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Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers

Titel: Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
Autoren: Licia Troisi
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legte Holz nach. »Warum hast du deinen Besuch denn nicht angekündigt? Ich kann dir ja gar nichts Besonderes anbieten, nur das wenige, was ich noch in der Speisekammer habe. Heute ist ein großer Tag, den müssen wir feiern.« Sie hastete in der Küche hin und her, zog Schranktüren auf, holte Töpfe und Schüsseln hervor.
    »Mach dir doch keine Mühe, Mama«, versuchte Sennar sie zu bremsen.
    Dabei bereitete es ihm Vergnügen, sie am Herd herumhantieren zu sehen, und er ließ es zu, dass er wieder der kleine Junge war, so wie damals, als sein Vater noch lebte und die Familie beisammen war. Während sie kochte, redete die Frau ohne Unterlass, erkundigte sich, wie es ihrem Sohn ergangen war, und erzählte von ihrem eigenen Leben. Aber sie plauderten auch über Belanglosigkeiten des Alltags in einer Vertrautheit, die Sennar lange vermisst hatte.
    Als das Essen fertig war, setzten sie sich zu Tisch. Sennars Mutter war immer schon eine ausgezeichnete Köchin gewesen, die auch mit nur wenigen Zutaten die fürstlichsten Gerichte zu zaubern verstand. Heute hatte sie eine Fischsuppe mit Gemüse zubereitet, dazu Walnussbrot zum Tunken.
    Nun, da sie in der friedlichen Stille des Hauses vor den dampfenden Tellern saßen, hatte Sennars Mutter endlich Gelegenheit, ihren Sohn mit Muße zu betrachten. »Du bist wirklich erwachsen geworden ...«
    Sennar errötete.
    »Ein richtiger Mann ..., ein Ratsmitglied ...« Ihre Augen strahlten vor Stolz. »Weißt du, ich habe mich noch gar nicht richtig an den Gedanken gewöhnt. Erzähl mir noch mehr. Wie lebst du? Wie kommst du so zurecht?«
    Sennar tat ihr den Gefallen, obwohl ihm seine Gewissensbisse fast die Kehle zuschnürten. Zwar waren mittlerweile viele Jahre vergangen, und seine Mutter hatte ihm seine Entscheidung niemals vorgehalten, aber dennoch war Sennar im tiefsten Innern überzeugt, sie und seine Schwester im Stich gelassen zu haben. War er nicht tatsächlich von zu Hause fortgegangen, um seinen Träumen nachzujagen, indem er sich von Soana leichten Herzens in ein Land hatte mitnehmen lassen, das vom Kriegsgeschehen noch gänzlich unberührt gewesen war? Dieser Entscheidung hatte für ihn schon immer etwas von einer Flucht angehaftet. Als er zu Ende erzählt hatte, drückte er ihre Hand: »Und du, Mama? Wie kommst du über die Runden?«
    »Ach, eigentlich ganz gut. Meine Stickereien verkaufen sich immer noch, wenn auch nicht mehr so gut wie früher einmal.
    Den Krieg bekommen wir eben auch hier zu spüren. Aber ich will nicht klagen, von dem, was ich verdiene, kann ich leben, sogar besser als viele hier bei uns. Ja, ich führe ein erfülltes Leben. Das Haus ist immer voller Freundinnen, die vorbeischauen.«
    Sennar schlug die Augen nieder. »Und Kala?«
    »Kala geht's gut. Gewiss fehlt sie mir hier, aber ich sehe sie doch recht häufig.« Die Frau nahm das Gesicht ihres Sohnes zwischen die Hände. »Sennar, sieh mich mal an. Egal, was deine Schwester denken mag, deine Entscheidung war richtig. Ich bin stolz auf den Mann, zu dem zu geworden bist.«
    »Ich muss sie noch mal sehen«, sagte Sennar.
    Der Blick seiner Mutter wurde ernst. »Was hast du nur, mein Sohn? Du wirkst so ..., wie soll ich sagen? ... unruhig.«
    »Nein, es ist alles in Ordnung, ich muss nur ... eine Reise machen, in ein sehr fernes Land. Deswegen bin ich gekommen. Ich werde eine ganze Weile fort sein.«
    Die Wahrheit mochte er ihr nicht sagen. Worauf es ankam, war, sie ein letztes Mal gesehen zu haben. Nur das zählte.
    Seine Mutter musterte ihn lange und versuchte, in seinem Gesicht zu lesen, was ihn quälte. Dann schlug sie die Augen nieder. »Kala wohnt jetzt am anderen Ende des Dorfes, in einem Haus direkt am Meer«, murmelte sie.
    Zu Fuß machte sich Sennar auf den Weg. Der Himmel war immer noch von düsteren Wolken verhangen, und der Regen hatte kaum nachgelassen. In seiner immensen Weite dehnte sich das Meer vor ihm aus.
    Mit Macht schlug die Brandung an den Kai und verschlang alles, was sich ihr entgegenstellte. Es war das Meer, wie er es aus seiner Kindheit kannte, so voller Kraft, jenes Meer, an dem er und sein Vater an Feiertagen hin und wieder geangelt hatten. Jenes Meer, in dem er sich mit Herzenslust getummelt hatte. Aber nun schien es ihm fast zu zürnen.
    Sennar ging ein paar Schritte auf den Landungssteg hinaus. Hoch wie Berge kamen ihm die Wellen vor, aber er hatte keine Angst. Er ließ eine über sich zusammenschlagen und trat heil und trocken, umgeben von einem bläulichen Feld, daraus
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