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Die Bedrohung

Die Bedrohung

Titel: Die Bedrohung
Autoren: Vince Flynn
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und ein zusammenklappbares Headset unter den Schwimmanzug und schlenderte mit Flossen, Schnorchel und Tauchermaske über den Strand. Es hatte nun keinen Sinn mehr, um jeden Preis zu versuchen, ungesehen zu bleiben. Wenn jemand einen Mann in Schwarz sah, der zu so später Stunde verdächtig über den Strand schlich, so würde der Betreffende wahrscheinlich die Polizei verständigen. Rapp watete ins Wasser und suchte sich eine Stelle, von der aus die Yacht auf einer Linie mit einer Lücke in der Baumreihe am anderen Ende der Bucht lag. Dann setzte er die Tauchermaske auf, zog die Flossen an und begann sich seinen Weg durch das Wasser zu bahnen, um zu der Yacht und ihrem Besitzer zu gelangen. Er würde mit bloßen Händen dafür sorgen, dass Stu Garret sein Leben aushauchte, und er wusste aus Erfahrung, dass er nicht das geringste Mitleid empfinden würde.

2 ISFAHAN, IRAN
    Der Zigarettenrauch hing schwer in der Luft, als die drei Männer einander mit einer Mischung aus Verachtung und Misstrauen beäugten. Azad Ashani wäre gern woanders gewesen. Der einundfünfzig Jahre alte Chef des iranischen Ministeriums für Geheimdienst und Sicherheit wusste, was kommen würde. Früher oder später würden die Bomben fallen, und die Anlage, in der er sich befand, würde durch einen amerikanischen Angriff zerstört werden. Natürlich bestand auch die Möglichkeit, dass es die Israelis tun würden, aber das würde letztlich keinen Unterschied machen. Schließlich würden die Israelis mit amerikanischen Flugzeugen kommen und amerikanische bunkerbrechende Bomben abwerfen.
    Ashani betrachtete die Betonwände und die Decke des engen Büroraums. Sie befanden sich fünfzehn Meter unter der Erde in der Atomanlage in Isfahan. Ingenieure und Bürokraten hatten ihm gleichermaßen versichert, dass die Anlage unzerstörbar war. Über ihnen stand oberirdisch ein Gebäude mit einer zwei Meter dicken Platte aus superhartem Stahlbeton, getragen von einem Gerüst aus massiven Doppel-T-Trägern. Drei Meter darunter lag eine ein Meter dicke Stahlbetonschicht, die ebenfalls auf Stahlträgern ruhte. Weitere drei Meter darunter folgte noch einmal das Gleiche, und so ging es weiter bis hinunter zum vierten Untergeschoss. Die Ingenieure hatten ihm versichert, dass neunundneunzig Prozent des amerikanischen Arsenals schon von der massiven Platte ganz oben aufgehalten würde. Die zweite Barriere, so fügten sie hinzu, würde mit absoluter Sicherheit das restliche Prozent stoppen, das wider Erwarten durchkam.
    Das konnte vielleicht Ashanis Regierungskollegen beruhigen, doch Ashani war von Natur aus skeptisch und kein blinder religiöser Fanatiker. Die amerikanische Rüstungsindustrie entwickelte ständig neue Waffen mit einem immer größeren und immer verblüffenderen Zerstörungspotenzial. Wenn man den Einfallsreichtum amerikanischer Ingenieure der prahlerischen Propaganda seiner eigenen Regierung gegenüberstellte, dann musste jedem halbwegs vernünftigen Menschen klar sein, wem man glauben konnte. Auf seinem Rundgang durch die Anlage fragte er den Chefingenieur: »Wenn die zweite Barriere schon hundertprozentigen Schutz bietet, warum hat man dann überhaupt noch weitere Schutzschichten installiert?« Er bekam keine Antwort auf seine Frage.
    Für Ashani bestand kein Zweifel mehr, dass die Anlage vernichtet werden würde, und er war immer mehr überzeugt, dass es noch im Laufe dieses Monats passieren würde. Er war einst nachdrücklich, wenn auch respektvoll dafür eingetreten, sie gar nicht erst zu errichten. Die Hardliner hatten sich jedoch durchgesetzt. Sie hatten insgesamt über eine Milliarde Dollar in die verschiedenen Nuklearanlagen gesteckt, während die iranische Wirtschaft immer schwächer wurde. Offiziell hieß es, dass es sich um ein Programm zur friedlichen Nutzung der Kernenergie handelte. Kaum jemand glaubte das – schon allein deshalb nicht, weil der Iran mit riesigen Öl- und Erdgasvorkommen gesegnet war. Wirtschaftlich gesehen machte es keinen Sinn, Milliarden für die Entwicklung eines Atomprogramms auszugeben, wenn Öl und Erdgas reichlich vorhanden waren. Was sie brauchten, waren Raffinerien.
    Mit jedem Tag, der verging, verstärkte sich Ashanis Gefühl, dass die Katastrophe unmittelbar bevorstand. Es erinnerte ihn an das Gefühl, das er einst als Doktorand im Jahr 1979 hatte. Er hatte damals den Sturz von Schah Mohammed Reza Pahlewi genauso deutlich kommen sehen, wie er den Aufstieg der religiösen Fanatiker vorhersah. Als guter
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