilte, hasste ich mich für das, was ich getan hatte, und wusste doch zugleich, dass es von nun an meine Bestimmung war, der ich nicht entkommen konnte, bis auch der Letzte aus dem Geschlecht derer von Przytulek durch mich sein Ende gefunden hatte.
    Mein ist die Rache, redet Gott!
    Doch als das weiche, feuchte Moos des Waldes meine nackten Füße benetzte, fragte ich mich, ob es nicht eher der Teufel war, der hinter diesen Worten stand?

    Vielleicht waren es diese schrecklichen Bilder aus Eleonores Erinnerung, die in mir eine plötzliche heftige Übelkeit auslösten? Vielleicht war diese aber auch nur eine Begleiterscheinung des durch den
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