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Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes

Titel: Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
Autoren: Licia Troisi
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»Nein, natürlich nicht ...«
    Für Nihal umgab das Schicksal ihrer Mutter ein undurchdringbares Geheimnis. Schon früh war ihr aufgefallen, dass alle in Salazar einen Vater und eine Mutter hatten. Nur sie hatte bloß einen Vater. Irgendwann, bereits in jungen Jahren, hatte sie angefangen, Fragen zu stellen, auf die Livon ihr jedoch bloß ausweichende und verworrene Antworten gab. Ihre Mutter war tot, aber sie wusste noch nicht einmal, wie und wann sie gestorben war. Dabei hätte sie gerne gewusst, was sie für eine Frau gewesen war. Sie war schön, hatte er ihr geantwortet. Ja, aber wie? Na, so wie du, mit violetten Augen und blauem Haar. Immer, wenn dieses Thema zur Sprache kam, geriet Livon in große Verlegenheit, und mit der Zeit hatte Nihal gelernt, es ganz zu vermeiden. »Du hast doch immer gesagt, ich solle eine starke Persönlichkeit werden und lernen, meine Ziele beharrlich zu verfolgen ... Das versuche ich eben.«
    Seiner Tochter gegenüber hatte Livon ein weiches Herz, und bei diesen Worten traten ihm Tränen in die Augen.
    »Komm her zu mir«, sagte er und umarmte sie so fest, dass er ihr weh tat. »Du erstickst mich, Alter .. «
    Nihal versuchte, sich ihm zu entwinden, dabei genoss sie im Grunde diese Umarmung mehr, als sie zeigen wollte.
    Am Nachmittag wandten sie sich ihrer üblichen Beschäftigung zu: dem Schmieden von Waffen.
    Livon war nicht bloß der beste Waffenschmied der bekannten, sondern wahrscheinlich auch der unbekannten Welt. Ja, er war ein wahrer Künstler. Seine Schwerter waren Kunstwerke von so blendender Schönheit, dass es einem den Atem nahm, und gleichzeitig waren sie Waffen, die sich ihrem Träger anpassten und seine Fähigkeiten besonders zur Geltung brachten.
    Er fertigte Lanzen so spitz wie Stacheln und so scharf wie Rasierklingen, verziert mit herrlich gewundenen Ornamenten, die aber die Waffen nicht mit unnötigen Schnörkeln überluden, sondern die Linienführung harmonisch unterstrichen. Livon war es gegeben, höchste Funktionalität mit betörender Eleganz zu verschmelzen. Seine Waffen waren wie Kinder für ihn, er betrachtete sie als seine Geschöpfe und schloss sie als solche ins Herz. Er liebte seine Arbeit, erlaubte sie es ihm doch, seine schier unerschöpfliche Kreativität ganz auszuleben und gleichzeitig seine handwerklichen Fertigkeiten immer wieder aufs Neue unter Beweis zu stellen.
    Jede Waffe, die er begann, empfand er als neue Herausforderung, und so experimentierte er viel, verwendete neue Materialien, suchte nach immer raffinierteren Formen und verband sie mit immer komplizierteren technischen Eigenschaften. Mit den Jahren hatte sich Livons Ruf derart verbreitet, dass es ihm nie an Arbeit mangelte, und seit jeher schon ließ er sich, sowohl aus Notwendigkeit als auch aus reiner Freude, von Nihal dabei helfen. Und während sie ihm den Hammer reichte oder den Blasebalg trat, machte er sie gerne mit Weisheiten aus der Welt der Krieger vertraut. So auch heute wieder.
    »Eine Waffe ist kein bloßer Gebrauchsgegenstand«, sagte er. »Für einen Krieger ist sein Schwert wie ein Glied seines Körpers, wie ein treuer Gefährte, von dem er sich niemals trennen würde. Es ist allein sein Schwert, es ist ihm unersetzlich, und niemals würde er es gegen ein anderes eintauschen. Und für den Schmied ist es ähnlich. Ein Schwert, das er geschmiedet hat, bedeutet ihm soviel wie ein eigenes Kind. So wie die Natur den Geschöpfen dieser Welt Leben schenkt, so bringt der Schmied aus Eisen und Feuer das Schwert hervor«, erklärte Livon feierlich, um gleich darauf in schallendes Gelächter auszubrechen.
    So war es nicht verwunderlich, dass aus Nihal mit diesem Vater, der für seine Schwerter lebte und Soldaten, Ritter und Abenteurer zu seinen Kunden zählte, ein solch wildes, wenig weibliches Mädchen geworden war.
    Während sie so bei der Arbeit waren, rückte Nihal plötzlich mit einer schon oft gestellten Frage heraus. »Alter?«
    »Hmm ...«
    Livon ließ den Hammer auf die Klinge niederfahren.
    »Sag mal ...«
    Ein weiterer Schlag.
    Nihal bemühte sich um eine unschuldige, möglichst gleichgültige Miene. »Wann bekomme ich eigentlich ein echtes Schwert?«
    Livon hielt kurz in der Bewegung inne, seufzte einmal tief und machte sich dann wieder daran, auf das Eisen einzuhämmern. »Halt doch mal die Zange ruhig.« »Ich habe dich was gefragt«, ließ Nihal nicht locker.
    »Du bist noch zu jung.«
    »Ach ja? Aber um mir einen Ehemann zu suchen, bin ich alt genug!«
    Livon legte
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