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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam
Autoren: Linda Belago
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mit ihnen durchgestanden und war immer gut und gerecht zu ihnen gewesen, sie hatte die Lebensbedingungen verbessert und sich sehr um das Allgemeinwohl im Sklavendorf gekümmert. Das war bei Weitem nicht überall so, viele der alteingesessenen Plantagenbesitzer ließen nicht von ihrem brutalen Gebaren gegenüber den ehemaligen Sklaven ab. Die langen, ledernen Peitschen, die noch an vielen Gürteln baumelten, sprachen Bände. Zur Rechenschaft wurde dafür nur selten jemand gezogen, und um die vielen Tausend ehemaligen Sklaven, die weit im Hinterland auf den Pflanzungen lebten, scherte sich in der Stadt und bei der Kolonialverwaltung niemand. Und in den Niederlanden erst recht nicht, denn auch wenn dort, im fernen Europa, die Abschaffung der Sklaverei begrüßt und gefeiert wurde, wie die Zeitungen berichteten, waren die Menschen in den Kolonien am anderen Ende der Welt schnell wieder vergessen.
    Mit dem Ende der Vertragspflicht hatten sich die Verhältnisse in den vergangenen drei Jahren weiter verändert. Die ehemaligen Sklaven waren nun nicht mehr an die Plantagen oder ihre Herren gebunden, sie waren freie Einwohner der Kolonie, durften leben, wo sie wollten, und ihre Arbeitgeber selbst wählen.
    Kiri war nun Angestellte der Plantage Rozenburg, sie betreute die jungen Masras und führte den Haushalt im Stadthaus. Karinis Vater Dany blieb das ganze Jahr über auf der Plantage, wo er als Vorarbeiter auf den Zuckerrohrfeldern beschäftigt war. Außerdem trieb er Handel mit den Buschnegern, wobei ihm die enge Verbindung zu seinem Vater Aiku zugutekam. Der war ein Maroon, ein freier Buschneger, der als Anführer seines Stammes tief im Regenwald lebte. Karini beschlich in Gegenwart ihres granpapa , den sie nur äußerst selten besuchte, immer ein Gefühl derUnsicherheit. Er war ihr unheimlich, weil er nicht sprach – oder nicht sprechen konnte, das wusste sie nicht so genau. Ihre Eltern verloren nie ein Wort darüber.
    Karini mochte sich nicht entscheiden, was ihr besser gefiel: das Leben in der Stadt, wo immer etwas los war, es so viel Neues zu entdecken gab und auch der Unterricht bei Pater Benedikt viel anspruchsvoller war, als der von Tante Fiona, die selbst gerade einmal schreiben und ein wenig rechnen konnte; oder aber das beschauliche Leben auf der Plantage Rozenburg, wenn ihre Familie beisammen war und auch ihr Zusammenleben mit Masra Henry und Masra Martin sich anders gestaltete als in Paramaribo.
    Auf der Plantage waren die beiden Jungen wie zwei große Brüder für Karini. Masra Henry war nur ein Jahr älter als sie, er war eher nachdenklich, liebte Bücher und konnte viele spannende Geschichten erzählen. Masra Martin hingegen gab sich mit seinen fast sechzehn Jahren schon mächtig erwachsen und war stets auf Abenteuersuche, dabei aber immer darauf bedacht, Masra Henry und sie selbst zu beschützen.
    Hier in der Stadt aber war ihr Verhältnis anders. Die Jungen trafen sich mit ihren weißen Freunden, spielten mit ihren Mitschülern und mussten gewissen gesellschaftlichen Verpflichtungen nachkommen, während Karini arbeitete oder die Schule besuchte. Karini war manchmal traurig, dass sie nicht dabei sein durfte, wenn die Kinder der blanken sich trafen. Sie verbrachte bei Weitem nicht mehr so viel Zeit mit den jungen Masras wie früher. Aber sie waren keine kleinen Kinder mehr, jeder hatte seine Aufgaben zu erfüllen. Sie sahen sich im Moment wirklich nur kurz in den kleinen Schulpausen der Masras. Und da war es Karinis Aufgabe, ihnen das Tablett zu reichen, zu warten, bis die beiden aufgegessen und ausgetrunken hatten, und dann das Geschirr wieder mit nach Hause zu nehmen. Mehr als das Nötigste durfte sie nicht mit ihnen reden, das war hier auf dem Schulhof unerwünscht. In der Stadt waren Kontakte zwischen den blanken und den Schwarzen immer noch nicht gerne gesehen. Die blanken blieben unter sich und hier war Karini eben nur die Tochter der schwarzen Haushälterin. Dabei war ihre Mutter ebenfalls sehr stolz auf sie, immerhin gehörte sie selbst noch zu der Generation, die auf keinen Fall hatte lesen und schreiben lernen dürfen und es bis heute nicht konnte. Nicht einmal Niederländisch hatten die Sklaven bis 1863 sprechen dürfen, obwohl es die offizielle Sprache in der Kolonie war. Auch heute noch hielt Kiri an der Sklavensprache taki-taki fest, sie sprach diese mit ihrer Tochter und mit den blanken .
    Karini fiel es manchmal schwer zu verstehen, dass ihre Mutter so stark an traditionellen Sitten
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