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Die Bedrohung

Die Bedrohung

Titel: Die Bedrohung
Autoren: Vince Flynn
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Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler war Ashani ein Pragmatiker. Es ließ sich nicht leugnen, dass der Schah ein Marionettendiktator war, der die Staatskasse plünderte, um seinen luxuriösen Lebensstil zu finanzieren. Bei aller Kritik musste man sich jedoch darüber im Klaren sein, was von Fanatikern wie Ajatollah Khomeini und seiner Bande zu erwarten war. In seiner Zeit als Doktorand an der Universität Shiraz hatte Ashani gesehen, wie die religiösen Eiferer seine Kommilitonen auf ihre Seite zogen. Sie fuhren mit Bussen nach Teheran, um dort gegen das Regime zu demonstrieren. Ashani hatte sich damals schon gedacht, dass sie keine Ahnung hatten, worauf sie sich da einließen.
    Revolutionen waren immer eine heikle Sache, und mit dieser würde es nicht anders sein. Fundamentalistische Geistliche schürten den Zorn der Bevölkerung und machten den Schah zu einem viel größeren Schurken, als er tatsächlich war. Studenten und junge Akademiker, die die Zensur und das Joch der Geheimpolizei des Schahs abschütteln wollten, ahnten nicht, dass sie gemeinsame Sache mit Leuten machten, die von Redefreiheit, Frauenrechten und modernen Bildungsinhalten für die persische Jugend nichts wissen wollten. Die Jugend des Landes wurde jedoch von dem Sturm der Veränderung genauso mitgerissen wie das wütende, ungebildete Volk. Nur wenige machten sich die Mühe, darüber nachzudenken, wie es nach dem Sturz des Schahs weitergehen würde. Ashani aber wusste es. Letztlich setzten sich bei Revolutionen immer jene Gruppen durch, die die geringsten Skrupel hatten, Andersdenkende zu vernichten. Fast drei Jahrzehnte später – er war inzwischen verheiratet und hatte fünf Töchter – wusste Ashani, dass viele von jenen Studenten bereuten, was sie damals getan hatten.
    Es war nun schon das dritte Mal in ebenso vielen Wochen, dass Ashani die unterirdische Anlage besuchte. Der Präsident hatte ihn angewiesen, Mukhtar persönlich zu begleiten, so als könnte ihre bloße Anwesenheit den drohenden Bombenangriff abwenden. Ashani hatte keinerlei Einfluss auf die iranische Atomenergiebehörde oder den Obersten Nationalen Sicherheitsrat, die zusammen über die Arbeit der gar nicht so geheimen Anlagen wachten, in die der Iran so viel investiert hatte. Trotzdem vermuteten sie in jeder Anlage Spione, und sie wollten, dass Ashani sie mit seiner Geheimpolizei aufspürte.
    Das war der Vorwand, unter dem sie immer mehr von seiner Zeit in Anspruch nahmen, doch Ashani kannte den wahren Grund. Es ging um die Niederungen der Politik. Die Mächtigen wussten, was bevorstand, und wollten sich ganz einfach absichern. Es herrschte weitgehende Übereinstimmung darüber, dass die Amerikaner oder ihre Schützlinge angreifen würden. Ein paar gezielt abgeworfene Bomben konnten Investitionen in Milliardenhöhe und gleichzeitig viele der besten Wissenschaftler des Landes vernichten. Die Arbeitslosigkeit war inzwischen auf über zwanzig Prozent geklettert, und fast die Hälfte der Bevölkerung lebte an oder unter der Armutsgrenze. Und das, obwohl das Land über riesige Öl-, Kohle- und Erdgasvorkommen verfügte. Sie befanden sich nun im dritten Jahrzehnt ihrer vielgepriesenen islamischen Revolution, und den Menschen ging es um nichts besser als einst unter dem Schah. Dieses nukleare Abenteuer drohte sich zu einem Desaster auszuwachsen, und wenn Ashani eines über diese religiösen Eiferer wusste, dann dass keiner von ihnen die Schuld auf sich nehmen würde. Sie warben nun um seine Unterstützung. All jene, die einst mit Nachdruck für die Entwicklung von Atomwaffen eingetreten waren, versicherten ihm jetzt, dass sie schon immer ihre Zweifel hatten.
    Der zweite Grund, warum sie Ashani zu diesem Besuch aufgefordert hatten, saß neben ihm. Es gab nur wenige Leute, die Ashani Angst einflößen konnten, aber Imad Mukhtar schaffte es. Der aus dem Libanon stammende Terrorist war der skrupelloseste Mensch, der ihm je begegnet war. Er war kalt, berechnend und voller Hass, und er schreckte vor absolut nichts zurück, was der Sache nützte. Eines der Dinge, die Ashani an seinem Amt am wenigsten mochte, war der Umgang mit Mukhtar – doch es ließ sich nun einmal nicht vermeiden. Als Führer der Hisbollah im Libanon war der Mann zu einem wichtigen Bestandteil der politischen Strategie des Iran geworden.
    Der dritte Mann bei diesem Treffen war Ali Farahani. Er war für die Sicherheit der Atomanlage in Isfahan verantwortlich, und er schätzte Besucher aus Teheran nicht sehr.
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