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Die Cybersurfer - Angriff der Superhirne

Die Cybersurfer - Angriff der Superhirne

Titel: Die Cybersurfer - Angriff der Superhirne
Autoren: Collin McMahon
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Die Kippe fiel ihm aus dem offenen Mund zu Boden und qualmte dort linoleumstinkend weiter. Er rannte mit bleichem Gesicht zum Sicherungskasten und warf den großen roten Schalter um. Es wurde dunkel. Das einzige Licht war das schwache Abendlicht und das rote Neon vom Bahnhofsviertel vorm Schaufenster. Die Computer gingen alle aus, das Telefon hörte zu klingeln auf. Nur sein Handy bimmelte noch panisch vor sich hin. Im Dunkeln hörte man Tarkan förmlich in sich zusammensacken. Und dann sagte er die schlimmsten Worte, die ich je aus seinem Mund gehört hatte: »Du, Freundchen, hast PC-Verbot.«

Mein Kumpel Mülli saß im abgedunkelten Zimmer in der Wohnung seiner Eltern, mit Blick auf die Gefängnismauern auf der anderen Straßenseite und zockte dieses Online-Fantasy-Rollenspiel World of WarKraft wie ein Besessener, aber das war ja nichts Neues. Mülli hieß eigentlich Markus Müller. Aber alle nannten ihn nur Mülli – weil seine ständigen Anfragen nach Tipps, Tricks und Cheatcodes bei PC-Spielen einem nach einer Weile wie Spam vorkamen. Er hatte versucht, sich einen cooleren UserNamen zuzulegen. So wie ich – ich heiße im Netz nicht Enis sondern Enigma. Gut, oder? Nur... als er sich dann MystMaster taufte, nannten ihn alle nur noch MistMaster. Da war ihm »Mülli« schon lieber.
    Mülli war so was wie mein bester Kumpel. Seitdem er in der fünften Klasse den Laden von Onkel Tarkan gesehen hatte, war er fast so oft da wie ich. Mit dem kleinen Unterschied, dass Mülli eben ein Zocker war und kein Hacker. Klar, er verbrachte den ganzen Tag vor dem Rechner – sein Vater fuhr Taxi, die Mama verkaufte Damenunterwäsche, und beide kümmerte es nicht wirklich, dass Mülli meistens am Rechner klebte. Die waren da ganz cool. Trotzdem – er verstand im Prinzip so viel von Computern wie ein Eichhörnchen von Forstwirtschaft. Er brauchte sogar manchmal meine Hilfe, um die Spiele auf seine Dose zu installieren. Da muss man eigentlich nur immer wieder »OK« klicken. Das sagte schon alles.
    Nun verbrachte Mülli also seine ganze Zeit mit seinem Level-30-Ork-Krieger Uggroll in Azeroth, der Welt von WarKraft . Er war mittlerweile einer Horden-Gilde beigetreten, die wollten, dass er praktisch ständig online war, und sein ganzes Taschengeld ging für neue Guthabenkarten drauf. Er hatte mich schon angehauen, ob ich nicht einen Kniff wusste, damit er umsonst spielen konnte. Aber Mülli war total verrückt, wenn er dachte, dass ich mich wegen seiner Spielsucht in Knastnähe bringen würde. Bei mir im Viertel hatten die Leute echte Probleme und Stress mit den Bullen, da wollte ich überhaupt nicht hin. Schon gar nicht wegen eines Spiels, das als Fass ohne Boden bekannt ist.
    Aber diesmal sollte Mülli mir einen Gefallen tun, nicht andersrum. Und zwar einen ziemlich großen Gefallen. Denn welcher normale Mensch würde mich schon an seinen einzigen, selber zusammengesparten Aldi-Computer lassen, um einen bösartigen Hacker zu jagen, der gerade den supergeschützten Laden meines Onkels mühelos geschrottet hatte? Vor allem, da Mülli vor lauter WarKraft seinen Computer eh nie für was anderes hergeben würde. Ich musste mir also was einfallen lassen. Was nicht ganz Wahrheitsgemäßes.
    »Und, hast du schon so einen WarKraft-Bot drauf?«, fragte ich Mülli so nebenbei.
    Keine Antwort. Er hatte mich mit einem kurzen Wink seiner Maushand beim Betreten des Zimmers zur Kenntnis genommen, war aber gerade im Kampf mit irgendeinem Vieh, das ich nicht erkannte. Es war dermaßen groß – man sah bloß grüne Füße mit Nietenbändern dran.
    »Du weißt schon, das weiterspielt, wenn du nicht kannst.«
    Davon hatte ich in irgendeinem Forum gehört. »Bot« ist die Abkürzung für Roboter, etwas, das automatisch etwas für dich macht. Dieses Spiel war wohl nach einer Weile so stupide und berechenbar, dass man sich Programme laden konnte, die es für dich spielen, während du schläfst. Dann wachst du am nächsten Morgen auf und hast den nächsten Level. Supertoll.
    Für Mülli war das natürlich genau das Richtige. Für mich auch. Es war völlig legal – die Spielefirma hatte vielleicht was dagegen, aber die konnten dich höchstens aus dem Spiel schmeißen. Was auch nicht schlecht für Mülli wäre: Dann würde das rothaarige Bleichgesicht vielleicht zur Abwechslung ein bisschen frische Luft und Sonne abbekommen.
    Auf jeden Fall bekam er vor lauter Gemetzel erst mal gar nichts mit. Doch nach ein paar Sekunden – als er endlich verstand, was
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