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Die Auswanderinnen (German Edition)

Die Auswanderinnen (German Edition)

Titel: Die Auswanderinnen (German Edition)
Autoren: helga zeiner
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war, weil er ihre Träume kannte. Weil er um ihre Gefühle für einen anderen Mann wusste. Auch früher schon hatte sie ihre Gedanken nie vor ihm verbergen können. Jede noch so kleine Gefühlsregung hatte er gekannt und für seine Zwecke benutzt. Er war ihr wieder einmal auf die Schliche gekommen und würde sie fürchterlich dafür büßen lassen. Ein Gedanke, der über ihre Todesangst hinausging, durchzuckte sie. Würde er nicht nur sie, sondern auch John dafür bestrafen?
    Schnell versuchte sie, Johns Namen aus ihrem Kopf zu verbannen. Schließlich konnte Kurt ihre Gedanken lesen! Aber so sehr sie sich auch bemühte, es wollte ihr einfach nicht gelingen. John! hallte es immer wieder in ihrem Kopf. John, John, John! Sie konnte an nichts anderes mehr denken.
    Das Gesicht über ihr verzerrte sich zu einer abartigen Fratze, deren höhnisch, grinsender Mund sich öffnete und ein bösartiges Lachen ausstieß, das mit seinem gutturalen HoHoHo fast genauso klang wie das sich ewig wiederholende JohnJohnJohn in ihrem Kopf. Das Lachen wurde tiefer, wilder, lauter. Wurde zu einem bestialischen Knurren, einem scheußlich wütenden, knurrenden Gebell und brachte das sanfte JohnJohnJohn mit seiner stetig steigenden Lautstärke schließlich endgültig zum Schweigen.
    Hohojojohoho höhnte und keifte das hässliche Gelächter-Gebell über ihrem Gesicht und erstickte alle Hoffnung in ihr. Resigniert gab sie jeden Widerstand auf, denn es war eine feststehende, unausweichliche Tatsache, dass er nunmehr endgültig über sie gesiegt hatte und sie verloren war.

Kapitel 1
     
     
    Nur unter Aufbietung aller ihr zur Verfügung stehenden Kräfte gelang es ihr, sich aus dem Albtraum zu befreien, in den sich wie aus weiter Ferne ein Gejaule mischte. Das Monster auf ihr verblasste immer mehr, während das Hundegebell zunehmend lauter wurde und die Schreckensvision, die sie wieder einmal überfallen hatte, langsam aber stetig verdrängte.
    Die Hunde! Sie hatte also doch vergessen, die Haustür zu schließen und damit ihren beiden miteinander verfeindeten Hunden ermöglicht, aufeinanderzutreffen. Beide Hunde hatten angeschlagen, und ihr Gejaule kündigte einen erbitterten Kampf an, falls es ihr nicht gelingen würde, die Tiere rechtzeitig zu trennen.
    Mit einem Mal hellwach sprang Jo Ann vom Sofa hoch und rannte aus dem Haus. Dabei griff sie sich den Besen an der Haustür und packte in panischer Eile den Kübel voll schmutzigen Wassers, den sie neben der Haustür hatte stehen lassen. Als sie die Hunde erreichte, hatten sich diese, wie befürchtet, bereits ineinander verbissen. Sie waren in eine Wolke aus rötlichem Staub getaucht. Jo Ann wagte sich nicht zu nah an die Tiere heran, schüttete aber das Putzwasser mit kraftvollem Schwung in ihre Richtung. Für einen kurzen Augenblick hielten die beiden Kämpfer überrascht inne. Dies war Jo Anns einzige Chance. Sie griff nach dem Schwanz eines Hundes, erkannte in ihrer Hektik nicht einmal, welcher es war, und zerrte ihn mit aller Macht zu sich heran. Gleichzeitig zog sie sich, wild fuchtelnd, schreiend und keuchend, mit dem Hund zum Hauseingang zurück. Sofort begann der andere Hund mit triumphierendem Gebell seinen Siegesanspruch anzumelden. Jo Ann aber hatte die Schwelle bereits erreicht und knallte erleichtert die Tür hinter sich zu.
    „Platz!“, befahl sie Tiger, dem jüngeren der beiden Hunde, barsch.
    Tiger war noch immer sichtlich erregt, doch er gehorchte. Sie kniete sich nieder und begann ihn mit sanften Worten zu beruhigen, während sie seine Verletzungen untersuchte. Er blutete aus mehreren Wunden, von denen eine so tief war, dass sie genäht werden musste. Sie würde es gleich tun, solange sein Hormonspiegel noch hoch war und er keine Schmerzen empfand. Nachdem sie ihre Arbeit beendet hatte, seufzte sie tief durch, nahm den Erste-Hilfe-Kasten und ging mit ihm nach draußen, um den alten Ben zu suchen. Sie fand ihn neben der Wellblechhütte, in der sie ihre Maschinen lagerte, genau vor dem Eingang, wo er immer lag, wenn sie in der Hütte arbeitete. Er war ein guter Hund, und noch immer, trotz seines hohen Alters, ein großartiger Beschützer. Sein Schwanz klopfte ein freudiges Trommelfeuer, als er sie in seine Richtung kommen sah.
    „Du dummer Kerl“, sagte sie. „Du alter Raufbold. Lass mal sehen.“
    Sie untersuchte ihn gründlich, säuberte und nähte auch seine Wunden und schimpfte ihn während der Arbeit mit zärtlichen Worten. „Musst du denn immer kämpfen? Ich weiß, du
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