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Die Blumenwiese am Auge des Himmels

Titel: Die Blumenwiese am Auge des Himmels
Autoren: Willi Meinck
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war.
    In der Mitte des Sees lag eine Insel mit der Hauptstadt des Landes, die den merkwürdigen Namen Ramdamedes trug. Sprachforscher behaupteten, die Bezeichnung stamme aus dem Griechisch-Römischen, andere wieder meinten, der Ursprung liege im fernen Orient. Jedenfalls war es eine sehr schöne Stadt, besonders jetzt, wo der Regen alles blank gewaschen hatte und die Sonne sich in der Kuppel des Präsidentenpalastes spiegelte. Es gab keine Mauern und Zollschranken, jeder konnte kommen und gehen, wie er wollte, wenn er nur genügend Geld für Fischsuppen, Himbeergeist, Espresso und Süßigkeiten hatte.
    Die Zauberin sah sich um. Blumenwiesen gab es genügend in der Umgebung, aber den See mit seinen flachen Ufern konnte man kaum als klaren Gebirgssee bezeichnen. Wenn sie nur seinen Namen wüßte? Ella Pie beschloß, den Präsidenten des Landes zu befragen, mit dem sie seit langem befreundet war. Sie waren im gleichen Alter, und beide hatten an der Universität in Prag studiert.
    Das Land der Fischsuppen war kein Königreich. Hier lag die Macht in den Händen von sechzehn Köchinnen und dem Präsidenten Bujabäß, der seit zehn Jahren dem Anglerverband e. V. von Ramdamedes angehörte und mit dem Großkreuz des Goldenen Fisches und vielen anderen staatlichen Orden ausgezeichnet worden war. Ella Pie begab sich mit ihren beiden Begleitern in ein Hinterzimmer des Cafes
    Legende zur Geheimkonferenz. Das Cafe lag auf einer Terrasse hoch über dem See. Sie tranken Kakao und aßen Torte mit Schlagsahne. Eine Kellnerin mit blauem Haar und silbernen Lidschatten bediente sie.
    „Worum geht es eigentlich?“ fragte der Profi.
    „Wir suchen die Pflanze . . .“
    „Schweigen Sie!“ befahl Ella Pie dem Naturwissenschaftler.
    „Was denn für eine Pflanze?“ fragte der Profi.
    Ella Pie gab keine Antwort, und auch Herr Kügelchen wagte nichts mehr zu sagen. Der Profi zuckte mit den Schultern.
    „Meinetwegen“, sagte er und bestellte sich noch einen Eisbecher mit Früchten und Rum.
    „Verwandeln Sie sich nicht wieder in eine silberne Kugel“, sagte Ella Pie zum Naturwissenschaftler. „Wir gehen getrennt zum Marktplatz von Ramdamedes.“
    „Wie Sie wünschen“, sagte Herr Kügelchen „Diesmal hätte ich mich auch in eine Tomate verwandelt.“
    „Prima!“ rief der Profi. „Scheint ’ne tolle Stadt zu sein. Eine Menge Kneipen.“ Er machte eine Bewegung mit Daumen und Zeigefinger. „Hab bloß keine Piepen.“
    Ella Pie gab ihm hundert Ramdas in Zehnerscheinen. In diesem Augenblick kam die Kellnerin mit den blauen Haaren, um das Geschirr abzuräumen. Ella Pie wartete, bis sie wieder allein waren. Dann beauftragte sie den Profi, in den Restaurants der Stadt nach dem Detektiv Ausschau zu halten, beim Weintrinken jedoch mäßig zu sein.
    „Wird gemacht“, sagte der Profi.
    „Treffpunkt um vier vor dem Präsidentenpalast“, sagte Ella Pie.
    Der Profi entfernte sich.

    „Und was ist meine Aufgabe?“ fragte Herr Kügelchen. „Das Geheimnis der Fischsuppen zu ergründen. Fragen Sie die Köchinnen nach der Zusammensetzung der Gewürze und Kräuter. Möglicherweise gibt das einen Anhaltspunkt.“ „Und Sie?“ fragte der Naturwissenschaftler.
    „Ich gehe zum Präsidentenpalast.“
    „Sie glauben, daß der Präsident Sie empfängt?“ „Sicher.“
    „Kennen Sie ihn denn?“
    „Bujabäß wollte mich sogar heiraten.“
    „Eine alte Liebe?“
    „Sie sind mir zu neugierig, Kügelchen.“
    „Entschuldigen Sie. Neugier gehört zu meinem Beruf.“ „Also brechen wir auf“, sagte Ella Pie. „Und vergessen Sie nicht: Verwandlung nur im äußersten Notfall.“
    „Ich stimme Ihnen zu“, sagte der Naturwissenschaftler. „Als Mensch erfährt man am meisten.“
    „So ist es. Besonders bei Köchinnen.“
    „Treffpunkt drei Uhr dreißig im Restaurant zur Güte und Schönheit.“
    „Sie trauen dem Profi nicht?“ fragte Herr Kügelchen. „Wir werden sehen.“
    Der Naturwissenschaftler ging den Berg hinunter durch die Allee mit den alten Bäumen. Es war so heiß, daß er seinen grünen Mantel ausziehen mußte.
    „Braver Mann“, murmelte Ella Pie und bezahlte die Rechnung.
    Als sie das Cafe Legende verließ, eilte die Kellnerin mit den blauen Haaren und den silbernen Lidschatten ans Videophon und wählte die Nummer 55 88. Auf dem Bildschirm tauchte das Gesicht des Ersten Adjutanten aus dem Präsidentenpalast auf.
    „Was gibt es, Vera Zwo?“
    „Fremde im Land“, sagte die Kellnerin. „Unter der Kastanie steht ein
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