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Die Befreier von Canea

Die Befreier von Canea

Titel: Die Befreier von Canea
Autoren: Jim Butcher
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so oft nach gütigen weiblichen Elementaren oder verehrten Ahninnen gestaltet wurde, ähnelte hier eher einer jungen Hafendirne.
    Wenn man nicht wusste, wonach man suchen sollte, konnte man leicht übersehen, welche Menge an Segeln die lange, schlanke Schleiche setzen konnte. Sie war zu klein, um sich mit einem richtigen Kriegsschiff messen zu können, aber auf dem offenen Meer bewegte sie sich flink und behände, und ihr Kapitän wusste gefährlich gut mit ihr umzugehen.
    »Bist du dir vollkommen sicher?«, knurrte Antillar Maximus.
    Der Tribun war genauso groß wie Tavi, aber kräftiger gebaut, und seine Rüstung war so zerkratzt und verbeult, dass es ihm kein Zenturio beim Antreten zu einer Parade hätte durchgehen lassen. Was jedoch in der Ersten Aleranischen Legion niemanden eine verfluchte Krähe scherte.
    »Ob ich sicher bin oder nicht ist egal«, erwiderte Tavi ruhig. »Dieses Schiff ist das einzige im Hafen.«
    Maximus verzog das Gesicht. »Stimmt auffallend«, grollte er. »Aber er ist ein verdammter Pirat, Tavi. Du musst jetzt auch an deinen Titel denken. Der Princeps von Alera sollte nicht so einen Kutter zum Flagschiff wählen. Es ist … von fragwürdiger Herkunft.«
    »Mein Titel auch«, gab Tavi zurück. »Kennst du vielleicht einen besseren Kapitän? Oder ein schnelleres Schiff?«
    Max schnaubte nur und sah die dritte Person auf dem Anleger an. »Immer nur auf die praktische Seite bedacht. Das ist deine Schuld.«
    Die junge Frau antwortete selbstsicher und in aller Seelenruhe: »Ja, stimmt wohl.« Kitai trug ihr weißes Haar nach Art des Pferde-Clans vom Marat-Volk an den Seiten bis auf die Kopfhaut rasiert und in der Mitte lang wie die Mähne eines Pferdes, des Totem-Tiers ihres Clans. Ihre Kleidung bestand aus einer ledernen Reithose, einer lockeren weißen Tunika und einem Kämpfergurt mit zwei Schwertern. Wenn ihr die herbstliche Morgenkühle angesichts der leichten Kleidung unangenehm war, so ließ sie sich davon jedenfalls nichts anmerken. Ihre grünen Augen waren in den Winkeln nach oben gezogen, wie bei vielen ihres Volks, und ihr Blick wanderte abwesend und neugierig zugleich wie der einer Katze über das Schiff. »Aleraner haben viele dumme Vorstellungen im Kopf. Wenn man ihnen oft genug auf den Schädel haut, fallen manche davon am Ende heraus.«
    »Kapitän?«, rief Tavi und grinste. »Ist dein Schiff bereit, heute noch auszulaufen?«
    Demos kam zur Reling, lehnte sich mit den Unterarmen darauf und starrte sie von oben herab an. »Oh, aye, Hoheit«, antwortete er. »Ob du allerdings an Bord sein wirst oder nicht, wenn es ausläuft, ist eine ganz andere Frage.«
    »Wie?«, meinte Max. »Demos, du hast das halbe Geld der Abmachung schon im Voraus erhalten. Ich habe es dir persönlich gegeben.«
    »Ja«, erwiderte Demos. »Ich wäre froh, das Meer mit der Flotte zu überqueren. Mit Freuden nehme ich dich und das barbarische Mädchen mit.« Demos zeigte mit dem Finger auf Tavi. »Aber Seine Fürstliche Hoheit wird keinen Fuß auf mein Schiff setzen, ehe wir nicht abgerechnet haben.«
    Max kniff die Augen zusammen. »Dein Schiff würde bestimmt lustig aussehen, wenn irgendwer ein riesiges Loch mitten hindurch brennt.«
    »Kein Problem; ich stopfe es einfach mit deinem fetten Kopf«, gab Demos zurück und lächelte frostig.
    »Max«, mahnte Tavi milde. »Kapitän, darf ich an Bord kommen, damit wir unsere Rechnungen begleichen?«
    Max knurrte vor sich hin. »Der Princeps von Alera sollte nicht um Erlaubnis bitten müssen, das Schiff eines dahergelaufenen Piraten zu betreten.«
    »Auf seinem Schiff«, murmelte Kitai, »hat der Kapitän einen höheren Rang als der Princeps.«
    Tavi hatte das Ende der Laufplanke erreicht und breitete die Arme aus. »Und?«
    Demos, ein dünner Mann, der ein wenig größer als der Durchschnitt war und Tunika und Hose in Schwarz trug, drehte sich auf einem Ellbogen halb zur Seite und musterte Tavi. Die freie Hand befand sich kaum einen Zoll vom Griff seines Schwertes entfernt. »Du hast etwas von meinem Eigentum zerstört.«
    »Das stimmt«, sagte Tavi. »Die Ketten im Frachtraum, mit denen du Sklaven gefesselt hast.«
    »Du wirst sie ersetzen.«
    Tavi zuckte mit den Schultern. »Was sind sie dir denn wert?«
    »Ich will kein Geld. Mir geht es überhaupt nicht ums Geld«, sagte Demos. »Sie haben mir gehört. Du hattest nicht das Recht, sie zu zerstören.«
    Tavi wich dem Blick des Mannes nicht aus. »Ich glaube, mancher Sklave würde das Gleiche über sein Leben
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