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Die Attentäterin

Die Attentäterin

Titel: Die Attentäterin
Autoren: Nyx Smith
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Einzelheiten bekannt seien, Sir«, erwidert Enoshi, dessen Miene so ausdruckslos wie immer ist. »Anscheinend hat die Polizei den Fall als vorsätzliche Tötung eingestuft. Als Mord. Man hat jedoch nichts Konkretes verlauten lassen.«
    »Ich will einen vollständigen Bericht!« faucht Ohara, aber er ist viel weniger außer sich, als er klingt. Was die Polizei von sich aus verlauten läßt und was sie unter Druck preisgibt, sind zwei verschiedene Dinge. Offenbar hat sie noch keinen Verdächtigen verhaftet, sonst hätte sie eine entsprechende Stellungnahme abgegeben, während die üblichen Mitteilungen an Neimans nächste Verwandte und selbstverständlich seinen Arbeitgeber, Exotech, ergingen.
    Die Vorstellung, daß irgendein kleiner Polizeibeamter Informationen zurückhält, ärgert Ohara, aber sie ist es nicht wert, sich darüber aufzuregen. Das ist eine Angelegenheit, die Enoshi regeln muß, eine untergeordnete Frage des Konzernprestiges.
    An den tatsächlichen Einzelheiten von Neimans Tod hat Ohara kaum Interesse. Es reicht völlig aus zu wissen, daß der moderne Metroplex Möglichkeiten im Überfluß für eine Person bereithält, das Leben zu verlieren. Ein einziger Fehler reicht schon. Selbst einer normalerweise vorsichtigen Person wie Neiman kann einmal ein fataler Irrtum unterlaufen. Wahrscheinlich hatte der Mann nicht die leiseste Ahnung, was auf ihn zukam, bis es zu spät war. Ohara hat solche Fälle schon öfter erlebt.
    Man kann einfach nicht vorsichtig genug sein.
    »Jawohl, Sir«, sagt Enoshi, indem er sich noch einmal verbeugt. »Ich beschaffe einen vollständigen Bericht. Sofort. Gibt es sonst noch etwas?«
    Es hätte offensichtlich sein müssen. Selbst im Halbschlaf und mit zwei sexsüchtigen Schnallen im Bett hat Ohara mehr auf der Pfanne als sein schleimiger Assistent und sogenannter Chef des Stabes. Als habe es daran je einen Zweifel gegeben. Er gestattet sich ein sarkastisches Lächeln. Das einzige Problem mit den Japanern - das eine wirklich ernsthafte Problem - ist ihre Initiativelosigkeit. Sie können keine Entscheidung treffen, ohne zuvor ein tausendköpfiges Komitee zu konsultieren - alle, mit denen sie arbeiten, und alle, für die sie arbeiten, bis hinauf zum Vorstandsvorsitzenden - wenn Ohara es so weit kommen ließe.
    Unglücklicherweise kann Ohara es in einer Organisation wie KFK und einer Welt wie der des Jahres 2054 nicht vermeiden, sich mit Vertretern der ›kulturellen Elite‹ auseinanderzusetzen. Dronen wie Enoshi haben sich zu tief in die Struktur eingegraben. Sie sind allgegenwärtig.
    »Wer ist Neimans Assistent? Baines?«
    »Bairnes, Sir.«
    »Richtig.« Er bezahlt Enoshi dafür, derartige Einzelheiten wie die Namen untergeordneter Betriebsmitglieder zu wissen, und zwar auswendig zu wissen, als seien sie in seine Seele eingebrannt. Oharas Verantwortlichkeiten beziehen sich mehr auf das umfassende Allgemeinbild, das vollständige Bild, wie es sich von der Spitze der Konzernpyramide aus darstellt.
    »Sagen Sie Bairnes, daß er befördert wird. Bis morgen mittag will ich seine Beurteilung der gegenwärtigen Strategie der Abteilung Sonderprojekte auf meinem Tisch haben. Und das schließt auch seine Empfehlungen für personelle Veränderungen ein. Verschwenden Sie meine Zeit nicht mit Rohentwürfen. Ich will harte Fakten. Tatsachen. Verstanden?«
    »Jawohl, Sir«, sagt Enoshi rasch. »Ich werde Mister Bairnes sofort benachrichtigen.«
    »Tun Sie das«, sagt Ohara, bevor er die Verbindung abrupt unterbricht.

5
     
    Der Club heißt Spit's, und heute abend dröhnt mit kataklysmischer Wildheit Bruiser Metal aus dem
    Eingang, jagt seinen barbarischen Rhythmus durch die Stahlbetonschluchten, deren grelle Neonreklamen sich dreißig und vierzig Stockwerke hoch erheben. Hoch über dem Boden schwebende Luftbojen plärren den Werbetext für Produkte, die auf ihren blinkenden, blitzenden Zehn-mal-acht-Trideoschirmen angepriesen werden. Am Boden brummt und tost der Verkehr und quetscht sich über vier schmale Fahrbahnen. Die auseinanderfallenden Bürgersteige sind dicht bevölkert: mit Menschen und Metas, Polis und Skinheads, Pinkeln und Pennern, Trogs und Schlägern, MöchtegernMesserklauen in beschlagenem Leder, NeoMonochromen und Elektro-Bodyware-Freaks und den anderen Tausenden schwitzenden, fluchenden, brüllenden Varianten, die man in der postmodernen, Post-Ghost- Dance-Stadt, der Erwachten Stadt antrifft.
    Ein Stück die Straße entlang erheben sich Stimmen, scharf und bösartig. Ein
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