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Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)

Titel: Die Bancroft Strategie: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Ludlum
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Unvernunft. Das zwanzigste Jahrhundert hätte großartiger als alle zuvor sein sollen, aber stattdessen hat es die schlimmsten Gräueltaten der Menschheitsgeschichte hervorgebracht. Das ist keine Welt, die ich dir hinterlassen wollte, mein liebes, liebes Kind. War das falsch von mir?«
    »Bitte, Vater«, begann der Junge.
    »Das verstehst du bestimmt«, fuhr Bancroft mit Tränen in den Augen fort. »Mein Sohn, mein schöner Sohn. Was wir getan haben, war alles logisch, moralisch, gerechtfertigt. Wir haben nie nach Macht oder persönlichem Vorteil gestrebt. Unser Ziel war nur, das Gemeinwohl zu fördern. Du darfst die Maßnahmen der Gruppe Theta nicht isoliert betrachten, sondern musst sie als Teil eines größeren Programms sehen. Erst dann wirst du den Altruismus erkennen, der ihre Triebfeder ist. Die Gruppe Theta verkörpert Selbstlosigkeit in Aktion.« Bancroft holte tief Luft. »Ja, manchmal geht’s nicht ohne Blut und Schmerzen ab. Genau wie in der Chirurgie. Würdest du Chirurgen allein wegen der vorübergehenden Schäden, die sie anrichten müssen, verbieten wollen, Ihren Beruf auszuüben? Warum hast du dann …«
    »Damit vergeuden wir nur Zeit«, knurrte Rinehart. »Bei allem schuldigen Respekt: Hier findet heute Abend kein Seminar statt.«
    »Vater«, sagte Brandon leise, »würdest du den Schmerz eines Menschen wirklich mit dem Vergnügen eines anderen rechtfertigen wollen?«
    »Hör zu, ich …«
    »Auf die Wahrheit kommt’s an. Du manipulierst Menschen und belügst sie, weil das deiner Ansicht nach ihrem Wohl dient. Aber das solltest du nicht entscheiden dürfen. Belügt man Menschen, nimmt man ihnen etwas weg. Man behandelt sie als Mittel zu einem ganz anderen Zweck. Dazu hat dir niemand das Recht gegeben, Dad. Ist man nicht Gott, muss man eingestehen, dass man sich irren kann. Dass die eigenen Theorien falsch sein könnten. ›Herr, dein Wille geschehe.‹ Die Worte des Erlösers am Kreuz.«
    Rinehart räusperte sich.
    »Jedes Leben ist heilig«, wiederholte Brandon.
    »Bitte, mein Kind«, versuchte Paul Bancroft erneut zu beginnen.
    »Ich liebe dich, Dad«, sagte Brandon. Sein klarer Blick und seine rosigen Wangen strahlten eine seltsame Heiterkeit aus. »Aber es gibt Entscheidungen, die kein Mensch treffen darf. Maßnahmen, die kein Mensch ergreifen darf.«
    Der alternde Philosoph sprach hastig weiter. »Brandon, du hörst mir nicht zu …«
    »Ich frage nur: Was ist, wenn du unrecht hast?«
    In Paul Bancrofts Augen glänzten Tränen. »Brandon, bitte.«
    Die Stimme des Jungen blieb klar und gelassen. »Was ist, wenn du schon immer unrecht hattest?«
    »Mein geliebter Sohn, bitte …«
    »Los jetzt!«, forderte Rinehart ihn mit stählernem Blick und einer knappen Bewegung seiner Pistole auf.
    Der Agent war ungerührt, wirkte resolut und dachte praktisch. Schließlich hing auch sein Überleben davon ab, dass Genesis liquidiert wurde. »Das verlangt Ihre eigene Logik, Paul, Erschießen Sie den Jungen, sonst tue ich’s. Haben Sie verstanden?«
    »Ich verstehe Sie sehr gut«, antwortete Dr. Bancroft mit schwacher, brüchiger Stimme. Er blinzelte die Tränen weg, hob seinen kleinen Revolver, schwenkte den Arm mit der Waffe zwanzig Grad nach rechts und drückte ab.
    Auf Rineharts weißem Hemd erblühte knapp unter dem Brustbein ein hellroter Fleck.
    Rinehart machte große Augen; dann riss er mit einer flüssigen Bewegung seine Pistole hoch und erwiderte das Feuer. Der Agent war natürlich ein Profi: Sein Schuss durchschlug Paul Bancrofts Stirn und tötete ihn augenblicklich. Der alte Gelehrte brach tot auf dem Teppich zusammen.
    Der Junge stieß einen erstickten Schrei aus. Sein kreidebleiches Gesicht war zu einer jammervollen Grimasse verzogen. Rinehart wandte sich ihm zu, während ein dünner Rauchfaden aus der Kammer seines Revolvers aufstieg.
    »Das hat mir widerstrebt«, sagte der große Mann. »Und so ist mir nicht oft zumute.« Seine Stimme klang irgendwie feucht, leicht gurgelnd, und Belknap erkannte, dass Rineharts Lunge sich langsam mit Flüssigkeit füllte. Bis der Erstickungstod begann, würde es vielleicht noch fünfzehn bis zwanzig Sekunden dauern. »Ich habe ihn erschossen, um sein Lebenswerk zu ehren. Dafür hätte er Verständnis gehabt. Und jetzt muss ich tun, wozu er nicht imstande war.«
    Noch während Rinehart sprach, war Bancroft mit einem Satz bei Brandon und deckte ihn mit seinem eigenen Körper. »Das Spiel ist aus, verdammt noch mal!«, rief Belknap. Er hörte Schritte in
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