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Die Assistentin

Die Assistentin

Titel: Die Assistentin
Autoren: Suzanne Forster
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Kommando zu übernehmen, musste er hilflos danebenstehen und konnte nichts tun.
    Seine Fingerknöchel waren weiß, so fest umklammerte er das Lenkrad. Er hatte die Strecke von den Bergen zum Strand in Rekordzeit geschafft, wobei er einen Verkehrspolizisten einfach ignoriert hatte. Seit er die Zeitung gelesen hatte, war die Furcht nicht von ihm gewichen, aber er konnte es einfach nicht glauben. Nicht Ned. Das war unmöglich. Er konnte nicht tot sein. Er war alles, was von ihren albernen Jungsträumen übrig geblieben war.
    Rick war losgestürmt und hatte sich auf den Weg gemacht, ohne einen Gedanken an die Konsequenzen zu verschwenden. Doch irgendwann war ihm das Zittern seiner Hände aufgefallen. Es hatte nichts damit zu tun, das er das Steuer fest umklammert hielt. Er kannte den wahren Grund dafür: Sein Freund war tot, und Rick war wahrscheinlich dafür verantwortlich. Wenn er gestern Abend zugehört hätte, anstatt sich in seiner eigenen Verzweiflung zu suhlen, hätte er das Unglück vielleicht verhindern können. Er war schuldig. Er hatte seinen Freund verloren. Und jetzt hatte er nichts und niemanden mehr, an den er sich wenden konnte. Doch seine Hände bebten, und Rick fühlte sich so lebendig wie schon seit Wochen nicht mehr.
    Das war nicht richtig, sondern völlig verrückt. Aber jetzt hatte er keine Zeit, um genauer darüber nachzudenken. Seit Tagen, seit Wochen hatte er sich immer wieder selbst analysiert, und das war überhaupt nicht sein Stil. Vielleicht hätte er sich bei allem lebendig gefühlt, was ihn aus diesem Sumpf herauszog. Aber, Gott, warum musste es ausgerechnet
das
sein?
    Ned Talberts Haus im maurischen Stil mit kleinen Türmchen lag an einer zum Meer hin abfallenden Straße. Wie ein Kronjuwel thronte es über den Nachbarvillen, die allesamt Millionen wert waren. Auf den terrassenförmigen Klippen befand sich ein luxuriöses Anwesen neben dem anderen.
    Vor dem Haus fuhr Rick an die Seite und hielt den Wagen an, um noch einmal in Ruhe nachzudenken. Das Grundstück war mit gelbem Absperrband gesichert, aber von der Spurensicherung war weit und breit nichts zu sehen. Die Leichen waren gestern Abend gegen elf Uhr entdeckt worden. Offensichtlich hatte die Haushälterin etwas vergessen, war noch einmal zurückgefahren, hatte die Toten entdeckt und die Polizei gerufen.
    So wie es aussah, waren der Gerichtsmediziner und die Spurensicherung bereits in der Nacht dagewesen und hatten ihre Arbeit bereits erledigt. Und die Presse ebenso, wie es schien. L.A. konnte sich über einen Mangel an Prominenten wahrlich nicht beklagen; das leere Haus eines toten Spitzensportlers schien nicht interessant genug, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu fesseln.
    Ein einsamer Polizist, seinem Alter nach wahrscheinlich ein blutiger Anfänger, saß in seinem Wagen und tippte etwas in sein Handy. Vermutlich verschickte er eine SMS oder spielte, obwohl er eigentlich das Tor bewachen sollte. Schlaffe Sicherheitsvorkehrungen waren bei Selbstmorden nicht unüblich; zumindest theoretisch war der Fall ja bereits gelöst, wenn die Polizei eintraf. Und selbst wenn ein Selbstmörder noch eine zweite Person mit in den Tod riss, lagen Opfer und Täter dicht beieinander. Das sparte unglaublich viel Zeit. Die meisten Ermittlungsbeamten waren überarbeitet; ihre Arbeit wurde selten ausreichend anerkannt. Sie konnten dieser Versuchung einfach nicht widerstehen. Besonders, wenn die Beweislage so eindeutig zu sein schien und es sogar einen Abschiedsbrief gab.
    Aber Ned hatte bestimmt keinen Abschiedsbrief hinterlassen. Schreiben war nicht sein Ding. Er konnte ja nicht einmal eine Geburtstagskarte formulieren.
    Rick konnte auf einen Blick erkennen, wann die Untersuchung eines Tatorts abgeschlossen und die Leichen abtransportiert waren. In diesem Fall hatte man noch nicht einmal die Laborergebnisse abgewartet. Waren sich die Ermittler bereits so sicher, was geschehen war? Wollte jemand den Fall so rasch wie möglich loswerden?
    Oder sollte hier sogar etwas vertuscht werden? Es war vielleicht etwas voreilig, aber Rick konnte diesen Gedanken nicht so einfach beiseiteschieben. Auf dem Weg hierher war ihm siedendheiß eingefallen, was die Polizei vermutlich in Neds Haus finden würde. Er war sich zwar ziemlich sicher, dass die Sache geheim gehalten werden würde; die Informationen könnten gut einen Skandal auslösen. Obwohl sie alt waren – uralt sogar. Vermutlich würden sie deswegen auch nicht mit Neds und Hollys Tod in Verbindung gebracht
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