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Die Bruderschaft Christi

Die Bruderschaft Christi

Titel: Die Bruderschaft Christi
Autoren: Ulrich Hefner
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alles, was Sie bislang darüber gehört oder gelesen haben«, antwortete Chaim Raful in ernstem Ton. »Jeschua war zur damaligen Zeit ein Staatsfeind. Sie glauben doch nicht etwa, es hätte den Römern gereicht, ihn nur zu töten. Was wäre aus seiner Grabstätte geworden?«
    Die junge Frau zuckte mit den Schultern.
    »Sie wäre zu einem Symbol des Widerstandes geworden«, erklärte Raful. »Das konnten sich die Römer nicht leisten. Es stand zu viel auf dem Spiel. Es gibt Anhaltspunkte, dass der Leib Christi aus der Stadt gebracht wurde.«
    »Sie meinen, Jesus wurde gar nicht am Hügel von Golgatha beerdigt?«
    Der Professor verzog das Gesicht. »Wir werden sehen, was die Grabungen noch ans Tageslicht bringen. Geben Sie uns noch etwas Zeit.«
    »Sie können mich doch nicht einfach so abspeisen«, antwortete die Journalistin barsch. »Erst zeigen Sie mir ein Foto, und dann bitten Sie mich um Geduld.«
    »Alles zu seiner Zeit«, antwortete Chaim Raful. »Werfen Sie doch noch einen intensiven Blick auf unsere Funde. Sie alleine sind schon Ihr Kommen wert.«
    Die Frau wollte noch etwas erwidern, doch der Professor wandte sich um und verließ eilenden Schrittes den Hörsaal.
     
     
    Jerusalem, Ausgrabungsstätte an der Straße nach Jericho …
     
    »Er hat uns einen Bärendienst damit erwiesen«, schäumte Jonathan Hawke vor Wut. »Nicht nur, dass er sich nicht an die Absprachen hält, nein, er bringt auch noch seine zweifelhafte Theorie an den Mann. Und die Journalisten fressen ihm aus der Hand. Das ist doch eine bodenlose Frechheit. Er weiß gar nicht, was er uns damit angetan hat. Bald wird es hier von Glücksrittern nur so wimmeln. Ich könnte ihn …«
    »Er hat nur versucht, die Werbetrommel zu rühren«, fiel ihm Aaron Schilling ins Wort. »Die Regierung hat zwar neue Gelder bewilligt, aber wenn das mit den Funden so weitergeht und sich das Feld noch weiter ausdehnt, dann reicht das Geld hinten und vorne nicht.«
    Hawke schlug mit der Faust auf den wackeligen Campingtisch.
    »Er hätte es nicht tun dürfen!«, sagte er.
    Wurde Jesus am Fuße des Tempelbergs beerdigt?, lautete die Schlagzeile auf der ersten Seite in der Abendausgabe der Haaretz. Der Reporter berichtete von den Ausgrabungen an der Straße nach Jericho und vom sensationellen Fund eines römischen Wandtellers, der die Kreuzigungsszene darstelle. Natürlich waren auch die Bemerkungen von Professor Chaim Raful über die Grabstätte Jesu als Zitat abgedruckt. Ein Zeichner hatte ein Bild des Tellers angefertigt, das neben dem Artikel prangte.
    »Zumindest hatte der Reporter ein gutes Gedächtnis«, sagte Tom Stein, nachdem er die Zeichnung betrachtet hatte.
    »Ein paar Details fehlen«, antwortete Moshav.
    Sie hatten sich nach dem gemeinsamen Abendessen im Zelt von Jonathan Hawke versammelt, der die Schlagzeile in der Abendzeitung entdeckt hatte. Alle für die Grabungen Verantwortlichen waren anwesend: Professor Hawke, der Leiter der Ausgrabung, Aaron Schilling, der technische Leiter, Doktor Jean Marie Colombare, der Computerspezialist und Messtechniker, Doktor Gina Andreotti, die Spezialistin in Sachen Altersbestimmung, Doktor Moshav Livney, Spezialist für die römische Vergangenheit Israels, Doktor Yaara Shoam, ihr Fachgebiet war die Übersetzung alter Schriften, und Tom Stein, als Archäologe und Ingenieur für Berg- und Tiefbau quasi der technische Assistent von Aaron Schilling.
    Professor Hawke hatte die Versammlung eilends einberufen. Und in der kleinen Zeltstadt unterhalb des Tempelberges herrschte hektische Betriebsamkeit. Hawke hatte angeordnet, dass Scheinwerfer installiert werden sollten, um die Grabungsstätte auch in der Nacht ausleuchten zu können.
    »Wir sollten Wachen einteilen«, sagte er. »Außerdem möchte ich, dass rund um das Areal ein Schutzzaun errichtet wird. Wir müssen auf alles gefasst sein.«
    »Wir sind hier mitten in Jerusalem und nicht in New York«, warf Yaara ein. »Ich glaube nicht, dass es Schwierigkeiten geben wird.«
    »Wieso bist du dir so sicher?«, fragte Tom.
    »Unser Volk hat Disziplin und Pflichtbewusstsein gelernt«, antwortete Yaara. »Wir leben schon seit Jahren auf einer Insel, umgeben von Feinden. Man hat 1967 und 1973 und durch alle Jahrzehnte hindurch versucht, uns zu vernichten. Im Norden schlagen jeden Tag Raketen der Hisbollah ein, aber wir existieren noch immer. Wir überleben, weil wir uns der Tradition unserer Väter verpflichtet fühlen und zusammenstehen.«
    »Ach, und du meinst, das alleine
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