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Die Chroniken von Gonran 1: Stärke oder Tod (German Edition)

Die Chroniken von Gonran 1: Stärke oder Tod (German Edition)

Titel: Die Chroniken von Gonran 1: Stärke oder Tod (German Edition)
Autoren: Andreas Pauli
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auf ihren Stühlen und warteten ruhig auf sie. Zufrieden nickte sie und sagte: „Guten Morgen, Kinder.“ Alle Kinder begrüßten sie mit einem lauten „Guten Morgen, Miss Morgan“ im Chor. Erhobenen Hauptes marschierte sie zum Lehrerpult.
    Doch halt! Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, dass der Platz von Pete leer war. Langsam drehte sie sich um zu Alfred, Petes Pultnachbar.
    „Alfred! Wo ist Pete?“, herrschte sie Alfred an.
    „Ich weiß nicht, Miss Morgan, ich habe ihn nicht gesehen.“
    Ungläubig schaute sie ihm tief in die Augen und senkte ihren Kopf ein wenig. „Bist du dir da ganz sicher, Alfred?“
    „Ja, Miss Morgan, ich weiß wirklich nichts“, stotterte Alfred.
    Da drehte sich Miss Morgan zur Klasse um, ihr Blick wanderte von einem Kind zum nächsten.
    „Weiß jemand von euch, wo Pete ist?“
    Alle Kinder schüttelten ihre Köpfe und, was war das, immer mehr von ihnen begannen zu grinsen und zu tuscheln.
    „Ruhe, Kinder! Was gibt es da zu lachen?“
    Sofort war es wieder ruhig im Klassenzimmer. Aber nach nur kurzer Zeit begannen die Kinder wieder zu tuscheln und zu grinsen.
    „Ich habe gesagt Ruhe!“, schrie Miss Morgan die Kinder an. Es half nichts mehr, die Kinder lachten nun laut heraus und zeigten auf ihren Bauch.
    Empört schaute sie an sich herunter und sah, dass der Kaffee einen riesigen braunen Fleck hinterlassen hatte. Schlimmer noch, ihre Bluse klebte hauteng auf ihrem fülligen Bauch. Für die Kinder gab es nun kein Halten mehr und sie schrien und weinten vor Lachen.
    „Marcy ist schwanger, Marcy i-ist schwanger!“ Das ging nun gar nicht.
    Marcy lief rot an und schrie so laut, dass mancher Feldwebel erblasst wäre: „Das werdet ihr mir büßen, ihr Bengel! Ich geh jetzt meine Kleider wechseln, bis dahin hat jeder von euch eine Seite mit einer Entschuldigung für dieses unerhörte Verhalten hier geschrieben!“
    Mit diesen Worten marschierte sie im Eilschritt aus dem Klassenzimmer.
    Als sie auf dem Weg zu ihrer Wohnung um die letzte Hausecke eilte, krachte ihr mit voller Wucht jemand gegen den Bauch. Die Gestalt blieb erst fast an ihr kleben, flog dann, von ihrem massigen Bauch abprallend, in hohem Bogen auf den Rücken. Zwei große, weit aufgerissene Augen sahen sie voller Furcht an.
    Es war Pete, der nun vor ihr auf dem Boden lag. Ihre vor Wut geröteten Augen sahen noch etwas zu seinen Füßen liegen: Der silberne Umschlag lag vor ihm.
     
     
    Pete starrte sie überrascht und furchterfüllt an. Dies hätte er sich nicht einmal in seinen schlimmsten Träumen ausgemalt. Marcys Augen durchdrangen nicht mehr ihn, nein, sie waren auf den Boden fixiert. Er rappelte sich auf die Ellbogen und schnappte erschrocken nach Luft. Sein silberner Umschlag lag zwischen seinen Beinen!
    „Steh auf, Pete!“, befahl Marcy. Pete zögerte, wusste aber, dass er Marcy gehorchen musste, wollte er nicht eine noch schlimmere Strafe riskieren. Vorsichtig stand er auf und ließ dabei Marcy und seinen silbernen Umschlag nicht aus den Augen. In dem Moment erinnerte er sich, wie er als fünf Jahre alter Junge in das Waisenhaus gekommen war. Er erinnerte sich an den Moment, als er genau hier an dieser Stelle das erste Mal Marcy begegnet war. Und er wusste jetzt wieder ganz genau, was er damals empfand: Angst.
    Genauso wie jetzt hatte er vor ihr nichts als Angst. Während all der Jahre, die er hier war, konnte er sich an kein anderes Gefühl erinnern.
    „Tritt zurück, Pete!“, befahl sie ihm in barschem Ton.
    Die Angst steckte noch tief in ihm; mit steifen Beinen tappte er unsicher ein paar Schritte zurück. Er wusste nicht, warum er jetzt auf ihren Befehl gehorchte. Jahrelange Gewohnheiten, vor allem wenn sie mit Marcys Autorität anerzogen wurden, waren nicht so leicht abzulegen.
    Sie setzte langsam einen Fuß vor den anderen, beugte sich mit einem gequälten Seufzer vornüber und angelte mit ihren Würstchenfingern nach Petes silbernem Umschlag. Als ihre Finger die Oberfläche berührten, schrie Marcy laut auf. Funken schossen durch die Luft und ein blau-weißer, greller Blitz schien vom Umschlag zu ihrer Hand überzugehen.
    Marcy fiel auf die Knie, versuchte die rechte Hand hochzuziehen, doch der Blitz hielt die schreiende Heimleiterin fest. Mit ihrer linken Hand packte sie ihren rechten Arm und kämpfte mit aller Kraft, um die rechte Hand aus dem Blitz freizukriegen. Es war alles umsonst.
    Pete beobachtete das Ganze wie am Boden angenagelt. Sein Mund war weit offen und er traute zum ersten Mal in
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