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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition)
Autoren: Mo Hayder
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Mikrofon zur Seite, sah auf die Uhr und blickte dann nach vorne ins Cockpit. Der Luftbeobachter und der Pilot hatten den Wortwechsel verfolgt und hielten die Daumen nach oben. »Also gut.« Er notierte die Zeit und die Auftragsnummer und brachte das Mikro dann wieder in Position.
    »Na, dann schießen Sie mal los, India Lima. Ruhiger Abend heute – wir schauen mal nach. Und mit wem haben wir es dort zu tun?«
    »Mit einem gewissen Inspector Caffery. Von der Mordkommission«
    »Mordkommission?«
    »Genau.«

2. KAPITEL
     
    Das Gehäuse der Kamera war an einigen Stellen beschädigt. Als Roland Klare das Gerät später in seiner Sozialwohnung im obersten Stock des Arkaig Tower, eines Hochhauses an der Nordspitze des Brockwell Parks, näher inspizierte, entdeckte er, dass die Pentax noch weitere, allerdings weniger offenkundige Schäden aufwies. Nachdem er das Gehäuse gründlich mit einem Geschirrtuch gereinigt hatte, versuchte er den Film im Innern des Apparates weiterzudrehen, stellte aber fest, dass der Transportmechanismus klemmte. Sosehr er sich auch bemühte, das Gerät schüttelte und an der Kurbel herumdrehte, die Spule ließ sich einfach nicht bewegen. Schließlich legte er die Kamera im Wohnzimmer auf die Fensterbank, stand eine Weile nachdenklich da und blickte aus dem großen Fenster.
    Der Himmel über dem Park war jetzt in glühendes Orange getaucht, und nicht sehr weit entfernt konnte er die Rotoren eines Helikopters hören. Er kratzte sich mechanisch an den Armen und überlegte verzweifelt, was er tun sollte. Die einzige funktionstüchtige Kamera, die er besaß, war eine Polaroid. Auch diesen Apparat hatte er nicht ganz korrekt in seinen Besitz gebracht. Aber Polaroidfilme waren schließlich ziemlich teuer, deshalb fand er es sinnvoll, die Pentax aufzubewahren. Er seufzte, nahm das Gerät wieder in die Hand und versuchte abermals, den Mechanismus zu bewegen. Dabei setzte er sich auf einen Stuhl, klemmte die Kamera zwischen die Beine und machte sich hingebungsvoll daran zu schaffen. Nach zwanzig Minuten fruchtloser Bemühungen gab er schließlich entnervt auf.
    Frustriert und schwitzend machte er einen kurzen Eintrag in ein Buch, das er in einem Schreibtisch neben dem Fenster verwahrte. Dann legte er die Kamera mitsamt Film in eine violette Blechdose auf der Fensterbank, wo sie während der folgenden fünf Tage blieb, und zwar zusammen mit einem Schraubenzieher, drei Medikamentenfläschchen und einer Plastikbrieftasche mit Union-Jack-Aufdruck, die er in der vergangenen Woche in einem Bus gefunden hatte.
     
    Sämtliche Londoner Gefängnisse bestehen darauf, über jeden vorbeifliegenden Helikopter informiert zu werden, um nicht unnötig in Unruhe zu geraten. Als die Besatzung des India 99 rechts vor sich die vertraute Sporthalle mit dem Glasdach und das achteckige Überwachungszentrum auftauchen sah, schaltete der Kommandant auf Kanal acht und gab dem Königlichen Gefängnis Brixton ihre Identität durch. Dann flogen sie weiter Richtung Brockwell Park. Außerhalb des Helikopters regte sich kein Lüftchen, und der orangefarbene Lichterglanz der Stadt brach sich an der niedrigen Wolkendecke und wurde von dort auf das Dächermeer zurückgeworfen. Man hätte fast meinen können, dass der Helikopter sich durch eine rote Glutschicht vorwärts schob. Inzwischen hatten die Männer die Acre Lane erreicht, deren Häuser wie eine lange Kette locker aneinander gereihter, glitzernder Perlen unter ihnen lag. Danach flogen sie über die verstopften Straßen jenseits der Brixtoner Water Lane, unter sich ein Häuser- und Kneipengewirr, bis die Maschine plötzlich – flack, flack, flack – nach oben gerissen wurde und die Männer unter sich den dunklen Brockwell Park sahen.
    In dem nur schwach beleuchteten Cockpit sagte eine Stimme: »Ist größer, als ich gedacht hatte.«
    Die drei Männer beäugten skeptisch die riesige dunkle Grünfläche unter sich. Der von einem Lichtermeer umgebene, unbeleuchtete Park dort unten schien gar nicht mehr enden zu wollen, fast so, als hätten sie London bereits hinter sich gelassen und schwebten über den Weiten des Ozeans dahin. Nur in der Ferne markierten die funkelnden Lichter von Tulse Hill die äußerste Grenze der riesigen Grünanlage.
    »Himmel.« In dem dunklen kleinen Cockpit rutschte der Luftbeobachter im fahlen Licht der Armaturenbeleuchtung unruhig auf seinem Sitz hin und her. »Wie sollen wir hier denn was finden?«
    »Wird schon irgendwie gehen.« Der Kommandant zog die
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