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Die Assistentin

Die Assistentin

Titel: Die Assistentin
Autoren: Suzanne Forster
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über seine Arbeit reden. Seine Kunden wollten unerkannt bleiben.
    Ned erreichte das Tor und hielt inne. Er hoffte bei Gott, dass sein Freund die richtige Entscheidung traf. Und er hoffte, dass
er
recht daran getan hatte, ihn allein zu lassen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als nach Hause zu fahren und so gut es ging mit dem Mist fertig zu werden, den der Himmel über sein Leben ausgekippt hatte. Es war ein dreckiges stinkendes Chaos, und wenn er keinen Weg fände, die Sache aus der Welt zu schaffen, war seine Karriere als Baseballstar beendet.
    “Geh voran oder folge, aber steh verdammt noch mal nicht im Weg rum!”, murmelte er. Dieses Zitat von General Patton war ihr Wahlspruch gewesen. Rick und er waren in Downtown Los Angeles aufgewachsen, im Dschungel der Stadt, und oft genug waren diese drei Möglichkeiten ihre einzigen gewesen. Heute blieb Ned nichts anderes übrig, als sich auf den Weg nach Hause zu machen.
    Sonntag, 6. Oktober
    Drei Tage zuvor
    Ginger Sue Harvey begann wie jeden Morgen damit, die Waren in den Regalen des kleinen Lebensmittelgeschäfts geradezurücken und hinter den Kunden herzuräumen. Manche trugen die Lebensmittel tatsächlich durch den ganzen Laden und ließen sie dann irgendwo liegen. Seit Jahren arbeitete Ginger Sue bereits hier, doch jetzt, seit sie zur Managerin ernannt worden war, machte es sie besonders stolz, alles in Ordnung zu halten und den rustikalen Charme der umgebauten Berghütte zu bewahren. Schon vor langer Zeit hatte sie begonnen, die Kunden in zwei Gruppen zu unterteilen: die Zerstörer und die Bewahrer.
    Diejenigen, die ihre hübschen Produktständer durcheinanderbrachten oder die Artikel von einem Gang in den anderen trugen, waren ohne Zweifel Zerstörer. Manche ließen sogar offene Kekspackungen oder angebissene Äpfel in den Regalen liegen. Am liebsten würde sie in solchen Fällen die Polizei rufen. Es müsste spezielle Zellen für Leute geben, die erst klauten und die Sachen dann halb aufgegessen liegen ließen. Oft waren die Waren schon halb verschimmelt, ehe Ginger Sue sie entdeckte. Wie arrogant diese Leute waren!
Unglaublich!
    Doch da sie schlecht jeden Tag die Polizei rufen konnte, strafte sie die Zerstörer, indem sie ihnen neue Produkte vorenthielt. Sie würden nichts von dieser neuen Butter mit schwarzen Oliven abbekommen, oder von den Crackern, die sie später am Tag auslegen würde. Die Bewahrer dagegen überhäufte sie mit ihrer Dankbarkeit und Großzügigkeit. Vielleicht würde sie heute wieder den kleinen Korb mit Geschenken bereitstellen, aus denen sie sich etwas aussuchen durften. Diese Neuerung hatte Ginger Sue eingeführt, als sie Managerin geworden war.
    Als sie den Süßigkeitenständer am Kassentresen aufräumte, erblickte sie ihn durch das Fenster. Er legte gerade das Wechselgeld in die Zeitungsbox. Ihr Herz begann, rascher zu schlagen, was ihr peinlich war. Sie hatte gehofft, dass Rick Bayless auftauchte, obwohl er zu den Zerstörern gehörte. Gestern Abend war es besonders schlimm gewesen, als er auf dem Weg zu seiner Hütte ein paar Sachen bei ihr gekauft hatte.
    Er hatte ein Vorhängeschloss und zwei Türriegel mitgenommen, dazu einen Stapel Badetücher. Doch viel merkwürdiger war das, was er
nicht
gekauft hatte. Diesmal gab es keinen überquellenden Einkaufswagen, gefüllt mit Lebensmitteln und Getränken, wie er ihn sonst immer zu ihrer Kasse schob. Man konnte sich kaum vorstellen, dass ein Mann, der nur ein paar Schlösser kaufte, großen Schaden anrichtete, aber Rick war wie in Trance über den Zeitschriftenständer gestolpert. Doch Ginger Sue hatte ihm verziehen. Es war ihm anzusehen gewesen, dass irgendetwas nicht stimmte. Er hatte einen niedergeschlagenen, zermürbten Eindruck gemacht. Die zusammengepressten Zähne hatten wie ein Schutzwall gewirkt, um die Gefühle zurückzuhalten, die aus ihm hevorzubrechen drohten.
    Sie hatte ihn gefragt, ob alles in Ordnung sei. Natürlich hatte er Ja gesagt. Er sprach nie viel, aber ein Mann mit diesem unmissverständlich militärischen Auftreten, mit kurz geschorenem sandfarbenen Haar und blassgrünen Augen, brauchte auch nicht viel zu sagen. Frauen liebten schweigsame Männer und reimten sich ihren Teil zusammen.
    Auch Ginger Sue dachte sich ihren Teil, seit sie ihn kannte. Vor etwa zwei Jahren hatte er sich die Hütte gekauft und bar bezahlt, wenn man den Gerüchten Glauben schenken konnte. Sie musste nicht zweimal überlegen: Trotz der Narbe auf der Wange und der Scharte in seiner
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