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Die Chirurgin

Die Chirurgin

Titel: Die Chirurgin
Autoren: Tess Gerritsen
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Fesselung mit Klebeband im Spiel waren. Nichts, was auf Sterlings Profil gepasst hätte.«
    »Und was ist mit der Mordserie in Georgia? Vor drei Jahren, mit vier Opfern. Eins in Atlanta, drei in Savannah. Alle waren in VICAP gespeichert.«
    »Ich habe diese Fälle überprüft. Der Täter ist nicht unser Unbekannter.«
    »Hören Sie sich das an, Moore. Dora Ciccone, zweiundzwanzig, Studentin an der Emory University. Opfer wurde zunächst mit Rohypnol bewusstlos gemacht und dann mit einer Nylonschnur ans Bett gefesselt …«
    »Unser Bursche hier benutzt Chloroform und Klebeband.«
    »Er hat ihr den Bauch aufgeschlitzt. Ihr die Gebärmutter herausgeschnitten. Und ihr dann den Gnadenstoß versetzt – mit einem einzigen Schnitt durch die Kehle. Und schließlich – hören Sie gut zu – hat er ihr Nachthemd zusammengefaltet und auf einem Stuhl neben dem Bett zurückgelassen. Ich sage Ihnen, das passt einfach alles zu gut.«
    »Die Fälle in Georgia sind abgeschlossen«, sagte Moore. »Schon seit zwei Jahren. Dieser Täter lebt nicht mehr.«
    »Und wenn die Kripo von Savannah die Sache nun verbockt hat? Wenn der Kerl gar nicht ihr Mörder war?«
    »Sie hatten DNS als Beweis. Fasern, Haare. Und es gab auch noch eine Zeugin. Ein Opfer, das überlebt hatte.«
    »Ach ja. Die Überlebende. Das Opfer Nummer fünf.« Rizzolis Stimme hatte einen seltsam spöttischen Unterton.
    »Sie hat die Identität des Täters bestätigt«, sagte Moore.
    »Und sie hat ihn praktischerweise auch gleich erschossen.«
    »Na und – wollen Sie vielleicht seinen Geist verhaften?«
    »Haben Sie sich jemals mit diesem überlebenden Opfer unterhalten?«, fragte Rizzoli.
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Was hätte das für einen Sinn?«
    »Sie hätten dabei immerhin einiges Interessantes herausfinden können. Wie zum Beispiel die Tatsache, dass sie kurz nach dem Überfall von Savannah weggegangen ist. Und raten Sie mal, wo sie heute lebt?«
    Durch das Rauschen des Handys hindurch konnte er das Geräusch seines eigenen Pulses hören. »In Boston?«, fragte er leise.
    »Und Sie werden es nicht für möglich halten, womit sie ihren Lebensunterhalt verdient.«

3
    Dr. Catherine Cordell sprintete den Krankenhauskorridor entlang. Die Sohlen ihrer Sportschuhe quietschten auf dem Linoleum. Dann stürmte sie durch die Doppeltür in die Notaufnahme.
    Eine Krankenschwester rief ihr zu: »Sie sind im Schockraum 2, Dr. Cordell!«
    »Bin schon da«, erwiderte Catherine, während sie auf den Behandlungsraum zuschoss.
    Aus einem halben Dutzend Gesichtern sprach die Erleichterung, als sie eintrat. Mit einem Blick erfasste sie die Situation, sah das Durcheinander von blitzenden Instrumenten auf einem Tablett, die Infusionsständer mit Beuteln voller Ringer-Laktatlösung wie reife Früchte an stählernen Bäumen, den mit blutverschmiertem Verbandmull und aufgerissenen Verpackungen übersäten Fußboden. Über den Herzmonitor zuckte ein schneller Sinusrhythmus – das elektrische Muster eines Herzens, das sich im Wettlauf mit dem Tod befand.
    »Was liegt an?«, fragte sie, während das Personal zur Seite trat, um sie vorbeizulassen.
    Ron Littman, der leitende Assistenzarzt der Chirurgie, erstattete ihr blitzschnell Bericht. »Unbekannter Fußgänger, Unfall mit Fahrerflucht. Wurde bewusstlos in die Notaufnahme gebracht. Pupillen sind seitengleich und reagieren, Lungen sind frei, Abdomen jedoch aufgetrieben. Keine Darmgeräusche. Blutdruck auf sechzig zu null gesunken. Ich habe ihn punktiert; er hat Blut in der Bauchhöhle. Wir haben einen zentralen Zugang gelegt, Ringerlösung im Schuss, aber wir kriegen seinen Blutdruck nicht in den Griff.«
    »Haben Sie Null-Negativ-Blut und frisch gefrorenes Plasma angefordert?«
    »Sollte jeden Augenblick hier sein.«
    Der Mann auf dem OP-Tisch war nackt; jedes intime Detail war erbarmungslos ihren Blicken ausgesetzt. Er schien zwischen sechzig und siebzig Jahre alt zu sein; man hatte ihn bereits intubiert und an den Respirator angeschlossen. Schlaffe Muskeln bildeten Falten auf dürren Gliedmaßen, und die Rippen zeichneten sich wie gebogene Klingen ab. Eine vorgängige chronische Erkrankung, vermutete sie; sie hätte als Erstes auf Krebs getippt. Der rechte Arm und die rechte Hüfte wiesen Abschürfungen vom Schleifen über den Asphalt auf. Unterhalb der rechten Brustwarze bildete ein Bluterguss einen dunkelroten Kontinent auf dem weißen Pergament der Haut. Penetrierende Verletzungen waren nicht zu erkennen.
    Catherine setzte ihr
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