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Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime

Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime

Titel: Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime
Autoren: Agatha Christie
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Miene von einem zum anderen.
    Die Rechtsanwälte gingen nicht weiter darauf ein. Statt dessen fragte ihn Sir Wilfrid, ob er Miss French gut gekannt habe.
    «O ja», antwortete Vole.«Sie war immer sehr nett zu mir. Manchmal wurde es mir allerdings etwas lästig. Sie machte meinetwegen viel zuviel Umstände. Aber sie meinte es gut, und als ich in der Zeitung las, daß sie ermordet worden sei, war ich ganz erschüttert; ich mochte sie nämlich sehr »
    Mr. Mayhew bat ihn dann, Sir Wilfrid doch zu erzählen, wie er ihre Bekanntschaft gemacht hatte, und Vole wandte sich gehorsam an Sir Wilfrid: «Ich ging eines Tages durch die Oxford Street und beobachtete, wie eine alte Dame den Fahrdamm überquerte und mitten auf der Straße die unzähligen Pakete, mit denen sie beladen war, hinfallen ließ. Als sie sich bückte, um sie aufzuheben, rollte ein großer Omnibus in rasendem Tempo auf sie zu. Mit knapper Not gelang es ihr, den Bürgersteig zu erreichen. Na, ich habe dann die Pakete von der Straße aufgelesen und die alte Dame beruhigt. Sie wissen ja, wie das so ist.»
    «Und war sie sehr froh darüber?» fragte Sir Wilfrid.
    «O ja, sie floß über vor Dankbarkeit. Man konnte meinen, ich hätte ihr das Leben gerettet und nicht nur ein paar lumpige Pakete.»
    «Und Sie haben Sie Ihr tatsächlich nicht das Leben gerettet?»
    «O nein .Es war durchaus nichts Heroisches. Ich hatte überhaupt nicht angenommen, daß ich sie je wiedersehen würde»

    Sir Wilfrid, auf den diese schlichte Erzählung offenbar einen guten Eindruck machte, war inzwischen aufgestanden und hatte aus einer Schreibtischschublade ein Päckchen Zigaretten genommen. Er bot Vole eine an, der jedoch ablehnte, da er Nichtraucher sei.
    «Zufällig», fuhr Vole fort, «saß ich zwei Tage später hinter ihr im Theater. Sie blickte sich um, erkannte mich, und wir kamen ins Gespräch. Schließlich lud sie mich ein, sie doch einmal zu besuchen. Sie drängte mich sehr, gleich einen Tag auszumachen. Und da es unhöflich schien, die Einladung abzulehnen, schlug ich den folgenden Sonnabend vor.»
    «Sie haben sie dann in ihrem Haus in Hampstead aufgesucht, wo sie mit ihrer Haushälterin allein lebte, nicht wahr?»
    «Ja. Außerdem hatte sie noch acht Katzen. Acht Stück! Das Haus war wunderschön möbliert Aber es roch ein bißchen zu sehr nach Katzen.»
    «Wußten Sie, daß Miss French reich war?»
    «Nach ihren Reden zu urteilen, mußte sie ziemlich wohlhabend sein.»
    Sir Wilfrid sah ihn forschend an «Und wie steht's mit Ihren pekuniären Verhältnissen?»
    «Oh», erwiderte Vole in heiterem Ton, «bei mir ist Ebbe in der Kasse. Schon lange.»
    «Das ist ja eine dumme Geschichte.»
    «Ja, nicht wahr'. Ach so, Sie meinen wohl, man wird sagen, ich sei ein Speichellecker und hinter ihrem Geld hergewesen.Der Verdacht, den Sir Wilfrid geschöpft hatte, wurde durch diese offenherzige Frage ziemlich zerstreut «Das ist vielleicht etwas kraß ausgedrückt Doch so ähnlich werden die Leute wohl reden.»
    «Aber das ist nicht wahr», beteuerte Vole leidenschaftlich «Ganz bestimmt nicht In Wirklichkeit tat sie mir leid. Sie schien so einsam zu sein. Ich bin selbst bei einer alten Tante groß geworden, bei meiner Tante Betsy, und ich mag alte Damen gern.»
    «Sie sprechen immer von alten Damen. Wissen Sie eigentlich, wie alt Miss French war?»
    «Ich wußte es nicht, habe es aber nach dem Mord durch die Zeitungen erfahren .Sie war sechsundfünfzig.»
    «Sechsundfünfzig. Sie nennen das alt Aber ich möchte bezweifeln, daß Miss French sich für alt hielt.»
    «Na, sie war jedenfalls kein Küken mehr.»
    Sir Wilfrid runzelte die Stirn über diesen leichifertigen Ton und setzte sich in seinen SchreibtischsesseL Nach einer Weile fuhr er fort: «Sie haben Miss French also häufig besucht, nicht wahr?»
    «Ja, etwa ein- bis zweimal in der Woche.»
    «Haben Sie Ihre Frau bei diesen Besuchen mitgenommen?»
    Diese Frage schien Vole peinlich zu sein. «Nein, das habe ich nicht getan.»
    «Warum nicht?»
    «Na – ehrlich gesagt, das hätte wohl nicht gut gepaßt.»
    «Wem hätte das nicht gepaßt?, Ihrer Frau oder Miss French?»
    «Miss French.. .» Vole zögerte, und erst als Mr. Mayhew ihn ermunterte, fortzufahren, fügte er hinzu: «Sie war mir nämlich sehr zugetan»
    «Wollen Sie damit sagen, daß diese sechsundfünfzigjährige Frau in Sie, den Siebenundzwanzigjährigen, verliebt war?» fragte Sir Wilfrid erstaunt Vole wehrte ganz entsetzt ab. «Um Gottes willen, nein! Davon war
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