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Die drei ??? und der Zauberspiegel

Die drei ??? und der Zauberspiegel

Titel: Die drei ??? und der Zauberspiegel
Autoren: M. V. Carey
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Marie-Antoinette-Zimmer ist oben. Darin habe ich ein Handspiegelchen, das der Königin gehörte, und ein paar kleine Dinge aus ihrem persönlichen Besitz. Dieses Kleid, das ich gerade trage, wurde nach einem ihrer Porträts geschneidert.«
    »Aha«, sagte Justus. »Ist das auch ein tristes Zimmer?«
    »In gewisser Weise vielleicht schon«, sagte Mrs. Darnley. »Es ist ein sehr hübsches Zimmer. Ich sitze gern darin, und dann versuche ich, nicht daran zu denken, wie sie starb – die arme, törichte kleine Königin. Ich werde euch das Zimmer zeigen. Es ist eine Kopie eines Raumes im Palast von Versailles. Aber erst müßt ihr euch noch die neueste Erwerbung in meiner Kollektion anschauen.«
    »Ein ekelhaftes Stück«, sagte Jenny Parkinson.
    »Ihr werdet es unter Garantie scheußlich finden«, setzte Jeff hinzu.
    »Ja, es ist häßlich«, gab Mrs. Darnley zu, »aber ich bin sehr stolz darauf.« Sie schritt mit raschelnden Röcken bis zum Ende des Flurs und ging quer durch die Eingangshalle. Onkel Titus und die Jungen folgten ihr durch eine Flügeltür in das dunkle Zimmer, worauf ihr Blick schon zuvor gefallen war. Sobald Mrs. Darnley die Vorhänge zurückzog, erkannten sie, daß sie in der Bibliothek waren. Drei Wände waren über und über mit Bücherregalen bedeckt. Die vierte Wand, die vordere Außenwand des Hauses, war mit dunklem Holz getäfelt. Es gab zwei hohe Fenster, und dazwischen hing ein Spiegel, der fast vom Fußboden bis zur Decke reichte.
    »Puh!« rief Peter.
    Der Spiegel selbst war nicht ungewöhnlich. Deutlich und ohne Verzerrung spiegelte er Onkel Titus und die drei Jungen. Aber der Rahmen war grotesk. Irgendein Metall war zu einer Reihe seltsam abstoßender Formen gestaltet. Es gab verschlungene Baumwurzeln, die sich an manchen Stellen teilten und kleine Fratzen enthüllten – Gesichter von Geschöpfen, die fast nichts Menschliches mehr an sich hatten. Einige dieser Wesen trugen Hörner auf der Stirn. Andere hatten winzige Schlitze anstelle der Augen. Wieder andere schienen in boshaftem Triumph zu grinsen. Und ganz oben am Spiegelrahmen streichelte eine bucklige, verkrümmte Gestalt mit spitzen Ohren eine Schlange.
    »Was...« Bob zeigte hin. »Was sollen denn die Figuren da sein?«
    »In Spanien würde man sie trasgos nennen«, erklärte Mrs. Darnley. »Hierzulande Kobolde oder Gnomen. Dieser Spiegel gehörte einem Zauberer, einem Mann namens Chiavo, der vor fast zweihundert Jahren in Madrid lebte. Er behauptete, er könne im Spiegel die Erdgeister, die Gnomen, sehen und von ihnen die Zukunft prophezeit bekommen.«
    »Diese Wesen hausten angeblich in Höhlen und unter Baumwurzeln und an anderen modrigen, unheimlichen Orten«, sagte Jeff.
    »Und sie hielten Freundschaft mit Schlangen und Würmern.«
    »Pfui Teufel!« sagte Jenny Parkinson.
    »Auf diesen Spiegel bin ich sehr stolz«, sagte Mrs. Darnley noch einmal. »Alle meine Spiegel haben eine Geschichte, und in vielen haben sich große Schönheit und großes Entsetzen gespiegelt, aber der Chiavo-Spiegel muß wirklich ein Zauberspiegel sein, wenn man an solche Dinge glauben kann.«
    Sie sieht aus wie eine Frau, die sich wünscht, daß es echte Zauberspiegel gebe, dachte Justus Jonas.

    Der Glaube versetzt Berge, sagt man. Wie weit gehen Phantasie, Wunsch und Glaube hier ineinander über – bei einer im Grunde einsamen Frau, die historische Spiegel sammelt und sich historisch gewandet, um Vergangenheit besser nachempfinden zu können?

    Vorn in der Eingangshalle ging die Türklingel.
    »Das ist sicher Señor Santora«, sagte Jenny. Sie grinste die drei
    ??? an. »Señor Santora kommt aus Spanien. Er ist ein Sammler wie Großmama – ganz verrückt auf Spiegel – und er will diesen Spiegel mit all den scheußlichen kleinen Gnomen kaufen. Er kommt jeden Tag her, immer um diese Zeit.«
    Mrs. Darnley sah vom Spiegel zur Halle vor und schaute dann wieder ins Spiegelglas. »Jeden Tag«, sagte sie. »Seit über einer Woche kommt er jeden Tag her, und heute . . .«
    Sie ließ den Satz unbeendet.
    »Heute«, fuhr Justus gelassen fort, »hat man in diesem Zimmer hier einen Einbrecher aufgestört.«
    »Aber den Spiegel könnte doch keiner mitgehen lassen«, erhob Jeff Einspruch. »Der Rahmen ist aus Stahl und wiegt eine Tonne.
    Drei Männer waren zum Aufhängen nötig.«
    Mrs. Darnley hob das Kinn, und ihr Blick war plötzlich sehr ernst. »Mr. Jonas«, sagte sie zu Onkel Titus, »es wäre mir angenehm, wenn Sie und die Jungen noch hierbleiben und Señor
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