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Die Drachen von Montesecco

Die Drachen von Montesecco

Titel: Die Drachen von Montesecco
Autoren: Bernhard Jaumann
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Wasserbett.«
    »Das Wasserbett?« fragte Lidia Marcantoni fassungslos. Sie hatte von Wasserbetten gehört, wie man von schwarzen Löchern in der Weite des Universums hört, konnte sich aber nicht vorstellen, daß irgend jemand sich so etwas in sein Schlafzimmer stellte. Und schon gar nicht in ein Pfarrhaus. Ohne daß sie den Zusammenhang genau hätte benennen können, schien ihr das Wasserbett als solches ein Beweis für die Existenz des Teufels zu sein, woraus sie schloß, daß, wer immer sich auf einem ausstreckte, nach seinem Tod geradewegs in die Hölle verbannt würde. Lidia Marcantoni fragte sich, ob Montesecco wirklich gepolsterte Kirchenbänke brauchte.
    »Benito dreht vollkommen durch«, nuschelte Franco Marcantoni aus seinem zahnlosen Mund.
    »Seit Fiorellas Tod ist er nicht mehr der alte«, sagte Gianmaria Curzio. Er und Benito Sgreccia hatten sich früher täglich an der Bank am Dorfeingang getroffen, um heimlich Grappa zu trinken, doch seit Sgreccias Frau gestorben war und ihm niemand mehr den Schnaps verbot, hatte er sich immer seltener sehen lassen. Curzio nahm an, daß es daran lag, auch wenn er nie gefragt hatte. Über so etwas sprach man unter Männern nicht, selbst wenn es sich um den besten Kumpel handelte. Und schließlich war Benito ja wahrlich alt genug, um zu wissen, was er wollte.
    »Entschuldigung …«, sagte der kleine Mann im Frack zaghaft.
    »Das baut sich langsam auf«, sagte Franco Marcantoni. Er ließ seine runzlige Hand senkrecht nach unten fahren. »Und zack, dann kippt es um! Alle Sicherungen brennen gleichzeitig durch. So ähnlich wie damals kurz nach dem Krieg bei Milenas Großvater, der …«
    »Entschuldigung!« Der Zwerg im Frack versuchte ein wenig energischer, von irgend jemandem wahrgenommen zu werden.
    »Was ist?« fragte Ivan Garzone.
    »Ich bin der Pianist«, sagte der Mann im Frack.
    »Wie schön für Sie«, sagte Ivan Garzone und sah gebannt den Möbelpackern zu, die einen zweiten Spiegel durch die Pfarrhaustür lavierten. Vielleicht sollte er seine Bar auch mit so etwas auskleiden. An gegenüberliegenden Wänden, so daß sich der Raum ins Unendliche vergrößerte und selbst ein einsamer Trinker seinen unzähligen Spiegelbildern zuprosten könnte.
    »Welcher Pianist?« fragte Marta Garzone, doch da war Benito Sgreccia endlich auf das traurige Männchen aufmerksam geworden. Er rief den Maestro zu sich und trug ihm auf, zu prüfen, ob das Steinway unter dem Transport gelitten habe.
    »Ich bin kein Klavierstimmer«, schnaubte das Männchen.
    »Und nebenberuflich?« fragte Sgreccia. Er zog die Brieftasche aus der Anzugjacke und holte ein paar Scheine heraus, die den Pianisten überzeugten, doch mal nachzusehen. Er steckte das Geld ein und verschwand im Pfarrhaus.
    Auf der Piazzetta wurden die Parkplätze knapp, als ein geschlossener weißer Lastwagen einfuhr. Die Schrift auf beiden Seitenwänden ließ unschwer erkennen, daß er vom Feinkostgeschäft und Partyservice Mariotti aus Ancona kam. Es dauerte dreißig Minuten, bis die Kartons mit Prosecco, Weiß- und Rotwein, Grappa und verschiedenen Likören, die Antipasti-Platten, die Kisten mit Obst, Gemüse und Porzellangeschirr, die Kühltruhen mit Fleisch, Fisch, Meeresfrüchten und achtzehn verschiedenen Sorten Speiseeis ausgeladen waren. Als letztes trugen die Männer eine Art Aquarium mit etwa einem Dutzend lebender Hummer ins Pfarrhaus.
    Der alte Sgreccia rieb sich die Hände und verlangte noch nach etwas Dekorativem. Der Chef der Feinkostleute sah ihn fragend an.
    »Fahnen! Große meerblaue Fahnen, die im Wind flattern«, sagte Sgreccia. »Könnten Sie das organisieren?«
    Der Mann tippte auf seinem Handy herum und telefonierte kurz. Dann meldete er, daß der Koch und das Personal kurz vor San Lorenzo seien. Sie würden versuchen, dort etwas Passendes zu bekommen. Es könne also noch eine halbe Stunde dauern, bis sie einträfen.
    Vorher schon kam ein weißer Mercedes mit römischem Kennzeichen an. Die drei jungen Damen, die ihm entstiegen, verschlugen zumindest der männlichen Bevölkerung Monteseccos den Atem. Zwei langbeinige Schönheiten, die eine blond, die andere rothaarig, waren mit Minirock und halbtransparenter Bluse beziehungsweise kurzem weißen Kleidchen vielleicht ein wenig zu sommerlich für den windigen Oktobertag gekleidet. Die dritte war schwarz wie Ebenholz, hatte die langen, lila gefärbten Haare in jede Menge dünne Zöpfe geflochten und trug ein bodenlangesSeidenkleid, dessen Farbe je nach
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