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Die Braut aus den Highlands

Die Braut aus den Highlands

Titel: Die Braut aus den Highlands
Autoren: LYNSAY SANDS
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wirken, und es war durchaus beängstigend, sich der dräuenden Gewalt entgegenzustellen, die bei solchen Vorfällen immer in der Luft hing.
    Sechs Jahre lang hatte Merry alles getan, um sie vom uisge beatha fernzuhalten. Sie hatte das Gebräu in der Speisekammer eingeschlossen und den einzigen Schlüssel stets bei sich getragen, doch das hatte die Männer nicht vom Trinken abgehalten. Oft waren sie zum Wirtshaus im Dorf geritten oder zu Colan Gow, um sich an dessen Whisky gütlich zu tun, und dann war es an Merry, den Schlamassel zu beheben, den sie im Rausch anrichteten. Dies war zum Alltag auf Stewart geworden, seit ihre Mutter vor sechs Jahren gestorben war … Zumindest bis vergangene Woche. Vergangene Woche waren sie derart volltrunken von einem Besuch bei Colan Gow zurückgekehrt, dass sie sich verwundert gefragt hatte, wie sie es geschafft hatten, sich auf dem Heimritt nicht ihren närrischen Hals zu brechen. Noch verblüffter war sie gewesen, als sie nach mehr Whisky verlangten.
    Merry hatte ihnen den Schlüssel zur Vorratskammer verweigert und sie schlafen geschickt. Die Bediensteten wies sie an, sich rar zu machen, ehe sie sich ebenfalls zurückzog in der Hoffnung, damit sei die Angelegenheit erledigt. Doch das war sie nicht. Offenbar hatten die drei Männer entschieden, dass es nun genug sei, und waren mit Streitäxten auf die Tür zur Speisekammer losgegangen. Der Lärm holte Merry aus dem Bett, und als sie nachsah, musste sie feststellen, dass ihre Anverwandten sich den Weg durch das robuste Holz freigekämpft hatten und nun dabei waren, die Whiskyfässer aufzubrechen. Als sie versuchte, sie davon abzuhalten, stieß ihr Bruder Brodie sie mit drohend erhobener Axt beiseite und beschied ihr, sie solle sich gefälligst nicht einmischen.
    Ihr war nichts übrig geblieben, als sie gewähren zu lassen. Die Folge war, dass die Männer sich fast eine Woche lang an ihrem Schatz berauscht hatten, während Merry und die Mägde sich bemüht hatten, außer Reichweite zu bleiben. Die drei hatten sich bis zur Besinnungslosigkeit betrunken, nur um wieder zu sich zu kommen und weiterzusaufen.
    Merry schäumte noch immer vor Wut, wenn sie an die Auswüchse dieses letzten Gelages dachte. Wie üblich waren Krüge, Bänke und noch einiges mehr zu Bruch gegangen, doch dieses Mal hatten die Unglücksraben sich selbst übertroffen.
    Am dritten Tag hatte Brodie einem der Küchenjungen einen Fausthieb verpasst. Der Bursche war so töricht gewesen zurückzukehren, ehe Merry das Zeichen gegeben hatte, dass die Luft rein sei, und war nach Ansicht ihres Bruders nicht flink genug verschwunden. Glücklicherweise war Merry in der Nähe gewesen, sodass sie schon nach dem ersten Schlag hatte einschreiten können, und obgleich sich der Junge eine blutige Nase eingefangen hatte, hatte er doch auch eine wertvolle Lektion gelernt. Jedenfalls bezweifelte sie, dass er noch einmal einen Fuß in den Wohnturm setzen würde, ohne sich zu vergewissern, dass dies unbedenklich war.
    In der vierten Nacht hatte Gawain beinahe die Stallungen in Brand gesteckt, weil er in einer Pferdebox eine Fackel ins Heu hatte fallen lassen. Doch der Stallmeister hatte Gawain und dessen Reittier unversehrt herausschaffen und sogar das Feuer löschen können, ehe die Flammen auf die anderen Boxen übergreifen konnten.
    Ihr Vater Eachann hatte jedoch schließlich die Sünde begangen, die sie am meisten aus der Fassung brachte. Am fünften und letzten Tag ihrer Zecherei nahm er in einer rührseligen Anwandlung von whiskyumwölktem Kummer das Porträt ihrer Mutter von seinem Platz über dem Kamin, um ihm weinerliche Worte der Sehnsucht zuzuraunen. Dabei stolperte er über seine eigenen Füße und stürzte auf einen der Sessel neben dem Feuer, wobei das Gemälde zu Bruch ging, weil die Rückenlehne des Stuhls sich so unbarmherzig wie ein Schwert durch die obere Hälfte des Bildnisses bohrte. Von plötzlicher Wut gepackt, zerschmetterte ihr Vater das Möbel und schleuderte die Überreste in den riesigen Kamin in der Halle, als trüge das Holz die Schuld und nicht etwa sein eigenes vom Rausch hervorgerufenes Ungeschick. Das Bild, nach Meinung ihres Vaters ruiniert, folgte dem Stuhl.
    Merry wollte ihn hindern, doch sie erreichte lediglich, ebenfalls zu Boden geschlagen zu werden. Als sie endlich wieder auf die Füße kam, lag das Bildnis bereits auf den Trümmern des Sessels in den Flammen und brannte fröhlich. Bei diesem Anblick sank sie erneut in die Binsen, kniete einfach
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