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Die duale Metropole

Die duale Metropole

Titel: Die duale Metropole
Autoren: Uwe Anton
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Stein gemeißelt. Nicht die geringste Regung war ihm zu entnehmen.
    Der Verteidigungsminister ahnte, wieso sein alter Freund und Weggenosse unvermittelt bei ihm aufgetaucht war. Weil er es kaum mehr ertragen konnte, das Geschehen allein zu verfolgen.
    Bull erging es ganz ähnlich. Die Gegenwart des anderen Unsterblichen, eines Mitstreiters aus den Anfangszeiten der Dritten Macht, bot ihm einen gewissen Trost, das Gefühl, nicht ganz allein zu sein. Wenn sie schon sterben mussten ...
    Der Verteidigungsminister zwang sich, nicht an Fran zu denken. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, sie zu sich zu rufen, und würde es demnächst auch tun. Aber erst wenn der Kristallschirm brach. Dann blieben ihnen nur noch wenige Minuten, die sie zusammen verbringen konnten.
    Bis dahin ... Er ertrug es nicht, seiner Frau die absolute Machtlosigkeit einzugestehen, die er im Augenblick verspürte. Später, ja, wenn es zu Ende ging, aber jetzt ...
    Adams räusperte sich beklommen, hob den Kopf und sah ihn an. Er sagte noch immer nichts, doch sein Blick sprach Bände.
    Wie kann das nur sein? Warum, Reginald? Kannst du es mir erklären? Die Retroversion von Hangay ist vollzogen, die Terminale Kolonne TRAITOR räumt die Milchstraße, und allein das Solsystem wird nach wie vor belagert, und das in Gestalt des Chaotenders VULTAPHER!
    Bull konnte es ihm nicht erklären und zog es vor, Schweigen zu bewahren. Mit finsterer Entschlossenheit sah er wieder zu den Holos, beobachtete gespannt, wie rätselhafte Energiefronten aus VULTAPHER gegen den Kristallschirm brandeten. In allen Farben des Regenbogens leuchteten sie auf, während sie zerstoben, und verloschen dann in der Dunkelheit des Alls. Doch die gleißende Pracht kam Bull wie eine Verhöhnung vor. Hier wurde das, was wirklich auf dem Spiel stand, leuchtend übertüncht: die Existenz des Solsystems.
    Der Menschheit.
    »LORETTA-Tender meldet ...«
    »TANKSTELLE  Reminiusscheide braucht dringend Ersatzkräfte ...«
    »Kliniken in Terrania überbelastet ...«
    Bull spielte mit dem Gedanken, die Funkund Holokanäle, über die er auf dem Laufenden gehalten wurde, einfach auszuschalten. Immer neue Hiobsbotschaften erreichten die Solare Residenz, technische aus den LORET-
    TA-Tendern der TERRANOVA-Flotte, medizinische aus den TANKSTELLEN. Doch wer konnte etwas daran ändern? Er hielt sich für einen Krisenmanager, doch bei dieser Krise gab es nichts zu managen. Seine Mittel waren begrenzt. Ihm stand nur eine bestimmte Anzahl von Tendern zur Verfügung ... und, so zynisch dieser Gedanke auch sein mochte, nur eine bestimmte Anzahl von Terranern, die in den TANKSTELLEN Dienst tun konnte.
    Hatte er schon den Überblick verloren? Wo sah die Lage schlimmer aus? Bei den Tendern oder den TANKSTELLEN?
    Ihm war schon längst klar, dass es gegen den Chaotender, selbst in diesem unvollendeten Zustand, auf Dauer keine Verteidigung gab. Jedenfalls nicht ohne den Nukleus der Monochrom-Mutanten. Die LORETTA-Einheiten, die den Kristallschirm stabilisierten, wurden über Gebühr beansprucht, mussten dem Dauereinsatz Tribut zollen. Die ersten Tender waren ausgefallen, und mit jedem weiteren, der den Dienst einstellen musste, wurde die Lage prekärer.
    Und die Globisten? Die Menschheit des Solsystems ging auch weiterhin zu den TANKSTELLEN.
    Welche Wahl bleibt den Leuten denn, wenn sie überleben wollen?, dachte Bull resignierend.
    Die Terraner gaben nicht auf, setzten sich zur Wehr, unterstützt lediglich von
    der BATTERIE, die der Nukleus auf
    Galapagos zurückgelassen hatte. Sie gaben alles. Wer zu den TANKSTELLEN ging und seinen Dienst ableistete, kam binnen weniger Stunden als psychisches Wrack wieder hervor.
    Heilungsdauer ungewiss, wenn überhaupt.
    Und doch gab es kaum Globisten, die sich weigerten, die BATTERIE zu verstärken.
    Die Menschheit kämpft!, dachte Bull. Wie sie es schon immer getan hat, wenn es ums Überleben ging!
    Doch der Gedanke schaffte es nicht, auch nur einen Anflug von Begeisterung bei ihm zu erzeugen. Denn was immer die Menschen der Erde auf sich nahmen, das Opfer, das die Terraner brachten, musste letzten Ende vergebens sein.
    VULTAPHER war eine Kategorie, gegen die es einfach keinen Widerstand
    gab.
    Und dann kam der Krisenmanager in Reginald Bull wieder durch, der Verteidigungsminister, der kühle Rechner.
    Er stellte sich endlich einem Verdacht, der ihn schon seit geraumer Weile nicht losließ.
    Der Chaotender macht noch lange nicht Ernst, dachte Bull.
    Denn sonst zöge längst die
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